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MELDUNG/250: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 06.12.10 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen


→  Collagen in Tiefseeschwämmen nachgewiesen
      Die Erkenntnisse sollen Implantate für den Menschen robuster machen
→  Ansätze für Medikamente gegen Alzheimer, Huntington, Parkinson
→  Wundforschung: Defensine gegen diabetische Wunden
→  Neue zentrale Einrichtung zur Entschlüsselung von Genomsequenzen

Raute

Technische Universität Dresden - 03.12.2010

TU-Forscher weist erstmals Collagen in Tiefseeschwämmen nach

Die Erkenntnisse sollen Implantate für den Menschen robuster machen

Forschern der TU Dresden ist es jetzt erstmals gelungen, Collagen in Tiefseeschwämmen nachzuweisen. Das Protein ist bei den mehrzelligen Organismen dafür verantwortlich, dass die untersuchten Glasschwämme extrem widerstandsfähig und biegsam sind. In einer Wassertiefe von fünf Kilometern unter dem Meeresspiegel und bei Temperaturen zwischen Minus 1,5 und Null Grad Celcius wachsen die stangenartigen Schwämme. Sie werden bis zu einem Meter lang. "Auch bei starken Meeresströmungen brechen sie nicht", sagt Dr. Hermann Ehrlich. Er leitet die Gruppe von 27 Wissenschaftlern aus Deutschland, Russland und Großbritannien, die jetzt das Geheimnis hinter den robusten Organismen gelüftet haben. "Bis jetzt war nicht bekannt, dass es überhaupt Collagen in den Schwämmen gibt", sagt er. Dabei bestehen die Glasschwämme aus bis zu 70 Prozent Collagen. Die Erkenntnisse der Forscher sind in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "Nature Chemistry" erstmals veröffentlicht.

Die neuen Erkenntnisse sollen jetzt helfen, Implantate für den menschlichen Körper genauso robust und langlebig zu machen, wie die Schwämme in der Tiefsee. Immerhin gibt es die Glasschwämme schon seit 600 bis 800 Millionen Jahren unverändert. "Das beweist, wie gut angepasst und überlebensfähig diese Collagenstrukturen sind", sagt Hermann Ehrlich. In der weiteren Arbeit will das Team menschliches und tierisches Collagen genauso widerstandsfähig machen, wie das der Tiefseeschwämme. Die neu entwickelten Materialien sollen in Implantaten für den menschlichen Körper zur Anwendung kommen. In zwei bis drei Jahren rechnet Hermann Ehrlich mit den Ergebnissen. "Der Erfolg der Strukturen beim Überleben über Jahre hinweg ist in der Natur bewiesen", sagt er, "das wollen wir jetzt in der Medizin nutzen."

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.chm.tu-dresden.de/anc1/

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution143

Quelle: Technische Universität Dresden, Kim-Astrid Magister, 03.12.2010

Raute

Ruhr-Universität Bochum - 03.12.2010

Ansätze für Medikamente gegen Alzheimer, Huntington, Parkinson

Aus den USA zurück an die RUB
Dr. Simon Ebbinghaus erhält NRW-Rückkehrerstipendium

Aus den USA kehrt der Biochemiker Dr. Simon Ebbinghaus zurück an seine "alte" Uni in Bochum. Als Stipendiat im Rückkehrerprogramm des Ministeriums für Innovation, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen baut er am Lehrstuhl für Physikalische Chemie II (Prof. Dr. Martina Havenith-Newen) eine eigene Arbeitsgruppe auf. Die Förderung beträgt bis zu 1,25 Mio. Euro für fünf Jahre. Im Mittelpunkt seiner Forschung stehen die falsche Faltung von Proteinen und ihre Verklumpung (Aggregation) in Zellen.

Diese Mechanismen, die Erkrankungen wie Alzheimer, Huntington oder Parkinson zugrunde liegen, untersucht Dr. Ebbinghaus am Modellsystem Huntingtin. Die Ergebnisse könnten einen neuen Ansatzpunkt für Medikamente gegen neurodegenerative Erkrankungen liefern.

Unnatürliche Bedingungen im Experiment

Normalerweise werden Struktur, Dynamik und Funktionsweise von Biomolekülen in Experimenten außerhalb der Zelle untersucht. Die Moleküle befinden sich dann in Kristallen oder verdünnten Pufferlösungen. Diese Bedingungen sind aber sehr anders als die in der Zelle: Dort sind die Moleküle sehr dicht gepackt, was auch Einfluss auf ihre Funktion haben kann. "Um sie vollständig zu verstehen, muss man sie sich also in ihrer natürlich Umgebung, also in der Zelle ansehen", erklärt Dr. Ebbinghaus.

Patent angemeldet: Beobachtungen in der Zelle möglich

Er hat mit einer Arbeitsgruppe an der University of Illinois (Urbana-Champaign, USA) eine Methode entwickelt und zum Patent angemeldet, die das ermöglicht. Mit einer Kombination aus Mikroskopie und schnellem Temperatursprung konnten die Forscher die Stabilität und Faltung von Proteinen in lebenden Zellen mit hoher zeitlicher und räumlicher Auflösung verfolgen. "Wir konnten zeigen, dass sich die Struktur des Enzyms Phosphoglyceratkinase in der Zelle deutlich von der Kristallstruktur unterscheidet", erläutert er. "Zum Beispiel ist in der Zelle eine wiederholte gelenkartige Bewegung des Enzyms für die Herstellung des éZellkraftstoffsæ ATP, die im Kristall beobachtet wurde, gar nicht nötig: Unter zellulären Bedingungen befinden sich beide daran beteiligten Enzymbereiche bereits in unmittelbarer Nähe zueinander und die Synthese ist 20mal schneller als ursprünglich angenommen." Auch Faltung und Stabilität des Enzyms in der Zelle sind im Vergleich zu verdünnten Pufferlösungen grundlegend verschieden: In der Zelle ist die Faltungsgeschwindigkeit verringert, die Stabilität erhöht. "Unsere Entwicklung ermöglicht es, die Einflüsse der dicht gepackten Zellumgebung auf die Proteinstruktur und -dynamik genau zu ermitteln", so Dr. Ebbinghaus.

Technik verfeinern, Prozesse verstehen

Als Nachwuchsgruppenleiter im Rückkehrerprogramm entwickelt er diese Technik an der Ruhr-Universität weiter, um frühe Phasen der Proteinfehlfaltung und -aggregation in der Zelle zu verstehen. Sie verursachen neurodegenerative Erkrankungen wie Huntington, Parkinson oder Alzheimer. Die Nachwuchsgruppe untersucht, inwieweit Unterschiede innerhalb einer Zelle, einer Zellpopulation und in einem Organismus die Selbstregulation von Proteinen beeinflussen. Außerdem untersuchen die Forscher, wie die Zelle die schädliche Verklumpung von Proteinen durch bestimmte Helferproteine (sog. Chaperone) verhindern kann.

Medikamentenwirkung untersuchen

Im Mittelpunkt der Studien stehen die Stabilität, Fehlfaltung und Aggregation des Proteins Huntingtin, das die Huntingtonæsche Krankheit verursacht. "Wir nehmen an, dass für das Verständnis der krankheitsverursachenden Fehlfaltung die zelluläre Umgebung von entscheidender Bedeutung ist: Der krankmachende Zusammenfall des Proteins zu einer éklumpendenæ, kompakten Struktur könnte in sehr dicht gepackten zellulären Umgebungen begünstigt sein." Die Forscher wollen auch den Einfluss potentieller Medikamente auf frühe Phasen zellulärer Aggregation untersuchen.

Vita Simon Ebbinghaus

Simon Ebbinghaus studierte Biochemie und Chemie an der Ruhr-Universität Bochum (Diplom 2004) und der Universität Oxford (2001/2002) und absolvierte das Grundstudium in Betriebswirtschaftslehre an der Fernuniversität Hagen (2007). Seine Doktorarbeit (Promotion 2007) beschäftigte sich mit der Entwicklung neuer Spektrometer, um mittels Terahertz-Strahlung das Zusammenspiel von Wasser und Proteinen bei verschiedenen biologischen Prozessen zu untersuchen. Als Feodor Lynen-Forschungsstipendiat der Alexander von Humboldt-Stiftung und Stipendiat des National Science Foundation Exzellenz Zentrums für die Physik der lebenden Zelle ging er als Postdoktorand an die University of Illinois in Urbana-Champaign. Dort entwickelte er eine zum Patent angemeldete Methode, um Stabilität und Dynamik von Proteinen direkt in lebenden Zellen mit hoher räumlicher und zeitlicher Auflösung zu messen. 2010 wurde er ins "Junge Kolleg" der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste aufgenommen.

Weitere Informationen
Dr. Simon Ebbinghaus
Lehrstuhl für Physikalische Chemie II der Ruhr-Universität
44780 Bochum
E-Mail: simon.ebbinghaus@rub.de

Redaktion:
Meike Drießen

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter:
http://idw-online.de/pages/de/image130737
Dr. Simon Ebbinghaus

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution2

Quelle: Ruhr-Universität Bochum, Dr. Josef König, 03.12.2010

Raute

Ruhr-Universität Bochum - 03.12.2010

RUB-Wundforscher ausgezeichnet
Defensine gegen diabetische Wunden

Fakultätspreis für die beste Dissertation

Für seine Arbeit über Gentherapie gegen diabetische Problemwunden hat Dr. Malte Spielmann bei der Akademischen Jahresfeier der RUB den Fakultätspreis der Medizin für die beste Promotion erhalten. Dr. Spielmann forscht in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Lars Steinsträßer, Klinik für Plastische Chirurgie und Schwerbrandverletzte des Bergmannsheil, Universitätsklinikum der RUB. Ihr Forschungsschwerpunkt ist die Entwicklung neuer Therapieverfahren bei der Bekämpfung komplizierter Wunden und bösartiger Weichteiltumore.

Defensine gegen diabetische Wunden

Die Untersuchungen für seine Doktorarbeit führte Dr. Spielmann in enger wissenschaftlicher Kooperation mit der Klinik für Plastische Chirurgie der Harvard Medical School (Boston, USA) durch. Im Mittelpunkt seiner prämierten Arbeit stehen Wundinfektionen bei Diabetikern: Bei diesen Patienten sind Problemwunden sehr verbreitet und mit herkömmlichen Antibiotika oft nur schlecht zu behandeln, weil die Erreger resistent sind. Abhilfe könnten künftig so genannte Defensine schaffen, spezielle Verbindungen von Aminosäuren. Diese nützlichen Helfer sind auf den Hautoberflächen bei Mensch und Tier verbreitet und dafür bekannt, dass sie mikrobielle Erreger wirksam bekämpfen. Spielmann hat in seiner Studie gezeigt, dass ein bestimmtes Defensin, das humane Beta Defensin 3, als gentherapeutische Anwendung den Wundheilungsprozess deutlich beschleunigen kann. Zugleich ließ sich das Wachstum gefährlicher Erreger im Versuchsaufbau erheblich reduzieren. Für den Forscher liegt deshalb die Schlussfolgerung nahe, dass ein solches Verfahren möglicherweise zu einer wirksamen Therapieoption entwickelt werden könnte. Dr. Spielmann arbeitet jetzt in der Genetik der Charité und am Max Planck Institut in Berlin und setzt hier seine im Bergmannsheil begonnene wissenschaftliche Laufbahn fort.

Elfte Auflage der Akademischen Jahresfeier der RUB

Die elfte Akademische Jahresfeier der RUB fand statt am 19. November 2010 im Audimax der Ruhr-Universität. Traditionell ehrt die Ruhr-Universität auf ihrer Jahresfeier mit den Preisen an Studierende die besten Absolventinnen und Absolventen aller Fakultäten des vergangenen Jahres.

Weitere Informationen

Prof. Dr. Lars Steinsträßer
Heisenberg-Professor für Molekulare Onkologie und Wundheilung
Berufsgenossenschaftliches Universitätsklinikum Bergmannsheil GmbH
Universitätsklinik für Plastische Chirurgie und Schwerbrandverletzte Handchirurgiezentrum
Operatives Referenzzentrum für Gliedmaßentumore
Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 Bochum
E-Mail: lars.steinstraesser@ruhr-uni-bochum.de

Redaktion:
Robin Jopp

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
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Quelle: Ruhr-Universität Bochum, Dr. Josef König, 03.12.2010

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Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg - 3. Dezember 2010

Neue zentrale Einrichtung zur Entschlüsselung von Genomsequenzen

Für die Forschungsgruppen der Lebenswissenschaften und der Medizin an der Universität Heidelberg gibt es künftig eine Dienstleistungseinrichtung mit moderner Technologie zur Entschlüsselung von Genomsequenzen. Die im BioQuant-Gebäude angesiedelte "CellNetworks Deep Sequencing Core Facility" unterstützt Forscher bei der sogenannten Hochdurchsatzsequenzierung. Diese computergestützte Technik zum Ablesen der exakten Sequenz des Erbguts gilt als nächste Generation der hochleistungsfähigen Genom-Sequenzierung. Die neue Einrichtung wird am Dienstag, 7. Dezember 2010, offiziell eröffnet.

Neue zentrale Einrichtung zur Entschlüsselung von Genomsequenzen Universität Heidelberg richtet Core Facility für Forschungsgruppen in den Lebenswissenschaften ein

Für die Forschungsgruppen der Lebenswissenschaften und der Medizin an der Universität Heidelberg gibt es künftig eine Dienstleistungseinrichtung mit moderner Technologie zur Entschlüsselung von Genomsequenzen. Die im BioQuant-Gebäude angesiedelte "CellNetworks Deep Sequencing Core Facility" unterstützt Forscher bei der sogenannten Hochdurchsatzsequenzierung. Diese computergestützte Technik zum Ablesen der exakten Sequenz des Erbguts gilt als nächste Generation der hochleistungsfähigen Genom-Sequenzierung. Die neue Einrichtung wird am Dienstag, 7. Dezember 2010, offiziell eröffnet.

Eine Core Facility bietet als zentrale Einrichtung spezielle Dienstleistungen für Forschungsprojekte an: Sie stellt Expertise und Geräte für bestimmte komplexe Methoden bereit, die die einzelnen Forschungsgruppen alleine zumeist nicht realisieren könnten. Die CellNetworks Deep Sequencing Core Facility wird vom Exzellenzcluster "Cellular Networks", der Initiative "Heidelberg Molecular Life Sciences" (HMLS) im Rahmen des Zukunftskonzeptes und dem Centre for Organismal Studies finanziert. Sie berät die Nutzer in der Projektplanung, führt die Probenvorbereitung und -sequenzierung durch und unterstützt die Datenauswertung. Ihr Angebot können alle Arbeitsgruppen der Lebenswissenschaften und der beiden Medizinischen Fakultäten der Ruperto Carola in Heidelberg und Mannheim nutzen.

Die Hochdurchsatzsequenzierung soll den Forschungslaboren der Universität Heidelberg neue innovative Projekte ermöglichen. Bei dieser auch als "deep sequencing" bezeichneten Methode wird jeder Genombaustein mehrfach gelesen, um so eine extrem hohe Genauigkeit zu erreichen. Sequenzierungen von Genomen werden beispielsweise genutzt, um krankheitsauslösende Mutationen ausfindig zu machen. Die Methoden an der neuen Core Facility werden in enger Zusammenarbeit mit der GeneCore Facility am European Molecular Biology Laboratory (EMBL) und einer Arbeitsgruppe an der Medizinischen Fakultät Mannheim weiterentwickelt.

Während der Eröffnungsveranstaltung am 7. Dezember präsentieren Prof. Dr. Jochen Wittbrodt, der Vorsitzende des Lenkungsausschusses, und Prof. Dr. Gabriele Petersen, die Leiterin der Einrichtung, das Angebot und die Ausstattung der Core Facility. Außerdem spricht Dr. Vladimir Benes von GeneCore am EMBL. Dr. Wolfgang Mers (Illumina) und Dr. Nancy Bretschneider (Genomatix) werden die in der Facility verwendeten Technologien vorstellen.

Kontakt:
Prof. Dr. Jochen Wittbrodt
Centre for Organismal Studies
jochen.wittbrodt@zoo.uni-heidelberg.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution5

Quelle: Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Marietta Fuhrmann-Koch, 03.12.2010

Raute

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Dezember 2010