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FORSCHUNG/006: Chlamydien-Forschung - Wissenschaftler erkennen bislang unbekannte Besonderheiten (idw)


Exzellenzcluster Entzündungsforschung - 01.12.2010

Fortschritte in Chlamydien-Forschung

Wissenschaftler erkennen bislang unbekannte Besonderheiten


Prof. Dr. Jan Rupp, Exzellenzcluster Entzündungsforschung, und sein Team haben herausgefunden, welche Einflüsse der Sauerstoffgehalt in den Schleimhäuten auf den Heilungsprozess einer Chlaymdien-Infektion hat. Durch diese Erkenntnisse wird deutlich, warum die Krankheit bislang oft nicht oder nur schwer therapierbar ist. Bisher galt als ungelöst, warum viele Bakterien die antibiotische Medikation überleben und dass, obwohl sie keine Resistenzen gegen Antibiotika entwickelt haben. Die Forschungsergebnisse wurden jetzt in PNAS veröffentlicht. Link zur Internetseite:
http://www.pnas.org/content/107/45/19502.abstract

Die bakterielle Infektion mit Chlamydien ist die am häufigsten sexuell übertragbare Krankheit weltweit. Besonders Frauen im Alter zwischen 18 und 24 Jahren sind von der Erst-Infektion betroffen. Die Erkrankung ist tückisch: Viele der Betroffenen bleiben symptomlos, die Infektion wird oft erst nach vielen Jahren bemerkt. Die Folgen können gravierend sein: Allein in Deutschland sind geschätzte mehr als 100.000 Frauen aufgrund einer chronischen Chlamydien-Infektion ungewollt kinderlos, mehr als 1 Million Frauen gilt als infiziert, die Zahlen der Erst-Infektionen steigen von Jahr zu Jahr drastisch an.

Prof. Dr. Jan Rupp, Exzellenzcluster Entzündungsforschung, hat jetzt mit seinem Team Besonderheiten über diese Bakterien-Spezies herausgefunden, die den Umgang und die Therapie mit den ungewollten Gästen revolutionieren können: "Chlamydien setzen sich in den Schleimhäuten von Männern und Frauen fest und können dort jahrelang unbemerkt leben. Wir haben jetzt entdeckt, dass die natürliche Immunantwort des Menschen gegen Chlamydien nur funktioniert, wenn genügend Sauerstoff in den Schleimhäuten vorhanden ist. Nur dann können Chlamydien effizient bekämpft werden, denn sie suchen sich bevorzugt eine sauerstoffarme Umgebung aus, in der sie sich einnisten und vermehren. Da der Sauerstoffgehalt im Eileiter der Frau, wie auch an anderen Stellen im menschlichen Körper, Schwankungen unterworfen ist, hängt es also von der jeweiligen momentanen Konstitution und Verfassung ab, ob die Chlamydien eine Chance zum Überleben haben, oder nicht. Treffen die Bakterien auf eine sauerstoffarme Umgebung, wachsen sie. Dieses Wachstum wird im Körper als Entzündung wahrgenommen. Es hat zur Folge, dass der Körper Botenstoffe zur Entzündungsbekämpfung schickt, die dann "vor Ort" wiederum Sauerstoff verbrauchen und damit die Bedingungen für weiteres Chlamydien-Wachstum begünstigen. Und dies führt dann häufig zu langfristigen Entzündungen.", erklärt Prof. Rupp. Diese Forschungsergebnisse sind neu und liefern wichtige Erkenntnisse für die nächsten Schritte. Prof. Rupp zu den Hintergründen der Forschungen:

"Bisher wurden die Bakterien im Labor - und das bedeutet, mit Raumluft - untersucht. Im menschlichen Körper indes herrschen andere Sauerstoffbedingungen und deswegen haben wir unsere Forschungen unter diesen realen Bedingungen durchgeführt - und sind damit auch zu diesen ganz neuen Erkenntnissen gekommen. Wir werden jetzt weiter daran arbeiten heraus zu finden, wie die Zusammenhänge zwischen Immunkontrolle des Menschen und Sauerstoffgehalt im menschlichen Körper sind."

Der Exzellenzcluster Entzündungsforschung

Der Exzellenzcluster Entzündungsforschung verfolgt einen einzigartigen interdisziplinären Forschungsansatz, um die Ursachen der chronischen Entzündung zu entschlüsseln und Therapien zur Heilung zu entwickeln. Der Forschungsverbund bündelt die Kompetenzen von rund 200 Genetikern, Biologen, Ernährungswissenschaftlern und Ärzten der Universitäten zu Kiel und Lübeck, des Forschungszentrums Borstel und des Max-Planck-Instituts für Evolutionsbiologie, Plön. Mehrere Millionen Menschen leiden allein in Deutschland an chronischer Entzündung der Lunge (Asthma), der Haut (Schuppenflechte), des Darms (Morbus Crohn) und des Gehirns (Morbus Parkinson). Auslöser ist eine Fehlsteuerung des Immunsystems: Unaufhörlich aktiviert es entzündliche Botenstoffe und Abwehrzellen, zerstört dadurch gesundes Gewebe. Die Zahl der Betroffenen steigt täglich. Dieses Phänomen der modernen Zivilisation ist zur Herausforderung für die Medizin des 21. Jahrhunderts geworden.


Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.pnas.org/content/107/45/19502.abstract
(Link zur Internetseite, auf der die Forschungsergebnisse veröffentlicht sind)
http://www.entzuendungsforschung.de
(Link zur Internetseite des Exzellenzclusters Entzündungsforschung)

Geschäftsstelle Exzellenzcluster Entzündungsforschung:
Dr. Helga Andree
Leiterin der Geschäftsstelle Exzellenzcluster Entzündungsforschung
Christian-Albrechts-Platz 4, 24118 Kiel
E: info@inflammation-at-interfaces.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution157


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Exzellenzcluster Entzündungsforschung, Susanne Weller, 01.12.2010
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Dezember 2010