Schattenblick →INFOPOOL →MEDIZIN → FAKTEN

FORSCHUNG/1972: Wie wirksam sind neue Therapien gegen Hepatitis-C? (idw)


Goethe-Universität Frankfurt am Main - 14.04.2009

Wie wirksam sind neue Therapien gegen Hepatitis-C?

Mathematische Modellierung charakterisiert individuellen Behandlungserfolg


FRANKFURT. An chronischen Lebererkrankungen leiden alleine in Deutschland etwa zwei Millionen Menschen. Neben Alkohol sind dabei vor allem die virusbedingte Hepatitis-B und -C die Ursachen. Die derzeitige Therapie der chronischen Hepatitis-C ist komplex und mit zahlreichen Nebenwirkungen verbunden. Um den Therapieerfolg frühzeitig vorhersagen zu können und die Behandlung individuell zu optimieren, greifen Forscher des Frankfurter Leberzentrums auf mathematische Modellierung zurück. Darüber berichten ein Hepatologe und eine Mathematikerin in der aktuellen Ausgabe des Forschungsmagazins "Forschung Frankfurt".

Ein Infektion mit Hepatitis-C (HCV) wird in der Regel durch Blutkontakt übertragen, etwa durch verunreinigte Spritzen, Tätowierungen oder Piercing. Eine Impfung gibt es bislang nicht. Nach einer akuten Infektion geht die Krankheit bei etwa 50 bis 80 Prozent der Patienten in ein chronisches Stadium über. Insbesondere bei älteren Menschen kann nach einer längeren Infektion eine Leberzirrhose auftreten. Nach 10 bis 20 Jahren chronischer Infektion steigt außerdem das Risiko, Leberkrebs zu entwickeln.

Die aktuelle Therapie mit Interferon-Alfa in Kombination mit dem antiviralen Medikament Ribavirin kann das Virus bei 50 bis 60 Prozent der therapierten Patienten dauerhaft eliminieren. Die Therapie ist jedoch insgesamt sehr Zeit- und Kosten aufwendig und auch mit Nebenwirkungen verbunden. Patienten mit zusätzlichen Risikofaktoren können nicht therapiert werden oder müssen die Therapie vorzeitig abbrechen.

Als neue Medikamente sind Wirkstoffe in der klinischen Prüfung, die in den Vermehrungszyklus des HCV eingreifen und dafür notwendige Virusenzyme spezifisch hemmen. Sie werden vor allem in der Kombination mit den bewährten Anti-HCV-Medikamenten geprüft. Dadurch soll die Therapiedauer verkürzt werden, eventuell auch die Dosierung von Interferon-Alfa und Ribavirin gesenkt werden. Vor allem aber hoffen Hepatologen, mit solchen Kombinationstherapien mehr Patienten dauerhaft heilen zu können.

Interdisziplinäre Forschung von Hepatologen, Pharmakologen und Mathematikern ist bei der Beurteilung des Therapieerfolgs von entscheidender Bedeutung. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der mathematischen Modellierung einer Virusinfektion in einzelnen Patienten oder, noch fokussierter, die Vermehrungsprozesse des HCV auf zellulärer Ebene. Daran arbeiten Forscher der Goethe-Universität in Frankfurt zusammen mit Kollegen der Universität des Saarlandes und dem Max-Planck-Institut für Informatik in Saarbrücken im Rahmen eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekts. Mathematische Modelle sollen den Virusabfall während einer antiviralen Therapie - die Viruskinetik - analysieren. Die experimentelle Grundlage für die Entwicklung und Anpassung dieser Modelle bilden Blutuntersuchungen. Daraus lässt sich der HCV über seine Erbinformation (die HCV-RNA) direkt nachweisen.

Schon kurz nach Beginn der Therapie sind erste Schlüsse über Art und Ausmaß ihrer Wirkungen möglich. Durch einen Vergleich der Viruslast vor Beginn der Therapie mit dem Virusabfall nach vier oder zwölf Therapiewochen lässt sich der Therapieerfolg vorhersagen. Noch effektiver ist die Auswertung mehrerer Quantifizierungen der HCV-RNA während der ersten Therapiewochen mithilfe mathematischer "Kompartiment"-Modelle.

Werden parallel verschiedene Klassen von Virusvarianten modelliert, lassen sich auch Resistenzen bei der Modellierung der Viruskinetik berücksichtigen, was für die aktuellen Kombinationstherapien mit Hemmstoffen für Virusenzyme besonders aufschlussreich ist. Mithilfe solcher Modelle ist prognostizierbar, welche Kombinationstherapien im Hinblick auf Effizienz, Resistenzentwicklung und das dauerhafte Ansprechen besonders erfolgversprechend sind und deshalb in der klinischen Forschung weiter untersucht werden sollten.


Informationen:
Prof. Eva Herrmann
Institut für Biostatistik und Mathematische Modellierung
E-Mail: herrmann@med.uni-frankfurt.de.

Prof. Stefan Zeuzem
Medizinische Klinik I
E-Mail: stefan.zeuzem@kgu.de.

Die Goethe-Universität ist eine forschungsstarke Hochschule in der europäischen Finanzmetropole Frankfurt am Main. 1914 von Frankfurter Bürgern gegründet, ist sie heute eine der zehn größten Universitäten Deutschlands. Am 1. Januar 2008 gewann sie mit der 4Rückkehr zu ihren historischen Wurzeln als Stiftungsuniversität ein einzigartiges Maß an Eigenständigkeit. Rund um das historische Poelzig-Ensemble im Frankfurter Westend entsteht derzeit für rund 600 Millionen Euro der schönste Campus Deutschlands. Mit über 50 seit 2000 eingeworbenen Stiftungs- und Stiftungsgastprofessuren nimmt die Goethe-Universität den deutschen Spitzenplatz ein. In drei Forschungsrankings des CHE in Folge und in der Exzellenzinitiative zeigte sie sich als eine der forschungsstärksten Hochschulen.

Herausgeber:
Der Präsident
Abteilung Marketing und Kommunikation
Postfach 11 19 32, 60054 Frankfurt am Main

Redaktion:
Dr. Anne Hardy
Referentin für Wissenschaftskommunikation
E-Mail hardy@pvw.uni-frankfurt.de
Internet: www.uni-frankfurt.de

Weitere Informationen finden Sie unter:
http://www.forschung-frankfurt.uni-frankfurt.de/dok/2009_01/6Herrmann_Seite_49_53.pdf

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution131


*


Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Goethe-Universität Frankfurt am Main, Dr. Anne Hardy, 14.04.2009
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. April 2009