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SCHMERZ/634: Rückenprobleme sind bei jedem dritten Deutschen stressbedingt (SH Ärzteblatt)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 4/2012

Rückenschmerzen

Rückenprobleme sind bei jedem dritten Deutschen stressbedingt



Die Techniker Krankenkasse hat im vergangenen Monat eine Befragung ausgewertet: Männer vermuten seltener psychische Probleme als Schmerzursache.

Fast jeder zehnte Krankschreibungstag in Deutschland ist rückenbedingt. Nach Angaben der Techniker Krankenkasse (TK) entfielen 2011 9,3 Prozent aller Fehlzeiten auf Rückenbeschwerden. Hochgerechnet auf das gesamte Bundesgebiet sind das jährlich über 39 Millionen Fehltage. Das bedeutet: Täglich fehlen über 160.000 Beschäftigte in Deutschlands Betrieben rückenbedingt.

Heiko Schulz, Psychologe bei der TK, geht davon aus, dass viele dieser Fehltage psychische Ursachen haben: "Seelische und körperliche Gesundheit hängen eng zusammen. Probleme, beruflich oder privat, können buchstäblich im Nacken sitzen. Stress und Überlastung wirken auf das vegetative Nervensystem und führen so zu körperlichen Beschwerden." Diese können individuell sehr verschieden sein, als Kopf- oder Magenschmerzen, aber auch als Nacken- und Rückenbeschwerden auftreten.

In einer Forsa-Umfrage im Auftrag der TK nannte ein Drittel der Befragten Stress und seelische Probleme als Ursache der Rückenprobleme. Während 40 Prozent der Frauen hinter ihren Rückenschmerzen psychische Ursachen vermuten, sieht nur ein Viertel der Männer einen solchen Zusammenhang.

Betroffen sind hauptsächlich erwerbstätige Menschen, darunter vor allem Beschäftigte über 26 Jahre. Heiko Schulz: "Viele sind mehrfach belastet, müssen Beruf und Familie vereinbaren und sich zudem oft auch um die ältere Generation kümmern. Die Dreifachbelastung, zusammen mit der fehlenden Zeit für körperlichen Ausgleich, geht nicht selten auf den Rücken."


Vier von zehn Bürgern haben regelmäßig "Rücken"

Wie oft haben Sie in den letzten 12 Monaten Rückenprobleme gehabt?

29 % "ab und zu"
20 % "oft"
20 % "noch nie"
19 % "ständig"
11 % "früher, jetzt_nicht_mehr"


Eine Gesundheitsstudie unter Beschäftigten eines Dienstleistungsunternehmens in Deutschland 2011 bestätigt den Zusammenhang zwischen psychischer Verfassung und Rückengesundheit. 2.735 Mitarbeiter wurden zu ihrer Gesundheit befragt. Unter den Befragten in schlechter seelischer Verfassung war der Anteil der Beschäftigten mit Rückenbeschwerden mit über 30 Prozent doppelt so hoch wie bei den psychisch Gesunden, wo "nur" ein Sechstel der Befragten "Rücken" hat.

Was also ist zu tun, um die Seele und damit den Rücken zu entlasten? Schulz: "Unsere seelische Gesundheit wird durch verschiedene Faktoren geprägt. Neben der eigenen Persönlichkeit, das heißt ob man eine optimistische Grundeinstellung hat, ist vor allem das Privatleben wichtig. Welche sozialen Beziehungen zu Freunden und Familie gibt es? Und empfinden wir diese als unterstützend oder als belastend? Fühlen wir uns zugehörig? Zum anderen spielt das Arbeitsumfeld eine große Rolle." Die Mitarbeiterbefragung zeigt, dass Beschäftigte, die ihr Arbeitsumfeld als unterstützend und kooperativ wahrnehmen, die sich als engagiert und kompetent empfinden, deutlich seltener unter Rückenbeschwerden leiden als ihre Kollegen, die ihr Arbeitsumfeld weniger positiv sehen. "Die Ergebnisse zeigen, dass allein der Führungsstil des Vorgesetzten großen Einfluss auf die Rückengesundheit der Beschäftigten hat. Die Arbeit unter einem autoritären Vorgesetzten verdoppelt das Risiko für Rückenbeschwerden im Vergleich zu einem kooperativen Führungsstil", so Schulz.

"Wer etwas für seine Gesundheit tun möchte, sollte immer die Verhältnisse und das eigene Verhalten in Frage stellen. Der Stress lässt sich nicht immer vermeiden, man kann aber lernen damit umzugehen, zum Beispiel durch Stressbewältigungs- und Entspannungstrainings", empfiehlt der Psychologe den Betroffenen.


Über 60 Prozent der Bürger arbeiten einseitig

Was meinen Sie, ist die Ursache Ihrer Rückenprobleme

61 % einseitige Belastung
59 % Verschleiß
33 % Stress
32 % mangelnde Bewegung
31 % anatomische Fehlstellung
19 % Übergewicht
  6 % Osteoporose


Wichtig sei vor allem, für ausreichend körperlichen Ausgleich zu sorgen. "Egal wie sehr die Probleme oder der Stress drücken - Zeit für den sportlichen Ausgleich sollte man sich nehmen", empfiehlt Schulz. "Wer sich drei Mal die Woche eine halbe Stunde an der frischen Luft bewegt, bekommt den Kopf frei und stärkt sich selbst und den Rücken für die Belastungen des Alltags." (PM)

Gesamtausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts 4/2012 im Internet unter:
http://www.aeksh.de/shae/2012/201204/h12044a.htm

Zur jeweils aktuellen Ausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts:
www.aerzteblatt-sh.de

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Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt April 2012
65. Jahrgang, Seite 48 - 49
Herausgegeben von der Ärztekammer Schleswig-Holstein
mit den Mitteilungen der
Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein
Redaktion: Dr. Franz Bartmann (V.i.S.d.P.)
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Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Mai 2012