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MELDUNG/839: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 22.05.15 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen

→ Berliner Institut für Gesundheitsforschung
      fördert Transferprojekte zu neuen Wirkstoffen und Diagnosemethoden
→ Asklepios Westklinikum Rissen:
      Neue OP-Verschlussmethode bei Bandscheibenvorfalloperation
→ Die Anatomie als Glücksfall
→ Den Menschen helfen, gesünder zu essen


Berliner Institut für Gesundheitsforschung / Berlin Institute of Health - 20.05.2015

BIH fördert Transferprojekte zu neuen Wirkstoffen und Diagnosemethoden

Forscherinnen und Forscher des Berliner Instituts für Gesundheitsforschung/Berlin Institute of Health (BIH) entwickeln neue Wirkstoffe zur Therapie von Krebs und Alzheimer. Diese beiden Vorhaben sowie zwei Projekte, in denen es um neue Diagnosemethoden geht, werden vom BIH mit jeweils 50.000 Euro gefördert. Ziel dieser Förderung: innovative Erkenntnisse der translational und systemmedizinisch orientierten Forschung schneller in diagnostische und therapeutische Ansätze zu überführen.

Der Weg von der Grundlagenforschung zum wirksamen Medikament ist oft lang - und kostenintensiv. Hier setzt der BIH-Technologietransferfonds Pharma an: Vielversprechende BIH-Forschungsvorhaben werden gefördert, die ein kommerzielles oder klinisches Innovationspotenzial haben und bei denen Belege für eine wirtschaftliche Verwertung noch fehlen. Die Förderung der vier Projekte, die jetzt ausgewählt wurden, soll einer entsprechenden Validierung dienen.

In jeweils einem Projekt entwickeln BIH-Forscherinnen und -Forscher neue Wirkstoffe, die zur Behandlung von Krebs und Alzheimer eingesetzt werden könnten. Erich Wanker (Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin, MDC) wird bei der Suche nach einem Wirkstoff im Kampf gegen Alzheimer unterstützt. Der Wirkstoff zum Einsatz gegen Krebs, an dem Claus Scheidereit (MDC) in seinem vom BIH geförderten Projekt arbeitet, soll insbesondere dabei helfen, die Wirksamkeit von Chemo- und Bestrahlungstherapien zu verbessern. Diese Therapien aktivieren bestimmte zelluläre Signalwege, was im Rahmen der Krebsbehandlung unerwünscht ist, da dies den erwünschten Zelltod verhindert. Ziel ist es, weitere Wirkstoffkandidaten zu charakterisieren, die diese Signalwege selektiv blockieren können.

Zwei weitere Projekte, die mit dieser auf den Transfer wissenschaftlicher Innovationen in anwendbare Medizinprodukte ausgerichteten Förderlinie unterstützt werden, zielen auf neue Diagnosemethoden ab und beschäftigen sich mit Wegen, zirkulären RNAs sowie Autoantikörpern bei chronischer Herzmuskelschwäche auf die Spur zu kommen.

Zirkuläre RNAs sind u. a. an der Regulation der Genexpression beteiligt. Über das medizinische Potenzial von zirkulären RNAs gibt es zurzeit noch wenig Wissen; möglich wäre, sie als diagnostische Biomarker bei der Detektion verschiedener Krankheiten zu nutzen. So wird auch das vom BIH geförderte Projekt unter der Leitung von Nikolaus Rajewsky und Sebastian Memczak (MDC) eine mögliche diagnostische Anwendung von zirkulären RNAs testen. Autoantikörper werden bei Autoimmunerkrankungen gebildet. Bindet ein Autoantikörper an einen Rezeptor einer Zelle, kann dieser dauerhaft aktiviert und die Zelle - zum Beispiel eine Muskelzelle - auf lange Sicht geschädigt werden. Beim Herzmuskel führt dies zu einer dauerhaft reduzierten Herzfunktion. Lutz Schomburg (Charité) sucht in seinem geförderten Projekt nach Wegen, um diese Autoantikörper spezifisch nachzuweisen und dadurch die Diagnostik und Therapie zu verbessern.

Die vier vom BIH-Technologietransferfonds Pharma 2015 geförderten Projekte wurden Ende April 2015 von einer externen Expertenkommission in Rahmen eines zweistufigen Verfahrens ausgewählt. Das Ziel dieser Fördermaßnahme: dazu beizutragen, dass Ergebnisse der translational und systemmedizinisch orientierten Forschung des BIH schneller in diagnostische und therapeutische Methoden überführt werden können. Antragsberechtigt waren Forscherinnen und Forscher der Charité - Universitätsmedizin Berlin und des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin (MDC).

* Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.bihealth.org

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution1860

Quelle: Berliner Institut für Gesundheitsforschung / Berlin Institute of Health, Alexandra Hensel, 20.05.2015

Raute

Asklepios Kliniken Hamburg GmbH - 19.05.2015

Asklepios Westklinikum Rissen: Neue OP-Verschlussmethode bei Bandscheibenvorfalloperation

Mit einem neuen Implantat lassen sich Bandscheibenvorfälle dauerhaft verhindern. Das ergab eine weltweite Studie, an der auch Spezialisten im Asklepios Westklinikum in Hamburg beteiligt sind. Das Prinzip: Der beschädigte Fasserring, der die Bandscheibe in Form hält, wird durch ein neues kleines Implantat verschlossen. Ein Wiederauftreten der Rückenbeschwerden kann auf diese Weise verhindert werden. Es bietet einen Ausweg aus einem bekannten Dilemma bei konventionellen Bandscheibenoperationen: gallertartige Kern der Bandscheibe in Teilen belassen, kann es zu einem neuen Bandscheibenvorfall kommen. Wird der Kern komplett entfernt, verschleißt der Knochen schneller.

"Wir sind an einer internationalen Studie mit 550 Patienten beteiligt. Bislang gab es noch keinen einzigen Fall, bei dem ein erneuter Bandscheibenvorfall aufgetreten wäre oder eine weitere Operation erforderlich gewesen wäre", sagt Dr. Hans-Peter Köhler, Chefarzt der Abteilung für Wirbelsäulenchirurgie / Neurochirurgie im Asklepios Westklinikum Hamburg. "Das Problem bei Bandscheibenvorfällen sind Risse im Faserring, der den Gallertkern umschließt. Wenn der Fasserring beschädigt ist, kann immer wieder Bandscheibengewebe durch den Riss austreten und auf die Nervenwurzeln drücken. Mit dem neuen, Barricaid genannten Verfahren können wir diesen Einriss verschließen", so Köhler weiter.

Ein weiterer Vorteil ist, dass bei einer Operation die Bandscheibe des Patienten nicht entfernt werden muss und dadurch der weitere Verlauf nach der Operation, was Beweglichkeit und Schmerzen angeht, deutlich besser ist, als bei bisherigen Operationsmethoden. Tatsächlich bestätigen die bisherigen Ergebnisse aus dem klinischen Alltag diese Annahme: Es kommt zu keinem Absinken zwischen den Wirbeln. Die Patienten aus 21 Zentren in fünf Ländern sind nach der OP schmerzgelindert und benötigen keinen weiteren Eingriff. Zum Vergleich: Beim konventionellen Verfahren treten bei bis zu acht Prozent der Patienten erneut ein Bandscheibenvorfall / Rezidivvorfall auf. Ferner kommt es bei den meisten Patienten, bei denen die Bandscheibe entfernt wurde, zu chronischen Rückenschmerzen.

In Hamburg wird das Verfahren bislang nur in Rissen angewandt. Voraussetzung ist, dass noch mindestens fünf Millimeter an Bandscheibenhöhe erhalten sind. "Für die Patienten ergeben sich viele Vorteile", so Dr. Köhler, der an der Studie großen Anteil hatte. "Wir vermeiden Folgeoperationen, die Patienten haben weniger Schmerzen und sie nehmen weniger Schmerzmittel ein." Das Implantat, das eine so große Wirkung für die rückenschmerzgeplagten Patienten hat, ist gerade mal einen halben Quadratzentimeter groß und aus Kunststoff. Mit einem Titananker wird es fixiert. Von den bis zu 3000 Bandscheibenpatienten in Hamburg profitieren am meisten diejenigen davon, bei denen ein besonders hohes Risiko besteht, dass es beim herkömmlichen Verfahren zu chronischen Schmerzen oder einem erneuten Bandscheibenvorfall kommen könnte.

* Weitere Informationen finden Sie unter
https://www.youtube.com/watch?v=p7mzHJDeDkQ
http://www.asklepios.com
http://www.facebook.com/asklepioskliniken
http://www.youtube.com/asklepioskliniken

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter:
http://idw-online.de/de/image262000
Mit dem Implantat wird der defekte Faserring der Bandscheibe verschlossen, so dass keine weitere Substanz des Gallertkerns austreten kann.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution586

Quelle: Asklepios Kliniken Hamburg GmbH - 19.05.2015

Raute

Julius-Maximilians-Universität Würzburg - 19.05.2015

Die Anatomie als Glücksfall

Gabriela Krasteva-Christ ist neue Professorin am Institut für Anatomie und Zellbiologie der Universität Würzburg. Im Mittelpunkt ihrer Forschung stehen Zellen, die Bitterstoffe schmecken können - allerdings nicht auf der Zunge, sondern beispielsweise in der Schleimhaut der Atemwege.

Ein unscheinbarer Nebensatz in einer Publikation hat den Anstoß für Gabriela Krasteva-Christs wissenschaftliche Karriere gegeben. "In dieser Arbeit haben Forscher aus Italien Bürstenzellen beschrieben, die in der Schleimhaut sitzen. In einem Nebensatz haben sie den Verdacht geäußert, dass diese Zellen möglicherweise dazu in der Lage sind, Reize von außen wahrzunehmen", erzählt Krasteva-Christ. Diese Vermutung hatte der jungen Wissenschaftlerin keine Ruhe gelassen. Seitdem forscht sie intensiv an diesen Zellen - und hat den Verdacht ihrer italienischen Kollegen vor ein paar Jahren bestätigen können. Seit Februar dieses Jahres führt Krasteva-Christ ihre Arbeiten als Professorin für Anatomie und Zellbiologie an der Medizinischen Fakultät der Universität Würzburg fort.

Wie die Atemwege Eindringlinge abwehren

"Die Schleimhäute der Atemwege bilden eine Barriere zwischen dem Körperinneren und unserer Umwelt und stehen somit im Kontakt mit vielen potenziellen Krankheitserregern, beispielsweise Bakterien, Viren oder giftigen Substanzen", erklärt Krasteva-Christ. Wie sie zeigen konnte, übernehmen Bürstenzellen bei der Abwehr dieser unerwünschten Eindringlinge eine wichtige Funktion. "Bürstenzellen besitzen alle Proteine, die in den Geschmacksknospen der Zunge zur Wahrnehmung von Bitterstoffen nötig sind", sagt die Wissenschaftlerin. Das passt, weil viele schädliche Substanzen und bakterielle Produkte, die der Kommunikation zwischen Bakterien dienen, einen bitteren Geschmack besitzen.

Bürstenzellen "schmecken" also die Gefahr und setzen dann einen Prozess in Gang, der ein weiteres Eindringen der Schädlinge verhindern soll: Sie schütten den Botenstoff Acetylcholin aus und stimulieren damit Nervenfasern, die zum Gehirn führen. In der Folge verlangsamt der Organismus die Atmung und bremst so das weitere Vordringen der unerwünschten Substanzen. Gleichzeitig steigert die Schleimhaut die Absonderung von Flüssigkeit; winzige Härchen, die sogenannten Cilien, schlagen vermehrt - all das hat zur Folge, dass Krankheitserreger schneller wieder aus der Lunge heraus transportiert werden.

Sogenannte "chemosensorische Zellen" finden sich nicht nur in den Atemwegen. Gabriela Krasteva-Christ konnte sie auch an weiteren Körpereintrittspforten nachweisen, etwa in der Harnröhre, im Mittelohr oder in der Bindehaut des Auges. Anscheinend handelt es sich dabei um einen grundlegenden Mechanismus, mit dem ein Organismus Schleimhautoberflächen kontrolliert.

Werdegang von Gabriela Krasteva-Christ

Für einen Laien mag der wissenschaftliche Werdegang von Gabriela Krasteva-Christ überraschend aussehen. 1977 in Gabrovo in Bulgarien geboren, nahm sie 1997 das Studium der Tiermedizin an der Thrakischen Universität in Stara Zagora, Bulgarien, auf. 2001 war Krasteva-Christ eine der ersten Stipendiatinnen ihrer Universität, die für zwei Semester ins Ausland wechseln durfte - an die Justus-Liebig-Universität in Gießen. Dorthin ging sie nach ihrem Examen auch wieder zurück: Mit einem Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft forschte sie von 2003 bis 2006 im Gießener Graduiertenkolleg "Biologische Grundlagen der vaskulären Medizin". Für ihre Doktorarbeit bekam sie die Dissertationsauszeichnung der Uni Gießen verliehen.

Eine Tiermedizinerin, die Professorin in der Humanmedizin wird: Ist das nicht etwas ungewöhnlich? "Nein, überhaupt nicht. Das kommt in der Anatomie sogar recht häufig vor", sagt Gabriela Krasteva-Christ. Im Vergleich zu anderen Naturwissenschaftlern, die ähnliche Wege einschlagen, seien Veterinärmediziner sogar im Vorteil: Sie kennen sich immerhin schon mit der Anatomie von Lebewesen aus, und das sogar über mehrere Gattungen hinweg.

Den Wechsel in die Anatomie und in die Wissenschaft empfindet Gabriela Krasteva-Christ heute als "großes Glück". Die Nähe zum Menschen sowie zur Klinik und die Zusammenarbeit mit anderen Fächern wie Biochemie oder Physiologie haben es ihr angetan. Außerdem habe sie auf diese Weise das Gefühl, "etwas bewirken zu können" - mehr jedenfalls im Vergleich zu ihrem ursprünglichen Ziel "Tierärztin".

Freude am Kontakt zu den Studierenden

Ganz besonders schätzt sie den engen Kontakt zu den Studierenden in der Anatomie. "Wir begleiten die Medizinstudenten über vier Semester hinweg und erleben ihre Veränderung - eben fast noch Schüler und dann irgendwann erfahrene Studenten", sagt sie. Außerdem seien die meisten Studierenden sehr interessiert: "Die wollen unbedingt Anatomie lernen!" Ein idealer Zustand für eine Dozentin, die Freude daran hat, Wissen zu vermitteln.

Gabriela Krasteva-Christ forscht nicht nur an Bürstenzellen. Darüber hinaus untersucht sie, wie das Nervensystem die Funktion der Atemwege steuert. Kommt es in diesen Prozessen zu Störungen, können schwerwiegenden Erkrankungen, wie Asthma bronchiale und chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) die Folge sein. Die Anatomin interessiert sich vor allem für die Kommunikation zwischen dem Nervensystem und den Zielzellen - bestimmten Muskelzellen sowie Zellen der Schleimhaut. In dem komplizierten Wechselspiel seien viele Details heute noch nicht verstanden, sagt sie.

Mehrfache Auszeichnungen

Für ihre Arbeiten wurde Gabriela Krasteva-Christ mehrfach ausgezeichnet. Unter anderem erhielt sie den renommierten Polak Jung Investigator Award (2011) der Association for Chemoreception Sciences (USA) und den Wolfgang-Bargmann-Preis der Anatomischen Gesellschaft sowie den Vortragspreis beim "Third International Symposium on Non-neuronal Acetylcholine" (Groningen, 2011) verliehen. 2013 wurde sie mit dem Von-Behring-Röntgen-Nachwuchspreis für herausragende Leistungen in der Medizin ausgezeichnet.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution99

Quelle: Julius-Maximilians-Universität Würzburg - 19.05.2015

Raute

Friedrich-Schiller-Universität Jena - 19.05.2015

Den Menschen helfen, gesünder zu essen

Ausgezeichnete Ernährungsforschung in Mitteldeutschland: Universitäten Jena, Halle und Leipzig bauen mit "nutriCARD" einen Kompetenzcluster für Ernährung und kardiovaskuläre Gesundheit auf

Mit Beginn der warmen Jahreszeit hat auch die Grillsaison begonnen: Neben Fleisch oder Fisch liegt in Mitteldeutschland besonders häufig die traditionelle Rostbratwurst auf dem Grill. Doch das hat seinen Preis, wie Prof. Dr. Stefan Lorkowski von der Friedrich-Schiller-Universität Jena weiß. "Die Bratwurst ist wie die meisten anderen Wurstsorten besonders reich an Fett und enthält vor allem gesättigte Fettsäuren", warnt er. Das mache Wurst nicht nur zu einer Kalorienbombe. "In großen Mengen verzehrt, steigern gesättigte Fette das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen", so der Ernährungswissenschaftler. Bereits heute stellen Herz-Kreislauf-Erkrankungen die Haupttodesursache in Deutschland und Europa dar, wobei die Fälle in Mitteldeutschland noch einmal deutlich über dem bundesdeutschen Durchschnitt liegen.

Bei der Prävention dieser Erkrankungen kommt der Ernährung eine Schlüsselrolle zu. Um die Zusammenhänge zwischen Ernährung und kardiovaskulären Erkrankungen besser verstehen und neue Lebensmittel und Ernährungsstrategien entwickeln zu können, welche die Gesundheit der Bevölkerung langfristig verbessern, haben die drei mitteldeutschen Universitäten Jena, Halle und Leipzig einen Kompetenzcluster initiiert. Der Verbund mit dem Namen "nutriCARD" nimmt in diesem Monat seine Arbeit auf und wird in den kommenden sechs Jahren die Forschungsaktivitäten der drei Hochschulen in diesem Bereich bündeln und koordinieren. Zum Steuerungsgremium von nutriCARD gehören neben dem Koordinator Prof. Dr. Lorkowski von der Universität Jena noch Prof. Dr. Gabriele Stangl (Universität Halle-Wittenberg) und Prof. Dr. Peggy Braun (Universität Leipzig). Die nutriCARD-Forscher kooperieren zudem mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen, regionalen Partnern der Lebensmittel- und Agrarwirtschaft sowie Multiplikatoren aus dem Bereich der Ernährungskommunikation. Der Cluster wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) in den ersten drei Jahren mit insgesamt knapp fünf Millionen Euro gefördert. Die Fördermaßnahme ist Teil eines Aktionsplans "Präventions- und Ernährungsforschung: Forschung für ein gesundes Leben" der Bundesregierung mit dem Ziel, die ernährungsrelevanten Kompetenzen von Hochschulen, außeruniversitären Forschungseinrichtungen, sowie der Wirtschaft zusammenzuführen, um die Profilbildung und Entstehung von Synergien für exzellente, international wettbewerbsfähige Forschung zu unterstützen. Auf diese Weise sollen wissenschaftliche Erkenntnisse effektiver in die Praxis umgesetzt werden, um den Gesundheitsstatus der Bevölkerung in Deutschland zügiger zu verbessern.

"Wir werden gemeinsam an drei Säulen arbeiten", erläutert Prof. Braun, von der Universität Leipzig und Mitinitiatorin des Vorhabens. Die Entwicklung und Herstellung von traditionellen Lebensmitteln mit veränderter Rezeptur bildet die erste Säule. Durch den Austausch der herkömmlichen Varianten im täglichen Speiseplan soll die Herzgesundheit der Bevölkerung nachhaltig verbessert werden. "Dabei geht es sprichwörtlich um die Wurst", so Prof. Braun. Um etwa die traditionelle Thüringer Bratwurst "gesünder" zu machen, wollen die Forscher die enthaltenen tierischen Fette teilweise durch pflanzliches Eiweiß oder Ballaststoffe ersetzen, um dadurch den Energie- und Fettgehalt sowie den Anteil an gesättigtem Fett zu reduzieren. Schrittweise sei auch die Entwicklung verbesserter Milchprodukte, Backwaren, Snacks und Fertiggerichte geplant. Entscheidend ist hier vor allem, die verbesserten Produkte so zu entwickeln, dass sie geschmacklich mindestens ebenso gut wie das Original sind, damit der Verbraucher das Lebensmittel auch akzeptiert. Das sei eine lebensmitteltechnologische Herausforderung, sind sich die Clusterkoordinatoren einig.

Die zweite nutriCARD-Säule ist den Grundlagen und Mechanismen der Erkrankungsprozesse selbst gewidmet. Durch Untersuchungen an Zell- und Tiermodellen sowie in Studien am Menschen sollen die Zusammenhänge zwischen Ernährung, genetischen Faktoren und dem Auftreten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen aufgeklärt werden. Die dritte Säule beschäftigt sich mit der Entwicklung und Umsetzung von Kommunikations- und Bildungskonzepten, die langfristig zu einem gesunden Ernährungs- und Lebensstil beitragen. "Hier besteht besonders in Mitteldeutschland ein großer Bedarf", so Prof. Stangl von der Universität Halle und verweist auf statistische Daten, nach denen in Thüringen und Sachsen-Anhalt besonders viele Kinder mit Übergewicht leben, einem wichtigen Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Um diesem besorgniserregenden Zustand entgegen zu wirken, werden die Forscher im nutriCARD-Projekt u. a. Bildungsprogramme entwickeln, welche sich insbesondere an junge Familien und Kinder richten. Nach Prüfung der Konzepte hinsichtlich ihrer Wirksamkeit ist die Einführung in Kitas und Schulen geplant. In diesem Zusammenhang gehört auch die Erarbeitung von Unterrichtsmaterialien zum Thema "Gesunde Ernährung" zu den Aufgaben von nutriCARD.

Die Förderung durch das BMBF stellt auch eine besondere Auszeichnung für die mitteldeutsche Ernährungsforschung dar, sind sich die Wissenschaftler aus dem Steuerungsgremium von nutriCARD einig. Zu einem von insgesamt nur vier geförderten Kompetenzclustern in Deutschland zu gehören, sei ein Beleg für das immense Potential, das die ernährungswissenschaftliche Forschung in Mitteldeutschland aufweist.

Kontakt:

Prof. Dr. Stefan Lorkowski
Institut für Ernährungswissenschaften
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Dornburger Str. 25, 07743 Jena
E-Mail: stefan.lorkowski[at]uni-jena.de

Prof. Dr. Gabriele I. Stangl
Institut für Agrar- & Ernährungswissenschaften
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Von-Danckelmann-Platz 2, 06120 Halle (Saale)
E-Mail: gabriele.stangl[at]landw.uni-halle.de

Prof. Dr. Peggy G. Braun
Institut für Lebensmittelhygiene
Zentrum für Veterinary Public Health
Universität Leipzig
An den Tierkliniken 1, 04103 Leipzig
E-Mail: pbraun[at]vetmed.uni-leipzig.de

* Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.uni-jena.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution23

Quelle: Friedrich-Schiller-Universität Jena - 19.05.2015

*

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Mai 2015

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