Helmholtz Zentrum München / Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt - 11.07.2017
Idiopathische Lungenfibrose als Autoimmunerkrankung?
Eine aktuelle Studie im "American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine" zeigt, dass möglicherweise eine Autoimmunerkrankung ursächlich an bestimmten Formen der Lungenfibrose beteiligt sein könnte, deren Krankheitsursache bisher ungeklärt ist. Das berichten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Helmholtz Zentrum München, Partner im Deutschen Zentrum für Lungenforschung (DZL), gemeinsam mit Kollegen vom Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München und dem Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried bei München.
Der Begriff interstitielle Lungenerkrankung (ILD) fasst eine Vielzahl verschiedener Krankheitsbilder zusammen, die mit einer Vernarbung (Fibrose) des Lungengewebes verbunden sind. Die idiopathische Lungenfibrose (IPF) ist eine davon. Dabei kommt es zu einer vermehrten Bildung von Bindegewebe in der Lunge, was deren Dehnbarkeit verringert, die Sauerstoffaufnahme beeinträchtigt und insgesamt zu einer Verschlechterung der Lungenfunktion führt.
"Die hinter den einzelnen Krankheitsbildern liegenden Mechanismen sind nicht ausreichend bekannt und daher Gegenstand unserer Forschung", erklärt Dr. Herbert Schiller. Er ist seit vorletztem Jahr DZL-Nachwuchsgruppenleiter am Institut für Lungenbiologie des Helmholtz Zentrums München und war zuvor am Max-Planck-Institut für Biochemie tätig. Gemeinsam mit der dort ansässigen Gruppe von Prof. Dr. Matthias Mann haben er und sein Team nun Gewebeproben von ILD-Patienten massenspektrometrisch* untersucht.
Insgesamt analysierten die Wissenschaftler Lungengewebe von 45 Patientinnen und Patienten mit verschiedenen ILD-Formen und verglichen sie mit den Proben von zehn gesunden Kontrollpersonen. Darüber hinaus untersuchten sie bei sechs Patienten mit fibrotischen Hauterkrankungen das Gewebe aus erkrankten und gesunden Hautbereichen.
"Interessanterweise konnten wir sowohl in der Lunge als auch in der Haut der Fibrose-Patienten vermehrt Proteine identifizieren, die maßgeblich in Antikörper produzierenden B-Zellen, sogenannten Plasmazellen, vorkommen", erklärt Erstautor Schiller. Beobachtungen unter dem Mikroskop konnten diese Ergebnisse bestätigen. Das ließe vermuten, dass bei manchen Patienten womöglich eine Autoimmunerkrankung gegen noch unbekannte Proteine in der Lunge ursächlich an der Krankheit beteiligt sei, so die Autoren.
"In unserer Arbeit haben wir zahlreiche Antikörper bildende Plasmazellen im vernarbten Lungengewebe gefunden und die Menge dieser Zellen war mit der Abnahme der Lungenfunktion der Patienten korreliert", erklärt Schiller. Ein kausaler Zusammenhang lässt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht direkt beweisen, daher sind bereits weitere Studien geplant.
"Der Schlüssel zur besseren diagnostischen Einordnung in der Zukunft und möglichen immuntherapeutischen Ansätzen könnte die massenspektroskopische Identifikation von Autoantikörpern und deren Antigenen aus dem Blut von ILD-Patienten sein", blickt Schiller voraus. Seine Nachwuchsgruppe sei derzeit dabei, neue Methoden zur Charakterisierung der Autoantikörper zu entwickeln und an größeren Patientenkohorten zu untersuchen.
* Massenspektrometrie bezeichnet ein Verfahren zur Analyse von Molekülmassen. Die zu untersuchende Substanz, wird dabei in die Gasphase überführt und ionisiert. Die Ionen werden durch ein elektrisches Feld beschleunigt und dem Analysator zugeführt. Dabei sortieren sie sich nach dem Masse-zu-Ladung-Verhältnis.
"Insbesondere bei der idiopathischen pulmonalen Fibrose (IPF) ist die Krankheitsursache bisher völlig ungeklärt", erläutert Schiller. "Die Prognose der IPF mit einem durchschnittlichen Überleben von zwei bis fünf Jahren nach Diagnosestellung ist als schlecht einzustufen und vergleichbar mit dem von vielen Krebs Erkrankungen der Lunge." Seit kurzem stehen zur Therapie der IPF die beiden antifibrotischen Medikamente Pirfenidon und Nintedanib zur Verfügung. Da die antifibrotischen Medikamente allerdings letztlich den Krankheitsverlauf nur verlangsamen aber nicht aufhalten können, bleibt zum jetzigen Zeitpunkt die Lungentransplantation die einzige definitive Therapie der IPF.
Herbert Schiller leitet seit Oktober 2015 die DZL Nachwuchsgruppe "Systemmedizin chronischer Lungenkrankheiten" am Institut für Lungenbiologie des Helmholtz Zentrums München. Lesen Sie mehr zu seiner aktuellen Forschung in unserem Portrait. https://www.helmholtz-muenchen.de/forschung/forschungsexzellenz/forscherportraets/dr-herbert-schiller/index.html Letztautor der Studie ist Prof. Dr. Oliver Eickelberg. Er war bis Ende vergangenen Jahres Direktor des Instituts für Lungenbiologie am Helmholtz Zentrum München. Aktuell ist er Leiter der Division of Pulmonary and Critical Care Medicine an der School of Medicine der Universität von Colorado in Denver.
Die Doktoranden Christoph Mayr und Maximilian Strunz aus der
Nachwuchsgruppe von Herbert Schiller sind Mitglieder der CPC Research
School "Lung Biology and Disease" und Teilnehmer an der Helmholtz Graduate
School Environmental Health, kurz HELENA.
https://www.helmholtz-helena.de/
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Original-Publikation:
Schiller, HB. et al. (2017): Deep proteome profiling reveals common
prevalence of MZB1-positive plasma B cells in human lung and skin fibrosis.
American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine, DOI:
10.1164/rccm.201611-2263OC
http://www.atsjournals.org/doi/abs/10.1164/rccm.201611-2263OC
- Das Helmholtz Zentrum München verfolgt als Deutsches Forschungszentrum für
Gesundheit und Umwelt das Ziel, personalisierte Medizin für die Diagnose,
Therapie und Prävention weit verbreiteter Volkskrankheiten wie Diabetes
mellitus und Lungenerkrankungen zu entwickeln. Dafür untersucht es das
Zusammenwirken von Genetik, Umweltfaktoren und Lebensstil. Der Hauptsitz des
Zentrums liegt in Neuherberg im Norden Münchens. Das Helmholtz Zentrum
München beschäftigt rund 2.300 Mitarbeiter und ist Mitglied der
Helmholtz-Gemeinschaft, der 18 naturwissenschaftlich-technische und
medizinisch-biologische Forschungszentren mit rund 37.000 Beschäftigten
angehören.
www.helmholtz-muenchen.de
- Das Institut für Lungenbiologie (ILBD) gehört dem Comprehensive Pneumoloy
Center (CPC) an, einem Zusammenschluss des Helmholtz Zentrums München mit
dem Universitätsklinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München und
den Asklepios Fachkliniken München-Gauting. Ziel des CPC ist die
Erforschung chronischer Lungenerkrankungen, um neue diagnostische und
therapeutische Strategien zu entwickeln. Das ILBD führt mit der
Untersuchung zellulärer, molekularer und immunologischer Mechanismen von
Lungenerkrankungen den Schwerpunkt der experimentellen Pneumologie an. Das
CPC ist ein Standort des Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL).
www.helmholtz-muenchen.de/ilbd
- Das Deutsche Zentrum für Lungenforschung (DZL) ist ein nationaler Verbund,
der Experten auf dem Gebiet der Lungenforschung bündelt und
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Fachlicher Ansprechpartner:
Dr. Herbert Schiller
Helmholtz Zentrum München -
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E-Mail: herbert.schiller@helmholtz-muenchen.de
Weitere Informationen finden Sie unter
www.helmholtz-muenchen.de/presse-medien/pressemitteilungen/alle-pressemitteilungen/index.html
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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Helmholtz Zentrum München - Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt
Sonja Opitz, Abteilung, 11.07.2017
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Juli 2017
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