Helmholtz Zentrum München / Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt - 23.06.2015
Neuer 3D Test für Brustkrebsmedikamente
Neuherberg, 22. Juni 2015. Die Strahlentherapie ist ein wichtiger Teil der Brustkrebsbehandlung. Manchmal bleiben Tumorzellen zurück, denen die Strahlung weniger stark schadet. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Helmholtz Zentrums München haben nun ein Testsystem entwickelt, welches es erstmals erlaubt, in künstlichem, dreidimensionalem Gewebe zu untersuchen, welche Wirkstoffe Brustkrebszellen gezielt für Strahlung sensibilisieren können.
Die Forschenden um Dr. Nataša Anastasov, Leiterin der Gruppe "Personalisierte Strahlentherapie" am Institut für Strahlenbiologie (ISB), erschufen dazu winzige dreidimensionale Gewebe - eine Mischung aus Brustkrebs- und Bindegewebszellen. "Denn", so Anastasov, "in der klassischen Zellkultur wachsen Zellen zweidimensional. Das spiegelt die Eigenschaften eines Tumors im lebenden Organismus aber nur unzureichend wider." In ihrem neuen Testsystem können die Wissenschaftler die Krebszellen sowohl mit verschiedenen Substanzen als auch mit Strahlung behandeln und untersuchen - und das im dreidimensionalen Raum. Während der Studie arbeiteten sie eng mit Kollegen der "Assay development and screening platform" am Helmholtz Zentrum München sowie der Münchener Sirion Biotech GmbH und der Schweizer InSphero AG zusammen.
"Wir können bis zu 96 Kleinstgewebe gleichzeitig von einem Computer beobachten lassen", erläutert Co-Autorin Dr. Ines Höfig das Grundprinzip. "Dazu lassen wir je ein dreidimensionales Kleinstgewebe als festen hängenden Tropfen an der Unterseite einer speziellen Lochplatte wachsen und tropfen diesen nach einigen Tagen in eine Analyseplatte." Und ihre Kollegin Vanja Radulovi263; ergänzt: "Dadurch, dass die untersuchten Brusttumorzellen und die Bindegewebszellen unterschiedlich fluoreszenzmarkiert sind, leuchten sie verschiedenfarbig. Eine Software kann so genau erfassen, wie sie jeweils auf die Behandlung reagieren."
Um ihr Verfahren zu bestätigen, erprobten die Wissenschaftlerinnen die Eigenschaften von mehreren Wirkstoffen, die bereits in der Tumortherapie eingesetzt werden. Das Medikament Vinblastin erwies sich hierbei in Kombination mit Bestrahlung als am effektivsten. Künftig plant das Team, ihr System um zusätzliche Komponenten des Tumorumfelds, wie etwa Stroma- oder Immunzellen, zu erweitern, um die Situation im Patienten optimal zu simulieren.
Prof. Dr. Michael Atkinson, Leiter des Instituts für Strahlenbiologie, stimmen die Ergebnisse seiner Mitarbeiterinnen optimistisch: "Erstmals ist damit ein komfortabler 3D-Test für Hochdurchsatzverfahren verfügbar, mit dem neue Wirkstoffe getestet werden können, die Tumorzellen für Strahlenbehandlung zugänglich machen. Das wird zum einen zukünftige Initiativen zur Wirkstoffentwicklung beschleunigen, zum anderen kann eine Kombination von bereits etablierten Wirkstoffen mit Bestrahlung getestet werden."
Hintergrund:
Die rapide Entwicklung von Resistenzen gegenüber konventionellen Therapien
und niedermolekularen Verbindungen stellt eine große Herausforderung in
der Onkologie dar. Ein Ansatz zur Überwindung von Resistenzen ist die
Kombination von Wirkstoffen, um Synergieeffekte zu nutzen. Die Kombination
von Chemotherapie und Bestrahlung birgt das Potenzial einer effektiven
Kombination, dennoch wurde der optimale Mix noch nicht gefunden. Ein Manko
bei der Identifizierung von potenziellen strahlensensitivierenden
Wirkstoffen ist der Mangel an Modellen für Hochdurchsatzscreenings. Diese
werden benötigt, um das konventionelle Testverfahren der
Strahlenforschung, die Analyse des klonogenen Überlebens, zu ersetzen,
welches als initiales Screeningtestverfahren zu zeitintensiv ist. Darüber
hinaus besteht die wachsende Sorge, dass Monolayer und monotypische
zelluläre Screeningtestverfahren das Ansprechverhalten eines
dreidimensionalen soliden Tumors auf pharmakologische Wirkstoffe nicht in
wirksamer Weise abbilden.
Original-Publikation:
Anastasov, N. et al. (2015). A 3D-microtissue-based phenotypic screening
of radiation resistant tumor cells with synchronized chemotherapeutic
treatment, BMC Cancer, DOI: 10.1186/s12885-015-1481-9
Das Helmholtz Zentrum München verfolgt als Deutsches Forschungszentrum
für Gesundheit und Umwelt das Ziel, personalisierte Medizin für die Diagnose,
Therapie und Prävention weit verbreiteter Volkskrankheiten wie Diabetes
mellitus und Lungenerkrankungen zu entwickeln. Dafür untersucht es das
Zusammenwirken von Genetik, Umweltfaktoren und Lebensstil. Der Hauptsitz des
Zentrums liegt in Neuherberg im Norden Münchens. Das Helmholtz Zentrum
München beschäftigt rund 2.300 Mitarbeiter und ist Mitglied der
Helmholtz-Gemeinschaft, der 18 naturwissenschaftlich-technische und
medizinisch-biologische Forschungszentren mit rund 37.000 Beschäftigten
angehören.
Im Zentrum der Forschung am Institut für Strahlenbiologie (ISB) stehen
die Analyse der Wirkungen von Strahlenexposition im Niedrigdosisbereich und
Untersuchungen zur Steigerung der Effektivität und Spezifität der
Strahlentherapie von Tumoren. Die Forschungsgruppen untersuchen
strahlenbiologische Effekte im Gewebe auch vor dem Hintergrund genetischer
Prädisposition und individueller Faktoren, um den medizinischen Einsatz von
Strahlung zu optimieren. Das ISB gehört dem Department of Radiation Sciences
(DRS) an.
Fachlicher Ansprechpartner:
Dr. Nataša Anastasov
Institut für Strahlenbiologie
Helmholtz Zentrum München
Ingolstädter Landstr. 1, 85764 Neuherberg
E-Mail: natasa.anastasov@helmholtz-muenchen.de
Weitere Informationen finden Sie unter
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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Helmholtz Zentrum München - Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt, Helmholtz Zentrum München, 23.06.2015
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E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Juni 2015
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