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DIABETES/1671: Inkretin-Analoga - Studie legt hohes Risiko für Bauchspeicheldrüsenentzündungen nahe (DGE)


Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) - 16.-28. Februar 2013
Medizinischen Kurznachrichten aus der Endokrinologie - Hormone und Stoffwechsel

Aus aktuellem Anlass:

Studienergebnisse zu Diabetesmedikament lassen auf hohes Risiko für Bauchspeicheldrüsenentzündungen schließen



Viele Menschen mit Typ-2-Diabetes werden mit Medikamenten behandelt, die auf einem körpereigenen Hormon basieren, einem im Darm gebildeten "Inkretin". Inkretin-Analoga ahmen die Wirkung des zu den Inkretin-Hormonen gehörenden Darmhormons GLP-1 nach.

GLP-1 setzt noch vorhandenes, körpereigenes Insulin frei und unterdrückt gleichzeitig das Blutzucker steigernde Glukagon. GLP-1-Mimetika sind nun erneut ins Gerede gekommen, da sie auch nach einer neuen Analyse das Risiko einer Bauchspeicheldrüsenentzündung erhöhen.


GLP-1 - Mimetika verdoppeln nach neuer Studie das Pankreatitis-Risiko bei Diabetespatienten

Publiziert am 26. Februar 2013 von Prof. Helmut Schatz

Am 25. Februar erschien im Journal der Amerikanischen Ärztegesellschaft online (1) ein Bericht, dass Glucagon-Like Peptide -1 (GLP-1)- basierte Therapien wie Exenatid und Sitagliptin das Pankreatitis-Risiko verdoppeln.

Dr. Singh und Kollegen von der John Hopkins-Universität in Baltimore griffen auf Datenbanken mit über einer Million Versicherten von sieben Gesellschaften der Blue Cross Blue Shield Association zurück. In knapp 5 Jahren wurden etwa 3000 Patienten mit akuter Pankreatitis hospitalisiert, davon wurden 1269 mit GLP-1-basierten Therapien und ebenso viele gematchte Kontrollpatienten ohne solche Therapien ausgewertet. Nach aufwendiger Berücksichtigung vieler Begleitfaktoren einschließlich Metforminverabreichung errechneten sich folgende adjustierten odd ratios gegenüber den Kontrollen: 2.24 (CI 1.36-3.68) für GLP-1-basierte Therapien in den letzten 30 Tagen, 2.01 (CI 1.37-3.18) in den letzten 2 Jahren.

In einem begleitenden Kommentar schreiben Belinda Gier und Peter Butler, Los Angeles: "Now Singh and colleagues have brought clarity to the increased risk for pancreatitis with GLP-1-based therapy, the time has come to move forward and address the wider implications of this finding: pancreatic cancer" (2).


Kommentar des Mediensprechers der DGE:

Auf ein erhöhtes Pankreatitis-Risiko unter GLP-1-basierten Therapien hat die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) schon am 3. 3. 2011 in einer Pressemitteilung hingewiesen (3). Der Referent hat selbst in seiner Praxis einige Fälle mit klinisch stummer Pankreatits mit Lipaseerhöhungen unter diesen Therapien beobachtet, wie er in einem DGE-Blog-Beitrag am 23. Januar 2013 auch ausgeführt hat (4). Im letzten Jahr war es um die Pankreatitis-Problematik ruhig geworden. Drs. Gier and Butler schreiben in ihrem Editorial: "Vendors and supporters of GLP-1 treatment refuted the reported association of pancreatitis as being an artifact of the increased risk for pancreatitis in type 2 diabetes mellitus," (2). Die neue Publikation von Singh et al. bringt die zwar seltene, aber schwerwiegende Komplikation einer Pankreatitis mit dem Langzeit-Risiko von Pankreaskrebs unter GLP-1-Analoga und Dipeptidyl-Peptidase-4 (DPP-4) - Hemmern wieder in den Blickpunkt. Dr. Singh betont jedoch, dass die Konsequenz aus seiner Studie nicht sein soll, dass Patienten jetzt GLP-1-basierte Therapieformen absetzen sollen, sondern vielmehr auf Symptome wie ausgeprägte Übelkeit, Erbrechen und Bauchschmerzen achten und bei deren Auftreten die Pankreasenzyme kontrollieren lassen sollten (2).


(1) Sonal Singh et al.: JAMA Internal Medicine online Februar 25, 2013 doi: 10.1001/jamainternmed.2013.2720

(2) Lisa Nainggolan: GLP-1 mimetics double pancreatitis risk in diabetes Medscape. February 25, 2013.
http://www.medscape.com/viewarticle/779851_print

(3) Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie: Erhöhtes Risiko für Bauchspeicheldrüsenentzündung durch neuere Diabetes-Medikamente? Pressemitteilung vom 3.3.2011.
www.endokrinologie.net

(4) Helmut Schatz: Degludec-Insulin jetzt auch in der Europäischen Union zugelassen, die GLP-1-Analoga Lixisenatid und Albiglutid vor der Approbation. DGE-Blog-Beitrag vom 23.1.2013.
www.endokrinologie.net


Endokrinologie ist die Lehre von den Hormonen, Stoffwechsel und den Erkrankungen auf diesem Gebiet. Hormone werden von endokrinen Drüsen, zum Beispiel Schilddrüse oder Hirnanhangdrüse, aber auch bestimmten Zellen in Hoden und Eierstöcken, "endokrin" ausgeschüttet, das heißt nach "innen" in das Blut abgegeben. Im Unterschied dazu geben "exokrine" Drüsen, wie Speichel- oder Schweißdrüsen, ihre Sekrete nach "außen" ab.

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Quelle:
Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie e.V. (DGE)
Medizinischen Kurznachrichten aus der Endokrinologie 16,-28.2.2013
Mediensprecher: Prof. Helmut Schatz, Bochum
Pressestelle, Anna Julia Voormann und Dagmar Arnold
Postfach 30 11 20, 70451 Stuttgart
Telefon: 0711/ 89 31-552, Telefax: 0711/ 89 31-167
E-Mail: info@medizinkommunikation.org
Internet: www.endokrinologie.net


veröffentlicht im Schattenblick zum 2. März 2013