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DIABETES/1620: Elektronische Krankenakte bei Diabetespatienten - bessert sie deren Versorgung? (DGE)


Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) - 31. Oktober 2012
Medizinischen Kurznachrichten aus der Endokrinologie - Hormone und Stoffwechsel

Elektronische Krankenakte bei Diabetespatienten: bessert sie deren Versorgung?



Am 2. Oktober erschien in den Annals of Internal Medicine (1) ein Bericht über die Ergebnisse des Einsatzes von elektronischen Krankenakten zwischen 2004 und 2009 bei etwa 170.000 Diabetespatienten der Krankenversicherung Kaiser Permanente Northern California. Bereits am 4. Juni 2012 wurde im DGE-Blog berichtet, dass eine kleine Untersuchung in Praxen mit elektronische Aktenführung keine bessere, sondern sogar eine schlechtere Diabetesversorgung erfolgt war als in Praxen mit herkömmlichen Papierakten (2). In der neuen Publikation (1) dienten Mary Reed und Mitarbeitern eine Therapieintensivierung, der HbA1c- und LDL-Cholesterinspiegel als Parameter zur Beurteilung der Effizienz des kommerziell erhältlichen EpicCare-Systems. Es wurde eine signifikante Therapieintensivierung bei Patienten mit einem HbA1c-Wert ab 9% gefunden, auch bei einem Wert von 7-8.9%, nicht aber bei <7% . Auch bei einem LDL-Cholesterin zwischen 100 und 129 mg/dl (2. 6-3.3 mmol/l) wurde die Therapie intensiviert. Nachkontrollen erfolgten nach einem Jahr.

Kommentar des Referenten:

Ob diese Veränderungen dem Elektronischen System zuzuschreiben sind, sei dahingestellt. Daß ein Arzt bei sehr hohen HbA1c- und/oder erhöhten LDL-Cholesterinwerten die Therapie intensiviert, sollte doch selbstverständlich sein. Im Unterschied zu der zitierten kleinen Studie (3) werden hier keine Ergebnisse an etwa gleich vielen Patienten mitgeteilt, die mit herkömmlichen Akten betreut wurden. Manchmal fragt man sich, ob ein Druck von Krankenkassen auf Praxen, elektronische Systeme einzuführen, nicht vornehmlich den Kassen bei ihren verwaltungstechnischen Aufgaben helfen soll. Die Qualität der Betreuung hängt von der Person des Arztes und nicht dem Aktensystem ab.


Literatur:

(1) Mary Reed et al.:
Outpatient electronis health records and clinical care and outcomes of patients with diabetes mellitus.
Ann. Intern. Med. 2012. 157: 482-489

(2) Helmut Schatz:
Elektronische Krankenakte bewirken allein keine bessere Diabetikerversorgung.
DGE-Blog-Beitrag vom 4. Juni 2012 [1].

(3) C. Crosson et al.:
Typical electronic health record use in primary care practices and the quality of diabetes care.
Ann. Fam. Med. 2012. 3: 22-227

Publiziert am 16. Oktober 2012 [2] von Prof. Helmut Schatz [3]


[1] http://blog.endokrinologie.net/elektronische-krankenakte-diabetikerversorgung-282/
[2] http://blog.endokrinologie.net/elektronische-krankenakte-diabetespatienten-531/
[3] http://blog.endokrinologie.net/author/schatz/

Raute

Endokrinologie ist die Lehre von den Hormonen, Stoffwechsel und den Erkrankungen auf diesem Gebiet. Hormone werden von endokrinen Drüsen, zum Beispiel Schilddrüse oder Hirnanhangdrüse, aber auch bestimmten Zellen in Hoden und Eierstöcken, "endokrin" ausgeschüttet, das heißt nach "innen" in das Blut abgegeben. Im Unterschied dazu geben "exokrine" Drüsen, wie Speichel- oder Schweißdrüsen, ihre Sekrete nach "außen" ab.

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Quelle:
Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie e.V. (DGE)
Medizinische Kurznachrichten vom 31.10.2012
Mediensprecher: Prof. Helmut Schatz, Bochum
Pressestelle, Anna Julia Voormann und Dagmar Arnold
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. November 2012