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PSYCHOLOGIE/065: Medizinpsychologie erforscht Möglichkeiten zur Verbesserung von Mundhygienefertigkeiten (idw)


Deutsche Gesellschaft für Medizinische Psychologie - 06.06.2012

Zähne bürsten - aber wie?

Medizinpsychologie erforscht gemeinsam mit Zahnmedizin und Bewegungswissenschaften Möglichkeiten zur Verbesserung von Mundhygienefertigkeiten



Das tägliche Zähnebürsten ist ein besonders konsequent ausgeübtes Gesundheitsverhalten in Deutschland. Rund 70% der Deutschen berichten, die Zähne mindestens zweimal täglich zu putzen. Gleichzeitig leiden aber mehr als 90% unter Erkrankungen, die mit mangelnder Mundhygiene in Zusammenhang gebracht werden. Fragt man die Deutschen, wie man die Zähne am besten reinigt, sind viele ratlos. Damit spiegeln sie den Stand der Forschung in dieser wichtigen Frage wieder: Zwar werden in der Zahnmedizin viele Zahnbürsttechniken beschrieben, bis heute fehlen aber wissenschaftliche Belege dafür, welche Technik sich am besten für die häusliche Mundhygiene eignet.

An der Justus-Liebig-Universität Gießen hat sich daher ein multidisziplinäres Team unter Federführung des dortigen Instituts für Medizinische Psychologie (Leitung: Prof. Dr. Renate Deinzer) zusammengefunden, um dieser Frage nachzugehen. In der Zusammenarbeit zwischen Zahnmedizin, Medizinischer Psychologie und Bewegungswissenschaften wurden Computerpräsentationen entwickelt, die jeweils eine von zwei in der Zahnmedizin in Deutschland besonders häufig empfohlenen Bürsttechniken ("Fones-Technik" vs. modifizierter "Bass-Technik") vermitteln sollten. Bei der Erstellung der Präsentationen wurden dabei nicht nur zahnmedizinische Aspekte bedacht, wie etwa die Frage nach der richtigen Darstellung der Technik. Auch medizinpsychologische Kenntnisse zur Förderung des Verstehens, Behaltens und Umsetzens des Erlernten wurden berücksichtigt, ebenso wie bewegungswissenschaftliche Erkenntnisse darüber, wie Bewegungsabläufe am besten gelernt und eintrainiert werden.

In einer ersten soeben in der angesehenen Zeitschrift PLoS ONE publizierten Studie konnte das Autorenteam zeigen, dass solche Computerpräsentationen helfen können, die Mundhygienefertigkeiten Studierender zu verbessern. Dabei erzielte die Fones-Technik die besten Erfolge. Die Studienleiterin, Prof. Dr. Renate Deinzer, sagt dazu: "Die Fones-Technik erinnerte viele an das, was sie bereits im Kindergarten gelernt hatten. Möglicherweise begründet das ihren Erfolg. Wir hätten allerdings erwartet, dass die Bass-Technik, die in der Zahnmedizin oft für die Methode der Wahl zur Bekämpfung von Zahnfleischentzündungen und Parodontitis gehalten wird, besser abschneidet. Das Erlernen dieser Technik fiel aber den Studierenden schwer und brachte ihnen keinen Erfolg. In weiteren Studien werden wir prüfen müssen, ob sich dieses Ergebnis auch in anderen Bevölkerungsgruppen bestätigt. Ganz unabhängig davon waren für uns die mangelnden Hygienefertigkeiten der Studierenden zu Studienbeginn erschreckend. Möglicherweise ist mangelnde Mundhygiene tatsächlich häufig keine Frage mangelnder Motivation sondern mangelnder Fertigkeiten. Umso wichtiger wäre es demnach, diese Fertigkeiten in der Praxis zu überprüfen und nötigenfalls zu verbessern. Unsere Forschungsaufgabe sehen wir darin, in multidisziplinärer Zusammenarbeit Wege zu finden, wie dies am besten gelingt."

Die Deutsche Gesellschaft für Medizinische Psychologie (DGMP) befasst sich seit Jahrzehnten mit Forschung an der Schnittstelle von Psychologie und Zahnmedizin. Prof. Dr. Renate Deinzer, die zugleich auch Präsidentin dieser wissenschaftlichen Fachgesellschaft ist, leitet gemeinsam mit Dr. Margraf-Stiksrud eine Arbeitsgruppe der DGMP zu diesem Themenbereich.

Publikationsverweis:
Improving Oral Hygiene Skills by Computer-Based Training: A Randomized Controlled Comparison of the Modified Bass and the Fones Techniques.
Autoren: Daniela Harnacke, Simona Mitter, Marc Lehner, Jörn Munzert, Renate Deinzer
PLoS ONE 7(5): e37072.
doi:10.1371/journal.pone.0037072
http://www.plosone.org/article/info%3Adoi%2F10.1371%2Fjournal.pone.0037072

Kontakt zur Autorin:
Prof. Dr. Renate Deinzer
Institut für Medizinische Psychologie
Justus-Liebig-Universität Gießen
Friedrichstraße 36, 35392 Gießen.

Pressesprecher der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Psychologie
www.dgmp-online.de:
Prof. Dr. Peter Kropp
Institut für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie
Universitätsmedizin
Gehlsheimer Straße 20, 18147 Rostock
www.imp.med.uni.-rostock.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw0-online.de/de/institution1695

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Deutsche Gesellschaft für Medizinische Psychologie, Prof. Dr. Peter Kropp, 06.06.2012
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Juni 2012