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KREBS/893: Keine spezielle Krebsdiät - "Auf den Bauch hören" (DKH)


Magazin der Deutschen Krebshilfe, Ausgabe Nr. 1/2011

"Auf den Bauch hören"

Von Dr. oec. troph. Karl-Heinz Krumwiede


Bonn (jti) - Die Diagnose Krebs löst bei den Betroffenen Unsicherheit und Angst aus. Darüber hinaus leiden viele Erkrankte während und nach der Therapie unter Ernährungs- und Verdauungsproblemen: Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Mundtrockenheit, Schluckbeschwerden sind nur einige Beispiele. In dieser Situation helfen Ernährungsberater - und der Austausch mit Gleichbetroffenen.


Erich Grohmann ist 54 Jahre alt, als sein Arzt bei ihm Darmkrebs feststellt. Der Tumor ist bereits in einem fortgeschrittenen Stadium, auch Lymphknoten im Bauchraum sind befallen. Dem Diplom-Betriebswirt wird ein Stück Darm entfernt. Es folgen Chemotherapie und Bestrahlung. Einige Monate lang hat Grohmann einen künstlichen Darmausgang. Als die Operationsnarben verheilt sind, wird dieses so genannte Stoma zurückverlegt. "Damit fingen die Probleme aber erst richtig an", erzählt Grohmann: Denn nach der Operation leidet er unter einer Darmverengung. Schon bald merkt er, dass er nicht mehr alles essen kann.

Viele Darmkrebs-Patienten haben während und nach der Therapie Probleme mit der Ernährung. Die Beschwerden hängen davon ab, welcher Darmabschnitt betroffen ist, ob ein Stoma gelegt wurde oder ob der Darm verengt ist. "Unsere Empfehlungen hängen von der jeweiligen Situation des Patienten ab", sagt Dr. Karl-Heinz Krumwiede, Ernährungsberater und Oecotrophologe am Klinikum Nürnberg Nord.

"Im Krankenhaus gab es Leberwurst-Brot", erzählt Erich Grohmann. "Aber gerade fettes Essen habe ich nach der Operation nicht mehr vertragen." Nach der Rückverlegung des Stomas leidet Grohmann unter häufigem Stuhlgang, muss bis zu vierzig Mal am Tag auf die Toilette. Hilfe bekommt er nach dem Klinikaufenthalt in der so genannten Anschlussheilbehandlung in einer spezialisierten Rehabilitationsklinik. "Dort hatte ich Kontakt zu einem Ernährungsberater. Schritt für Schritt haben wir herausgefunden, welche Nahrungsmittel ich vertrage und welche nicht." Zweimal ist Grohmann in der Rehabilitation - und lernt, wie er trotz seiner Einschränkung wieder gut leben kann.

Auch bei anderen Krebsarten kann es zu Verdauungsproblemen kommen. "Wenn zum Beispiel ein Verdauungsorgan zum Teil oder vollständig entfernt wurde, müssen eventuell spezielle Ernährungsempfehlungen ausgesprochen werden", erläutert Oecotrophologe Krumwiede. So müssen Patienten nach der Entfernung des Magens ihre Ernährung umstellen. Denn mit einem Ersatzmagen können sie meist nicht mehr so viel Essen verdauen wie vorher. Bei Bauchspeicheldrüsenkrebs fehlen den Patienten nach der Operation bestimmte Enzyme, die als Medikamente eingenommen werden müssen, um Speisen wieder verdauen zu können. Viele Krebs-Patienten leiden während der Chemotherapie auch unter Geschmacksstörungen und Appetitlosigkeit. Sie sollten grundsätzlich nur das essen, worauf sie Appetit haben. Es kann helfen, kalte Speisen zu sich zu nehmen, da diese weniger intensiv riechen.

Heute - sechs Jahre nach seiner Erkrankung - steht Erich Grohmann wieder mitten im Leben. Er arbeitet Vollzeit und engagiert sich ehrenamtlich bei der Deutschen ILCO, der Vereinigung für Stomaträger und Menschen mit Darmkrebs (Adresse siehe Seite 7). So unterstützt er andere Darmkrebs-Patienten in Fragen der richtigen Ernährung. "Mir hat der Austausch mit anderen Betroffenen sehr geholfen. Das versuche ich nun weiterzugeben", sagt er. Er hat inzwischen gelernt, mit den Einschränkungen durch seine Erkrankung zu leben. "Es gibt Stress-Situationen, in denen Verdauungsstörungen mich immer noch belasten, aber ich habe gelernt, auf meinen Bauch zu hören", erzählt Grohmann. "Und wenn ich ins Theater gehen möchte, muss ich eben vorher genau darauf achten, was ich esse, damit ich den Abend ungestört genießen kann."


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Keine spezielle Krebsdiät

Dr. oec. troph. Karl-Heinz Krumwiede, Ernährungsberater und Oecotrophologe am Klinikum Nürnberg Nord

Müssen sich Krebskranke grundsätzlich anders ernähren als Gesunde?

Eine spezielle, für alle Betroffenen geeignete Krebsdiät gibt es nicht. Deshalb wird Krebskranken, wie allen Gesunden auch, eine gesunde Ernährung empfohlen. Dabei muss aber immer die individuelle Situation eines Erkrankten berücksichtigt werden.

Was kann ein Betroffener gegen ungewollten Gewichtsverlust tun?

Bei Gewichtsverlust ist entscheidend, was die Ursache ist. Bei Appetitlosigkeit oder Übelkeit kann versucht werden, Tricks einzusetzen, etwa, zum Essen nur wenig zu trinken oder die so genannte "Astronautenkost" zu verzehren. Eventuell müssen künstliche Ernährung - etwa über eine Infusion oder eine Sonde - oder Nahrungsergänzungsmittel eingesetzt werden. Allerdings gibt es auch Fälle, in denen die beste Ernährungstherapie einen Gewichtsverlust nicht verhindern kann.

Wo bekommen Betroffene bei Bedarf Hilfe?

Ernährungsberater können helfen. Oecotrophologen, Diätassistenten und Ernährungsmediziner haben eine entsprechende Ausbildung für dieses Thema. Von den Krankenkassen werden diese Ernährungsberater anerkannt, wenn sie ein Zertifikat vorweisen können und sich ständig weiterbilden. Dann zahlen die Kassen oft einen Teil der Beratung. Im Internet bieten die Berufsverbände - zum Beispiel auf der Seite www.vdoe.de - Listen an, in denen je nach Region ein Berater ausfindig gemacht werden kann.


Ausführliche Informationen zur Ernährung bei verschiedenen Krebsarten enthält die Broschüre "Ernährung bei Krebs" der Deutschen Krebshilfe.


Im Schattenblick nicht veröffentlichte Abbildung der Originalpublikation:
Übelkeit, Erbrechen, Mundtrockenheit: Viele Krebs-Patienten haben während und nach der Krebs-Therapie Schwierigkeiten mit der Ernährung.


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Quelle:
Magazin der Deutschen Krebshilfe, Ausgabe Nr. 1/2011, Seite 4 - 5
Herausgeber: Deutsche Krebshilfe e.V.
Buschstraße 32, 53113 Bonn
Telefon: 0228/729 90-0, Fax: 0228/729 90-11
E-Mail: deutsche@krebshilfe.de
Internet: www.krebshilfe.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. April 2011