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STUDIE/387: Testosteron fördert die Ehrlichkeit - Kommentar von Prof. Helmut Schatz (DGE)


Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) - 31. Oktober 2012
Medizinischen Kurznachrichten aus der Endokrinologie - Hormone und Stoffwechsel

Testosteron fördert die Ehrlichkeit



Männer verhalten sich nach Testosteronzufuhr ehrlicher als Kontrollpersonen unter Placebo. Dies ist das Ergebnis einer Studie von Forschern am Center of Economics and Neuroscience (CENS) und Endokrinologen der Universität Bonn sowie Kollegen der Maastricht University (1). Das männliche Hormon fördere somit eine Komponente des Sozialverhaltens im positiven Sinne.

Von 91 gesunden Männern erhielten 46 Testosteron als Gel, 45 ein Placebo-Gel. Die Verumgruppe wies am nächsten Tag dementsprechend auch deutlich höhere Testosteronspiegel auf. Die Probanden wurden verblindet in separate Kabinen gesetzt und hatten im Verborgenen zu würfeln, wobei der zur Belohnung ausgesetzte Geldbetrag umso höher sein sollte je höher die gewürfelte Augenzahl war. Diese konnte während des Versuches keiner außer dem Probanden selbst sehen. Es bestand also die Möglichkeit zu schwindeln. Im Nachhinein konnte jedoch überprüft werden, ob geschummelt wurde oder nicht. Ergebnis: Die Probanden der Verumgruppe mit den höheren Testosteronwerten logen deutlich seltener als die Kontrollpersonen.

Kommentar des Referenten:

Testosteron ist für die Ausbildung der Geschlechtsmerkmale verantwortlich, steigert die Libido und fördert den Aufbau des muskuloskelettalen Systems. Man verbindet mit dem Hormon aber auch Aggressivität, Bereitschaft zum Risiko und Imponiergehabe. Prof. Armin Falk, der Seniorautor der Studie, äußert, dass das Ergebnis dieses experimentellen Versuchsprotokolls dem eindimensionalen Ansatz widerspreche, dass Testosteron zu antisozialem Verhalten führt. Er nimmt an, dass Testosteron den Stolz und das Bedürfnis steigere, sich selbst positiv zu sehen. Etwas mehr Geld zur "Belohnung" sei es nicht wert, dieses Selbstwertgefühl zu gefährden. Im Körper der Frau kommt auch Testosteron vor, wenn auch in viel niedrigeren Konzentrationen. Da die einmalige Applikation eines Testosteron-Gels bei Frauen wohl kaum Schaden stiften dürfte, wäre die Wiederholung des Versuches mit Probandinnen gewiß von Interesse. Man könnte gegebenenfalls Aufschluß über eine der Ursachen für das unterschiedliche Verhaltensmuster von Männern und Frauen in bestimmten Lebenssituationen erlangen.


Literatur:

(1) Matthias Wibral, Thomas Dohmen, Dietrich Klingmüller, Bernd Weber, Armin Falk:
Testosterone administration reduces lying in men.
PLoS ONE, 2012. DOI: 10.1371/journal.pone.0046774

Publiziert am 17. Oktober 2012 [1] von Prof. Helmut Schatz [2]


[1] http://blog.endokrinologie.net/testosteron-foerdert-ehrlichkeit-540/
[2] http://blog.endokrinologie.net/author/schatz/

Raute

Endokrinologie ist die Lehre von den Hormonen, Stoffwechsel und den Erkrankungen auf diesem Gebiet. Hormone werden von endokrinen Drüsen, zum Beispiel Schilddrüse oder Hirnanhangdrüse, aber auch bestimmten Zellen in Hoden und Eierstöcken, "endokrin" ausgeschüttet, das heißt nach "innen" in das Blut abgegeben. Im Unterschied dazu geben "exokrine" Drüsen, wie Speichel- oder Schweißdrüsen, ihre Sekrete nach "außen" ab.

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Quelle:
Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie e.V. (DGE)
Medizinische Kurznachrichten vom 31.10.2012
Mediensprecher: Prof. Helmut Schatz, Bochum
Pressestelle, Anna Julia Voormann und Dagmar Arnold
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Internet: www.endokrinologie.net


veröffentlicht im Schattenblick zum 2. November 2012