Bundesministerium für Gesundheit - 13. Februar 2020
Bundesgesundheitsminister Spahn: "Wettbewerb zwischen den Krankenkassen wird gerechter - Lieferengpässen bei Arzneimitteln entgegenwirken"
Bundestag beschließt "Gesetz für einen fairen Kassenwettbewerb in der gesetzlichen Krankenversicherung"
Der Wettbewerb zwischen den gesetzlichen Krankenkassen soll künftig fairer und zielgenauer als bisher ausgestaltet werden. Außerdem soll Lieferengpässen bei Arzneimitteln wirksam entgegnet werden. Das sind die Ziele des "Gesetzes für einen fairen Kassenwettbewerb in der gesetzlichen Krankenversicherung" (GKV-FKG), das der Bundestag heute in 2. und 3. Lesung beschlossen hat.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn: "Wir machen den Wettbewerb zwischen den Krankenkassen gerechter. Die Kassen sollen nicht um die besten Finanztricks konkurrieren, sondern um den besten Service, die beste Versorgung und das modernste digitale Angebot. Und wir setzen alles daran, damit Lieferengpässe bei Arzneimitteln künftig vermieden werden können. Denn Patienten erwarten zu Recht, dass sie dringend notwendige Medikamente schnell bekommen. Deswegen wird der Bund bei der Verteilung von Medikamenten stärker eingreifen als bisher."
Das Gesetz soll voraussichtlich Ende März/Anfang April 2020 in Kraft treten. Es bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates.
Verwerfungen im Wettbewerb, die durch die historisch entstandenen Haftungsregelungen verursacht sind, werden beseitigt. Heute zahlen bei der Auflösung, Schließung oder Insolvenz einer Kasse zuerst die anderen Krankenkassen der gleichen Kassenart. Künftig wird die Last fair unter allen Krankenkassen verteilt.
Die Verhaltensregeln für den Wettbewerb und insbesondere für Werbemaßnahmen werden klarer und verbindlicher definiert. Auch die Unterlassungsansprüche und Rechtsschutzmöglichkeiten der Krankenkassen untereinander bei wettbewerbswidrigem Verhalten werden ausgeweitet.
Um eine engere und transparentere Anbindung an das operative Geschäft der Krankenkassen zu unterstützen, werden die Strukturen des GKV-Spitzenverbandes weiterentwickelt. Dazu wird ein neuer Lenkungs- und Koordinierungsausschuss geschaffen, der mit Vorstandsmitgliedern der Krankenkassen besetzt ist. Künftig soll es auch eine Frauenquote in den Entscheidungsgremien geben.
Die bisher geltenden Rahmenbedingungen für den Erfahrungs- und Meinungsaustausch der Aufsichtsbehörden der gesetzlichen Krankenkassen werden konkretisiert, um Transparenz, Abstimmung und Kooperation zwischen den Aufsichtsbehörden auf Bundes- und Landesebene zu stärken.
Regionalkomponente:
Regionale Über- und Unterdeckungen im Finanzausgleich sollen abgebaut
und somit gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Krankenkassen
geschaffen werden. Zudem wird durch die Regionalkomponente der
Marktkonzentration einzelner Kassen entgegengewirkt.
Krankheits-Vollmodell:
Künftig wird das gesamte Krankheitsspektrum (statt bisher 50 bis 80
Krankheiten) im RSA berücksichtigt. Das erhöht die Zielgenauigkeit des
Finanzausgleichs und verringert Über- und Unterdeckungen für den
Großteil der Versicherten.
Risikopool:
Hochkostenfälle werden dadurch abgefedert, dass die Krankenkassen für
jeden Leistungsfall 80 Prozent der Leistungsausgaben erstattet
bekommen, die über 100.000 Euro pro Jahr hinausgehen.
Präventionsausgaben:
Die Präventionsorientierung im RSA wird gestärkt, indem eine
Vorsorge-Pauschale eingeführt wird. Damit wird der Anreiz für
Krankenkassen gestärkt, die Inanspruchnahme von Präventionsmaßnahmen
ihrer Versicherten zu fördern.
Versichertenindividuelle Berücksichtigung von Arzneimittelrabatten:
Systematische Über- und Unterdeckungen sollen vermieden und
Wettbewerbsverzerrungen beseitigt werden. Wirtschaftlichkeitsanreize
zum Abschluss von Rabattverträgen durch die Krankenkassen bleiben
erhalten.
• Eine Manipulationsbremse soll sicherstellen, dass sich eine so genannte "Kodierbeeinflussung" künftig nicht mehr lohnt: Wenn die Diagnosekodierungen bei bestimmten Krankheiten auffällig stark steigen, bekommen alle Krankenkassen hierfür keine Zuweisungen mehr.
• Die Prüfkompetenzen des Bundesamtes für soziale Sicherung (BAS) werden deutlich erweitert: Das neue schlagkräftigere Prüfkonzept mit einer Umkehr der Beweislast ist rückwirkend ab dem Jahr 2013 anzuwenden.
• Es wird eine Vertragstransparenzstelle für Selektivverträge der Krankenkassen eingerichtet, um Transparenz über Verträge zu schaffen und Zusammenhänge mit statistischen Auffälligkeiten in den RSA-Datenmeldungen erkennen zu können.
Um für die Jahre 2018 und 2019 etwaige nicht refinanzierte Tarifsteigerungen in der Pflege zu finanzieren, erhalten die Krankenhäuser einmalig rund 250 Millionen Euro. Die zusätzlichen Mittel werden den Krankenhäusern schnell und ohne relevanten zusätzlichen bürokratischen Aufwand zur Verfügung gestellt. Die Mehrausgaben der gesetzlichen Krankenkassen werden durch eine einmalige Entnahme aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds kompensiert.
Meldepflicht:
Für Pharmazeutische Unternehmer und Arzneimittelgroßhandlungen werden
Meldepflichten gegenüber dem Bundesinstitut für Arzneimittel und
Medizinprodukte (BfArM Bundesinstitut für Arzneimittel und
Medizinprodukte) zu versorgungsrelevanten Arzneimitteln eingeführt.
Die Informationen zu verfügbaren Lagerbeständen, zur Produktion und
zur Absatzmenge helfen dem BfArM die Versorgungslage bei bestimmten
Arzneimitteln besser einschätzen und angemessen reagieren zu können.
Lagerhaltung:
Um Lieferengpässe zu vermeiden oder abzumildern, können zukünftig die
Bundesoberbehörden für versorgungskritische Arzneimittel zum Beispiel
Vorgaben zur Lagerhaltung erteilen. Diese Vorgaben richten sich an
pharmazeutische Unternehmer und Arzneimittelgroßhandlungen.
Kennzeichnung:
Arzneimittel, die in Deutschland abgegeben werden, müssen in deutscher
Sprache gekennzeichnet sein. Im Ausnahmefall dürfen künftig auch
Arzneimittel angewendet werden, die in einer anderen Sprache
gekennzeichnet sind. Aus Gründen der Arzneimittelsicherheit wird diese
Ausnahmemöglichkeit auf versorgungsrelevante Arzneimittel beschränkt,
die vom Arzt unmittelbar bei Patienten angewendet werden.
Rabattarzneimittel:
Bei Rabattverträgen der Krankenkassen mit pharmazeutischen Herstellern
sind die Apotheken verpflichtet, diese besonders preisgünstigen
Arzneimittel abzugeben. Sollten diese rabattierten Arzneimittel in der
Apotheke nicht zur Verfügung stehen, sollen Apotheker künftig auch
vergleichbare Arzneimittel abgeben dürfen. Ist das vergleichbare
Arzneimittel teurer als der Festbetrag, trägt nicht der Versicherte
die Mehrkosten (Aufzahlung), sondern die Krankenkasse.
Beirat:
Die Versorgungslage mit Arzneimitteln soll künftig ein Beirat beim
BfArM kontinuierlich beobachten und bewerten. Dieser Beirat besteht
u.a. aus Vertretern der Ärzte- und Apothekerschaft der
pharmazeutischen Industrie, der Patienteninteressen und der Kassen.
Der Beirat berät die Bundesoberbehörden beim Ergreifen geeigneter
Maßnahmen.
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Quelle:
Bundesministerium für Gesundheit, Pressestelle
Pressemitteilung 13. Februar 2020
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Februar 2020
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