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STUDIE/535: Weibliche Teenager sind offen für Alternativen zur Antibabypille (Thieme)


Thieme Verlag - FZMedNews - 30. Oktober 2018

Weibliche Teenager sind offen für Alternativen zur Antibabypille


fzm, Stuttgart, Oktober 2018 - Laut einer Umfrage verschreiben Frauenärzte weiblichen Teenagern zur Empfängnisverhütung hauptsächlich die Antibabypille. Wie sie wirkt, wissen jedoch bei Weitem nicht alle jungen Frauen, und auch die Sorgfalt bei der Einnahme ist schlechter, als Gynäkologen es vermutet hatten. Über alternative Methoden, wie dem Vaginalring oder einer Langzeitverhütung mit Hormonspirale sind die Jugendlichen kaum informiert, wie in der Fachzeitschrift „Geburtshilfe und Frauenheilkunde“ (Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2018) zu lesen ist. Gynäkologen empfehlen sie seltener, obwohl sich die jungen Patientinnen sehr wohl für andere Möglichkeiten interessieren.

Für die deutsche Studie „Thinking About Needs in COntraception“ (TANCO) wurden über 18000 Patientinnen und deren betreuende Frauenärzte online nach der aktuellen Form der Verhütung und der Zufriedenheit hiermit befragt. Darüber hinaus gibt die Untersuchung Auskunft darüber, wie es um den Wissensstand zu einzelnen Verhütungsmöglichkeiten bestellt ist, und ob die Patientinnen sich gut durch ihre Ärzte beraten fühlen. Für den aktuellen Beitrag in der Fachzeitschrift „Geburtshilfe und Frauenheilkunde“ hat Privatdozentin Dr. med. Patricia G. Oppelt von der Frauenklinik des Universitätsklinikums Erlangen gemeinsam mit Kollegen die Antworten von rund 2700 Teilnehmerinnen im Alter zwischen 14 und 19 Jahren ausgewertet. Dabei berücksichtigten sie auch die Aussagen der betreuenden Gynäkologen.

90 Prozent der Heranwachsenden verwendeten nach eigenen Angaben die Pille. „Für Teenager zweifellos eine gute Wahl“, erklärt Oppelt. Voraussetzung sei allerdings, dass die jungen Frauen die Pille auch zuverlässig, das heißt täglich und zur gleichen Zeit, einnehmen. Die Ergebnisse der Umfrage lassen daran jedoch Zweifel aufkommen. Insgesamt 35 Prozent von ihnen erinnerten sich, dass sie die Einnahme im letzten Vierteljahr ein- oder zweimal vergessen hatten. Weitere 11 Prozent gaben an, sie schon über einen längeren Zeitraum vergessen zu haben.

Die Teenager waren damit unzuverlässiger, als die befragten Frauenärzte vermutet hatten. Die Gynäkologen waren überwiegend der Meinung, dass ihre Patientinnen wissen, dass sie die Pille täglich einnehmen müssen, um eine Schwangerschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit zu vermeiden, und dementsprechend sorgsam handeln.

Etwa zwei Drittel der Teenager waren zudem der Ansicht, dass sie gut über die Pille informiert seien. Die genauere Befragung offenbarte dann jedoch gravierende Wissenslücken. So gaben nur 43 Prozent korrekt an, dass das ihnen verordnete Hormonpräparat den Eisprung verhindert. „Die meisten Teenager wissen offenbar nicht, was die Pille in ihrem Körper bewirkt“, stellt Dr. Oppelt fest.

Auch über Alternativen waren die meisten Teenager schlecht informiert. Sie konnten zwar im Durchschnitt etwas mehr als fünf Verhütungsmethoden benennen, doch wie Vaginalring, Kupfer- oder Hormonspirale funktionieren, war den wenigsten klar. Dass der Vaginalring wie die Pille den Eisprung durch Abgabe von Hormonen in den Blutkreislauf verhindert, wussten nur 21 Prozent. Bei der Kupferspirale waren die Auswirkungen auf die Monatsblutungen weitgehend unbekannt. Fragen zur Hormonspirale beantworteten sogar 80 Prozent falsch.

Dabei waren die jungen Frauen durchaus an Alternativen zur Pille interessiert. Zwei Drittel (68 Prozent) erklärten, dass Langzeitverhütungsmethoden, aber auch der Vaginalring für sie eine Option sein könnten. Demgegenüber erklärten nur 18 Prozent der Frauenärzte, dass sich die jungen Frauen für die Möglichkeiten interessieren könnten. Hier ist nach Ansicht von Dr. Oppelt ein Umdenken erforderlich. Gynäkologen sollten im Sinne einer gemeinsamen Entscheidungsfindung mehr auf die Wünsche der Ratsuchenden eingehen und nach Risikoabwägung individueller über mögliche Verhütungsmethoden beraten.

P. G. Oppelt et al.:

Verhütungssituation von Adoleszentinnen in Deutschland

Geburtshilfe und Frauenheilkunde 2018; 78 (10); S. 999–1007

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Quelle:
FZMedNews - 30. Oktober 2018
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. November 2018

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