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AUSLAND/1914: Thailand - Kampf gegen Malaria, Kliniken fürchten Kürzung internationaler Gelder (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 21. Dezember 2012

Thailand: Kampf gegen Malaria - Kliniken fürchten Kürzung internationaler Gelder

von Marwaan Macan-Markar



Bangkok, 21. Dezember (IPS) - Während sich Thailand für den Kampf gegen medikamentenresistente Formen von Malaria rüstet, könnten einige kleine Gebäude am Rande von Mais- und Reisfeldern im äußersten Westen des Landes bald international eine größere Rolle spielen. Hunderte solcher kleinen Kliniken und Malaria-Behandlungsstellen haben eine wichtige Funktion, wenn es um die Feststellung der genetischen Mutation des 'Plasmodium falciparum' geht. Neue Stämme des einzelligen Parasiten, der als Malaria-Erreger gilt, sind nicht mehr mit der weltweit wirksamsten Substanz gegen die Krankheit, Artemisinin, zu bekämpfen.

"Die Kliniken sind so ausgestattet, dass sie Anrainer und Arbeitsmigranten, die hier in diesem Malaria-Gürtel Fieber bekommen, auf die Krankheit testen und behandeln können", sagt Wichai Satimai, Direktor der Abteilung für Infektionskrankheiten im thailändischen Gesundheitsministerium. "Die Ergebnisse der Blutuntersuchungen stehen in 15 Minuten fest. Die medizinischen Mitarbeiter können daraufhin feststellen, ob der Patient Malaria hat und an welcher Form der Krankheit er leidet."

Diese Gesundheitsversorgung für Bauern und Arbeitsmigranten ist immer wichtiger geworden, seit Wissenschaftler im vergangenen April Anzeichen einer Medikamentenresistenz bei Malaria-Erregern im Grenzgebiet zwischen Thailand und Myanmar gefunden haben. "Diese Bluttests müssen regelmäßig und häufig in den Gebieten durchgeführt werden, in denen die Krankheit durch Erreger verbreitet wird, gegen die Medikamente nichts ausrichten", meint Wichai. Die Patienten müssten regelmäßig beobachtet und behandelt werden.


Krankheitsfälle in schwer zugänglichen Gebieten

Der Umstand, dass die medikamentenresistente Malaria in abgelegenen Gebieten entlang der Grenze unter Kontrolle gehalten werde müsse, erschwere die Bekämpfung, erklärt Fatoumata Nafo-Traore, die Leiterin der globalen Initiative 'Roll Back Malaria Partnership'. Kürzlich besuchte sie die Kliniken in den thailändischen Grenzregionen und stellte fest, dass manche Menschen in abgelegenen Waldgebieten leben.

"Wir müssen die Widerstandsfähigkeit der Erreger in diesen Gebieten begrenzen", sagt sie. "Es handelt sich um eine Gesundheitsgefahr, die weltweit ernst genommen werden muss. Denn Artemisinin ist derzeit das einzige hochwirksame Mittel gegen Malaria."

Obwohl der Nutzen der Kliniken offensichtlich ist, fürchten Anwohner und Arbeitsmigranten, dass die kostenfreie Gesundheitsversorgung bald möglicherweise nicht mehr zu finanzieren sein wird. Beamte des thailändischen Gesundheitsministeriums warnten Anfang Dezember davor, dass der Staat die Kosten zur Eindämmung der medikamententenresistenten Malaria selbst aufbringen müsse, wenn die internationalen Zuschüsse eingestellt würden.

Der Globale Fonds zur Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose und Malaria, der Programme in Entwicklungsländern finanziert, leistet auch in Thailand einen großen Beitrag. Für Malaria-Kontrollmaßnahmen stellte er rund 40 Millionen US-Dollar bereit und damit auch den Betrieb der 300 Malariaposten und -kliniken in den westlichen thailändischen Grenzgebieten sicher.

Die Befürchtungen des südostasiatischen Landes, dass die Gelder künftig nicht mehr fließen könnten, fanden sich in dem kürzlich von der Weltgesundheitsorganisation WHO veröffentlichten globalen Malaria-Bericht für 2012 bestätigt. Die internationale Finanzierung des Kampfes gegen Malaria habe sich offenbar auf einem Niveau eingependelt, das unterhalb der Grenze liege, ab der international vereinbarte Ziele erreicht werden könnten, heißt es darin.


Globale Mittel zur Malaria-Bekämpfung reichen nicht aus

"Zwischen 2011 und 2020 werden schätzungsweise jährlich 5,1 Milliarden US-Dollar gebraucht, um einen umfassenden Zugang zu Maßnahmen gegen Malaria in 99 Ländern zu schaffen, in denen der Erreger übertragen wird", geht aus dem Report hervor. Viele Staaten haben demnach ihre eigene Finanzierung der Malaria-Kontrolle erhöht. Dennoch standen für die globale Malaria-Bekämpfung 2011 insgesamt nur 2,3 Milliarden Dollar zur Verfügung - weniger als die Hälfte der benötigten Summe.

Der Bedarf an kontinuierlicher Finanzierung wird auch daraus ersichtlich, dass laut WHO-Statistiken von 2010 weltweit schätzungsweise 219 Millionen Menschen an Malaria erkrankten. 660.000 starben daran, vor allem Kinder unter fünf Jahren in Afrika.

Die etwa 2,4 Millionen Malaria-Kranken in Süd- und Südostasien, die 2010 ermittelt wurden, nehmen sich im Vergleich mit den globalen Raten bescheiden aus. Doch der jährliche Malaria-Report stellte die Mekong-Region, die Teile von Kambodscha, Myanmar, Thailand und Vietnam umfasst, als Epizentrum der medikamentenresistenten Malaria heraus.

"Wenn die Widerstandsfähigkeit der Erreger gegenüber Artemisinin zunimmt und auf andere Regionen übergreift, wird dies schlimme Folgen für die öffentliche Gesundheit haben", warnt die WHO. Mindestens fünf Jahre lang werde es keine alternativen Medikamente für die Malaria-Bekämpfung geben.

Artemisinin, aktiver Bestandteil des halbsynthetischen Anti-Malaria-Wirkstoffes Artesunat, ist ein sekundärer Pflanzenstoff, der in Blättern und Blüten des Einjährigen Beifußes (Artemisia annua) vorkommt. Artemisinin gilt als bestes Mittel gegen Infektionen mit dem Erreger 'Falciparum malaria', der die meisten Todesfälle weltweit verursacht.


Erste resistente Stämme in Kambodscha entdeckt

Artemisinin ersetzt die chemische Verbindung Chloroquin, die einst wirkungsvoll gegen Malaria eingesetzt wurde, nachdem ein resistenter Erregerstamm der Grenze zwischen Thailand und Kambodscha aufgetaucht war. Die Resistenz gegen Chloroquin wurde zuerst in der kambodschanischen Stadt Pailin festgestellt, die früher eine Hochburg der Roten Khmer war. Danach verbreiteten sich die Erreger im östlichen Grenzgebiet Thailands und von dort aus in alle Welt.

In Gesundheitsposten nahe der Grenze Thailands zu Kambodscha wird befürchtet, dass nun auch gegen Artemisinin resistente Erreger um sich greifen könnten. Dort waren entsprechende Stämme entdeckt und deren Verbreitung eingedämmt worden. "Eine gute Malaria-Kontrolle und -Bekämpfung wird die gegen Artemisinin resistente Malaria eindämmen", sagt Steven Bjorge, Leiter der WHO-Abteilung für Infektionskrankheiten in Kambodscha. "Man kann vorher nicht wissen, in welchen Fällen Malaria gegen Medikamente resistent ist. Die Behandlung jedes einzelnen Falls ist daher notwendig, um die widerstandsfähigen Erreger im Zaum zu halten." (Ende/IPS/ck/2012)


Links:

http://www.who.int/malaria/publications/world_malaria_report_2012/en/index.html
http://www.theglobalfund.org/en/
http://www.ipsnews.net/2012/12/drug-resistant-malaria-pushes-rural-thailand-to-shoulder-global-role/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Dezember 2012