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MELDUNG/014: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 02.12.09 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen


→  Abschluss des Sonderforschungsbereichs "Glaukome"
→  DEGRO:
      Hochpräzise Strahlentherapie kann Wachstum von Lungentumoren stoppen
→  Individuelle Schmerzempfindlichkeit spiegelt sich in Gehirnfunktion wider
→  "Chronobiologie" - Taktgeber des Lebens

Raute

Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg - 01.12.2009

Abschluss des Sonderforschungsbereichs "Glaukome"

Der überregional bedeutsame Forschungsschwerpunkt Glaukome der Universität Erlangen-Nürnberg ist durch den Sonderforschungsbereich (SFB) 539 weiter ausgebaut worden. Der SFB (Sprecherin: Prof. Dr. Elke Lütjen-Drecoll; Sprecher bis 2003: Prof. Dr. Gottfried O.H. Naumann) war auf die eingehende wissenschaftliche Untersuchung von Augenkrankheiten konzentriert, die auch unter dem Begriff "Grüner Star" bekannt sind. Nach zwölfjähriger Förderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft mit insgesamt 16.500.000 Euro ist der SFB "Glaukome einschließlich Pseudoexfoliations-Syndrom", der bislang einzige SFB in der Augenheilkunde, im Jahr 2009 ausgelaufen.

Den beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern gelang es, neue Früherkennungsmethoden zu entwickeln und mehrere Ursachen aufzuzeigen, die zur Glaukomentstehung beitragen können.

In dem interdisziplinären Forschungsverbund haben Forscher aus der Augenklinik, den Instituten für Anatomie II, Biochemie und Molekulare Medizin, Humangenetik, Klinische Pharmakologie und Toxikologie, Medizininformatik, Biometrie und Epidemiologie, Tierphysiologie und Informatik erfolgreich zusammengearbeitet. Die fachübergreifende Vernetzung zwischen Medizinischer Fakultät und den Naturwissenschaftlichen und Technischen Fakultäten verlieh dem Sonderforschungsbereich seine besondere Stärke.

Früherkennung und gezielte Behandlung

Glaukome sind häufig auftretende chronische Augenerkrankungen, die unbehandelt durch einen langsam fortschreitenden Verlust von Sehnervenfasern zur Erblindung führen. Besonders wichtig ist es deshalb, die Krankheit im Frühstadium zu erkennen und möglichst zeitig mit einer gezielten Behandlung zu beginnen, um dem Verlust der Sehkraft vorzubeugen. Die Forschungen im SFB 539 waren daher zum einen auf bessere Methoden zur Frühdiagnose und Verlaufskontrolle ausgerichtet. Neue Mess- und Untersuchungsverfahren, die Glaukomschäden bereits feststellen, wenn sie noch wenig fortgeschritten sind, konnten entwickelt und in die klinische Routinediagnostik eingebracht werden. Darüber hinaus entstand auf der Grundlage telemedizinischer und musteranalytischer Methoden ein systematisches Glaukom-Screeningverfahren, das Frühtests für die Gesamtbevölkerung möglich macht.

Um langfristig eine gezieltere Therapie für die verschiedenen Formen des Glaukoms entwickeln zu können, hatten sich die Forscher des SFB als zweites wesentliches Ziel gesetzt, die Ursachen der Erkrankung genauer zu bestimmen. Durch die Zusammenarbeit der Grundlagenforscher gelang es aufzuzeigen, dass es unterschiedliche Ursachen für Glaukome gibt. So konnten neue genetische Störungen, aber auch verschiedene andere Faktoren gefunden werden, die an der Schädigung der Sehnerven beteiligt sind.

Während der Laufzeit des SFB wurden sowohl grundlegende neue Erkenntnisse und zukunftsträchtige Entwicklungen vorgelegt als auch Voraussetzungen und Kontakte - etwa zu verschiedenen Forschergruppen aus den USA - geschaffen, die die Gelegenheit bieten, auf diesem Gebiet in Zukunft weiterhin auf internationalem Niveau mitzuwirken. Wichtig ist es daher, das durch den SFB 539 geschaffene Forschungsumfeld zu erhalten, auszubauen und die europaweit einmaligen Datensätze und Patientenkollektive für neue klinische, molekularpathologische und genetische Studien sowie für Langzeit-Analysen zu nutzen.

Weitere Informationen
Prof. Dr. Elke Lütjen-Drecoll
Drecoll@anatomie2.med.uni-erlangen.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution18

Quelle: Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Sandra Kurze, 01.12.2009

Raute

Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften, Medizin / Kommunikation - 01.12.2009

DEGRO:
Hochpräzise Strahlentherapie kann Wachstum von Lungentumoren stoppen

Berlin - Für Menschen mit Lungenkrebs, die aufgrund ihres Alters oder schwerer Begleiterkrankungen nicht operiert werden können, steht mit der stereotaktischen Strahlentherapie eine wirksame Behandlungsmöglichkeit zur Verfügung. Dieses hochpräzise Verfahren kann das Wachstum kleinerer Tumoren in der Lunge stoppen. Darauf weist die Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO) anlässlich neuer Studienergebnisse hin.

Bei der stereotaktischen Strahlentherapie werden die Strahlen aus vielen Richtungen auf den Tumor gelenkt. Wie in einem Brennglas bündeln sie sich im Tumorherd. "Jeder einzelne Strahl ist vergleichsweise schwach. Im Tumor selbst erreichen wir dann jedoch sehr hohe Dosierungen. So können wir den Krebs ganz gezielt ins Visier nehmen", berichtet DEGRO-Präsidentin Professor Dr. med. Rita Engenhart-Cabillic. Auf diese Weise lässt sich auch die Behandlungsdauer deutlich verkürzen.

Auf dem Jahreskongress der American Society for Radiation Oncology (ASTRO) stellten Wissenschaftler aus den USA und Kanada nun neue Ergebnisse dieser hochpräzisen Bestrahlung vor. Sie setzen die stereotaktische Strahlentherapie bei Patienten mit einem nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom im Frühstadium ein. Mehr als 80 Prozent aller Lungenkarzinome gehören der nicht-kleinzelligen Form an. Für die Studienteilnehmer kam eine Operation nicht in Frage, weil sie an schweren Begleiterkrankungen wie Herzkrankheiten, Schlaganfällen oder Lungenemphysemen litten.

Bei nahezu allen Probanden konnte die stereotaktische Strahlentherapie das Tumorwachstum stoppen. Von den durchschnittlich 72 Jahre alten Patienten waren nach drei Jahren mehr als die Hälfte am Leben, die meisten ohne Anzeichen eines Tumorrückfalls. Zu ihm kann es kommen, wenn zum Zeitpunkt der Strahlentherapie bereits unerkannte Metastasen vorhanden sind. "Die Studienergebnisse aus den USA sind vielversprechend. Sie sind deckungsgleich mit denen, die für diese Erkrankung bereits von deutschen Wissenschaftlern publiziert wurden. Auch in Deutschland wird dieses Therapieverfahren bereits an einigen Strahlentherapiezentren eingesetzt", erklärt DEGRO-Präsidentin Engenhart-Cabillic. Bei älteren Menschen, die an Lungentumoren und schweren Begleiterkrankungen leiden, ist ein chirurgischer Eingriff oft zu riskant. "Diesen Patienten wird mit der stereotaktischen Strahlentherapie erstmals eine Behandlungsperspektive eröffnet. Sie kommt für kleinere Krebsherde im Frühstadium der Erkrankung in Frage", so Engenhart-Cabillic.

Zur Strahlentherapie

Die Strahlentherapie ist eine hochpräzise Behandlungsmethode mit hohen Sicherheitsstandards und regelmäßigen Qualitätskontrollen. Bildgebende Verfahren wie die Computer- oder Magnetresonanztomographie ermöglichen eine exakte Ortung der Krebsherde. Mit modernen Bestrahlungsgeräten können Radioonkologen die Strahlen dann punktgenau auf den Tumor lenken. Umliegendes Gewebe bleibt weitestgehend verschont.

Quelle:
Abstract:
www.astro.org/pressroom/presskit/annualmeeting/documents/5Timmerman.pdf

Kontaktdaten Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution76

Quelle: Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften, Medizin - Kommunikation, 01.12.2009

Raute

Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München - 01.12.2009

Individuelle Schmerzempfindlichkeit spiegelt sich in Gehirnfunktion wider

Dass die funktionelle Vernetzung im Gehirn das subjektive Schmerzempfinden beeinflusst, konnte PD Dr. Markus Ploner aus der Klinik für Neurologie am Klinikum rechts der Isar der TU München in einem Forschungsprojekt in Zusammenarbeit mit der Universität Oxford zeigen. Die Ergebnisse der Studie sind in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift PNAS (Proceedings of the National Academy of Sciences) veröffentlicht
"Prestimulus functional connectivity determines pain perception in humans",
http://www.pnas.org/cgi/doi/10.1073/pnas.0906186106.

Wie und wie intensiv ein Mensch Schmerzen empfindet, ist in höchstem Maße subjektiv: Der objektiv gleiche Schmerzreiz wird von verschiedenen Menschen und zu unterschiedlichen Zeitpunkten ganz unterschiedlich wahrgenommen. Markus Ploner und seine Kollegen untersuchten nun die Gehirnaktivität, die diesen Unterschieden zugrunde liegt. Sie konnten zeigen, dass die Vernetzung bestimmter Gehirnareale untereinander dafür verantwortlich ist, wie empfänglich jemand für einen voraussichtlichen Schmerzreiz ist. Mit Hilfe der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT) zeichneten sie die Gehirnaktivität von Personen auf, die potentiell schmerzhafte Hitzereize empfingen. Sie betrachteten dabei insbesondere die Gehirnaktivität in dem Zeitraum kurz vor dem erwarteten Schmerzreiz.

Markus Ploner erläutert: "Unsere Untersuchung ergab, dass ein Reiz mit geringerer Wahrscheinlichkeit als schmerzhaft empfunden wird, wenn eine bestimmte Region der Hirnrinde und der Hirnstamm kurz vor dem Schmerzreiz enger vernetzt sind. Ist die Vernetzung geringer, ist auch das Schmerzempfinden größer." Die Forscher konnten zudem zeigen, dass auch individuelle Persönlichkeitsmerkmale wie Ängstlichkeit oder Aufmerksamkeit gegenüber dem Schmerz mit dem Grad der Vernetzung korrespondieren. Ploner: "Bei ängstlicheren Personen konnten wir zum Beispiel eine schwächeren Einfluss der Vernetzung in der Phase kurz vor dem Schmerzreiz feststellen. Die Studie belegt somit, dass es unterschiedliche "Schmerzpersönlichkeiten" gibt und dass sich diese Unterschiede in der funktionellen Vernetzung des Gehirns manifestieren."

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution860

Quelle: Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München, Tanja Schmidhofer, 01.12.2009

Raute

Julius-Maximilians-Universität Würzburg - 01.12.2009

Taktgeber des Lebens

Jedes Lebewesen trägt in seinem Inneren eine Uhr, die seine Aktivitäten steuert. Wie diese Uhr auf der Ebene der Moleküle schlägt und was passiert, wenn sie durch äußere Einflüsse aus dem Takt gebracht wird, das untersucht Charlotte Förster. Die Neurobiologin ist neu an der Universität Würzburg.

Menschen, Tiere, Pflanzen tragen sie in sich. Selbst Einzeller besitzen eine innere Uhr, nach denen sich ihr Verhalten richtet. So steigt beispielsweise eine bestimmte Algenart bereits eine Stunde vor Sonnenaufgang aus den Tiefen des Meeres an die Wasseroberfläche, um dann, wenn die Sonne scheint, Photosynthese zu betreiben. Und noch vor Sonnenuntergang sinkt sie wieder hinab in die Tiefe. Dieses Verhalten zeigt sie auch im Labor, sogar unter konstanten Bedingungen. Irgendein Taktgeber sagt der Alge, wann es Zeit ist für die Wanderung ins Licht oder aus ihm heraus.

Frühes Interesse an der Chronobiologie

"Chronobiologie" heißt der Zweig der Wissenschaft, der sich mit diesen Taktgebern beschäftigt. Charlotte Förster begeistert sich schon lange für dieses Gebiet. "Mein Interesse wurde bereits im vierten Semester des Biologiestudiums in Tübingen durch eine Vorlesung von Professor Wolfgang Engelmann geweckt", sagt sie. Später hat sie deshalb bei Engelmann promoviert. Die Biologin erforscht seitdem, wie die inneren Uhren ticken - angefangen auf der Ebene der Gene über die des Nervensystems bis hin zum Verhalten.

"Innere Uhren steuern die zeitliche Organisation aller Lebewesen. Dauerhafte Störungen in dieser Organisation, zum Beispiel durch Schicht- und Nachtarbeit, können die Gesundheit massiv beeinträchtigen", sagt Förster. Menschen, die nicht auf ihre innere Uhr hören oder hören können, drohen unter anderem Schlafstörungen, Depressionen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und ein erhöhtes Risiko, an Krebs zu erkranken.

Ein fehlerhaftes Gen verstellt die Uhr

In ihrer Forschung konzentriert sich Förster auf die Taufliege Drosophila melanogaster. Die Fliege bietet Wissenschaftlern mehrere Vorteile: Ihr Genom ist für Eingriffe gut zugänglich, ihr Gehirn ist vergleichsweise einfach strukturiert und doch sind die molekularen Prinzipien die gleichen wie beim Menschen. "Das erste bei Drosophila identifizierte Uhren-Gen trägt den Namen 'period'", erklärt Förster. Beim Menschen liegt das Gen in dreifacher Ausprägung vor. Dass es auch hier als Taktgeber fungiert, zeigt sich vor allem, wenn Störungen auftauchen. "Eine Mutation im period2-Gen des Menschen führt zum Familial Advanced Sleep Phase Syndrom", sagt Förster. Bei den Betroffenen geht die innere Uhr sozusagen ständig vor: Abends sind sie spätestens um 18.00 Uhr bettreif; dafür wachen sie am Morgen schon um 4.00 Uhr auf und sind topfit.

Abgelesen werden die Uhren-Gene der Taufliege in spezifischen Nervenzellen ihres Gehirns. "Drosophila besitzt nur etwa 300 solcher Uhren-Neuronen, die wir inzwischen weitgehend charakterisieren konnten", sagt Förster. Zum Erstaunen der Wissenschaftler reicht es allerdings aus, wenn das period-Gen in nur acht dieser Neurone aktiv ist, um trotzdem einen fast normalen Aktivitätsrhythmus zu erzeugen. "Das lässt uns hoffen, das neuronale Netzwerk der inneren Uhr von Drosophila in den nächsten Jahren ganz zu verstehen", sagt die Neurobiologin.

In einem weiteren Schwerpunkt ihrer Arbeit untersucht Charlotte Förster die Synchronisation der inneren Uhr auf den 24-Stunden Tag durch äußere Zeitgeber wie Licht und Temperatur. Im Rahmen eines EU-Projekts hat sie vor vier Jahren damit begonnen, die Auswirkung von nächtlicher Beleuchtung und Dämmerungsphasen auf die Taktgeber des Organismus genauer zu untersuchen.

Lebenslauf von Charlotte Förster

Charlotte Förster stammt aus Heilbronn und hat an den Universitäten in Stuttgart und Tübingen Biologie studiert. 1985 wurde sie mit einer Arbeit über das circadiane System von Fliegen promoviert; im Jahr 2000 habilitierte sie sich im Fach Zoologie an der Universität Tübingen. Dazwischen hatte sie für vier Jahre ihre Forschungstätigkeit unterbrochen, um sich der Erziehung ihrer beiden Kinder widmen zu können. Seit diesem Semester ist Förster Professorin für Neurobiologie und Genetik an der Universität Würzburg.

Kontakt
Prof. Dr. Charlotte Förster
E-Mail: charlotte.foerster@biozentrum.uni-wuerzburg.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution99

Quelle: Julius-Maximilians-Universität Würzburg, Robert Emmerich, 01.12.2009

Raute

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Dezember 2009