Schattenblick →INFOPOOL →MEDIZIN → FAKTEN

FORSCHUNG/2094: Braune Fettzellen lassen Fettpölsterchen schmelzen (idw)


Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn - 01.12.2009

Braune Fettzellen lassen Fettpölsterchen schmelzen


Die Natur hat den Menschen mit einem speziellen Heizaggregat ausgestattet, den braunen Fettzellen. Ihr einziger Sinn ist es, Fett zu verbrennen und so Wärme zu erzeugen. Forscher der Universität Bonn haben nun einen neuen Signalweg gefunden, der die Produktion und Funktion brauner Fettzellen anregt. Sie schlagen vor, das natürliche Heizaggregat zu nutzen, um unerwünschte Fettpölsterchen einfach zu "verbrennen". An der Studie waren auch Wissenschaftler aus Heidelberg, Köln, Martinsried und des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) beteiligt. Die Ergebnisse erscheinen am 1.12. in der Zeitschrift Science Signaling (doi: 10.1126/scisignal.2000511).

Braunes Fettgewebe unterscheidet sich von weißen Fettpölsterchen: Es enthält massenhaft so genannte Mitochondrien, Minikraftwerke, die unter anderem Fett "verbrennen" können. Normalerweise erzeugen sie dabei ähnlich wie eine Batterie eine Spannung, die wiederum die Energie für zelluläre Prozesse liefert. Die Mitochondrien der braunen Fettzellen haben jedoch einen Kurzschluss: Sie laufen permanent auf Hochtouren; die Energie, die beim Abbau des Fetts frei wird, verpufft bei ihnen als Wärme.

"Das ist auch so gewollt", erklärt Professor Dr. Alexander Pfeifer vom Pharmazentrum Bonn. "Braunes Fett wirkt wie ein natürliches Heizaggregat. Säuglinge etwa würden ohne diesen Mechanismus sehr schnell auskühlen." Bislang dachte man, dass braunes Fett nur in Neugeborenen vorkommt und mit dem Alter verloren geht. In diesem Jahr konnten jedoch verschiedene Gruppen nachweisen, dass das nicht stimmt: Auch Erwachsene haben demnach in ihrer Nackenregion ein braunes Fettdepot. Bei stark übergewichtigen Personen ist dieses Depot aber nur wenig aktiv oder fehlt ganz.


PKG schaltet die Heizung an

Die Forscher aus Bonn, Heidelberg, Köln, Martinsried und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) konnten nun zeigen, welche Signale den Körper zur Produktion brauner Fettzellen anregen. Eine Schlüsselrolle übernimmt dabei ein Signalweg, der von dem Enzym PKG gesteuert wird. Dieser Signalweg bewirkt, dass sich die Stammzellen des Fettgewebes zu braunen Fettzellen entwickeln. Dazu schaltet er die massenhafte Produktion von Mitochondrien an und sorgt für die Bildung von UCP - das ist die Substanz, die den Kurzschluss hervorruft. "Wir konnten zudem zeigen, dass PKG braune Fettzellen für Insulin empfindlich macht", erklärt Pfeifer. "PKG steuert also auch, wie viel Fett überhaupt verbrannt wird."

Mäuse ohne PKG haben eine niedrigere Körpertemperatur, wie die Forscher mit einer Thermokamera zeigen konnten. Insbesondere fehlt den Tieren im Thermokamera-Bild der "Energiefleck" zwischen den Schulterblättern - also dort, wo normalerweise das braune Fett aktiv ist.


Fett mit Fett bekämpfen

Die Forscher vermuten, dass eine Störung des braunen Fettgewebes bei Erwachsenen zu Übergewicht führen kann. Könnte man bei ihnen das "natürliche Heizaggregat" wieder anschalten, dürfte es mit den unerwünschten Fettpölsterchen rasch vorbei sein: 50 Gramm aktives braunes Fettgewebe reichen nach Schätzungen aus, um den Ruheenergieverbrauch um 20 Prozent in die Höhe zu treiben. "Bei gleicher Ernährung und Aktivität würden die Fettreserven um fünf Kilo pro Jahr abschmelzen", erläutert der Bonner Pharmakologe. "Das macht unsere Ergebnisse natürlich auch aus therapeutischer Sicht interessant: Indem wir den PKG-Signalweg im braunen Fett aktivieren, wollen wir gewissermaßen Fett mit Fett bekämpfen."


Kontakt:
Professor Dr. Alexander Pfeifer
Institut für Pharmakologie und Toxikologie
Universität Bonn
E-Mail: alexander.pfeifer@uni-bonn.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution123


*


Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
Frank Luerweg, 01.12.2009
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Dezember 2009