Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) - 03.04.2014
Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie
Jodversorgung in Deutschland:
Fehlinformationen zur Jodversorgung gefährden Gesundheit
Geschürte 'Jodangst' führt langfristig zu Jodmangelepidemie
Bochum - Fehlinformationen zur Jodversorgung der bundesdeutschen Bevölkerung, wie jüngst in einer ZDF-Sendung geschehen, sind irreführend und verantwortungslos, erklärt die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE). Die Behauptung, Jod im Tierfutter lande in hohen Mengen 'auf dem Teller' und sei gesundheitsschädlich, schüre eine 'Jodangst', die zu einem Meiden von Jod und langfristig zu einer Jodmangelepidemie führe, warnt die Fachgesellschaft. Jodmangel bewirkt eine vermehrte Bildung von Kröpfen, auch Struma genannt, und von Schilddrüsenknoten.
In der ZDF-Sendung Terra Xpress vom 30. März 2014 wurde berichtet, dass die Bevölkerung in Deutschland durch zuviel Jod in Nahrungsmitteln gesundheitlich gefährdet sei. Bestimmte Personen bedürften zudem einer jodarmen Ernährung, so der Beitrag. Eine weitere Aussage: Die hohe Prävalenz von Schilddrüsen-Erkrankungen in Deutschland sei Folge von zuviel Jod in der Nahrung. Umrahmt wurde der Beitrag durch eine Vermutung: Hinter alldem steckten die Arbeitsgemeinschaft Jodmangel, die Pharmaindustrie und die salzproduzierende Industrie.
Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) kritisiert auf das Schärfste die tendenziöse und falsche Berichterstattung, die dem Bildungsauftrag einer öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalt nicht entspricht.
Publizierte Daten großer deutscher Bevölkerungsstudien und Langzeituntersuchungen des Robert Koch-Instituts zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen zeigen, dass sich die Jodversorgung in Deutschland gegenüber früheren Jahren verbessert hat. Sowohl in der SHIP-Studie (Study of Health in Pomerania) in Norddeutschland als auch in der KORA-Studie (Kooperative Gesundheitsforschung in der Region Augsburg) zeigt sich bei erwachsenen Menschen, dass die mittlere Jodausscheidung bei etwa 100 &my;g/l liegt. Dies entspricht dem von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) geforderten Kriterium einer gerade ausreichenden Jodversorgung in der Bevölkerung. Keinesfalls kann hier von einer Gefährdung durch zu hohe Jodzufuhr in Deutschland ausgegangen werden.
Ähnliche Ergebnisse wurden in der 'Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland' (KiGGS) bei Kindern im Alter von neun bis 16 Jahren erhoben. Erste, noch unveröffentlichte Studien lassen sogar vermuten, dass die Jodversorgung der deutschen Bevölkerung in den letzten Jahren abgenommen hat. Anzunehmen ist deshalb eher, dass die Bevölkerung unterversorgt anstatt überversorgt ist, so die DGE.
Es ist unseriös und gefährlich, von einer 'Jodgefahr' im Rahmen des Konsums handelsüblicher Nahrungsmittel zu sprechen, noch dazu unter Verwendung fragwürdigen Quellen bzw. Einzelmeinungen zur Vermittlung dieser Botschaft. Es ist ferner unverantwortlich, Patienten zu vermitteln, dass ihre Allgemeinbeschwerden durch die Jodzufuhr verursacht werden. Jod verursacht keine Beschwerden und führt weder beim Menschen noch bei Rindern zur Stärkung und Gesundheit per se, aber sehr wohl Schilddrüsenhormone, deren unverzichtbarer Bestandteil das Jod ist.
Selbst Jodmengen von mehr als 200 &my;g/Tag stellen keine Gefährdung dar. Der Fernsehbeitrag benannte stets die Jod-Höchstwerte der Lebensmittel. Doch selbst diese Maximalwerte erreichen in der Summe gerade einmal die von der Weltgesundheitsorganisation empfohlenen Richtgrößen von 150 µg/Tag. Ein 'Jodexzess' hingegen ist nach WHO-Kriterien als dauerhafte Jodzufuhr von mehr als 500 µg/Tag definiert.
Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie warnt davor, Grundnahrungsmittel aus Angst vor vermeintlich zu viel Jod, nicht wie bisher zu verzehren. Vielmehr müssen alle Anstrengungen darauf gerichtet sein, eine kontinuierliche ausreichende Jodversorgung der Bevölkerung zu gewährleisten, gegebenenfalls auch durch eine Jodzufuhr mit Tabletten, etwa während der Schwangerschaft, um langfristige negative Folgen für die Gesundheit zu verhindern.
Endokrinologie ist die Lehre von den Hormonen, Stoffwechsel und den Erkrankungen auf diesem Gebiet. Hormone werden von endokrinen Drüsen, zum Beispiel Schilddrüse oder Hirnanhangdrüse, aber auch bestimmten Zellen in Hoden und Eierstöcken, 'endokrin' ausgeschüttet, das heißt nach 'innen' in das Blut abgegeben. Im Unterschied dazu geben 'exokrine' Drüsen, wie Speichel- oder Schweißdrüsen, ihre Sekrete nach 'außen' ab.
Kontakt
Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie
Professor Dr. med. Dr. h. c. Helmut Schatz (Mediensprecher)
BG-Kliniken Bergmannsheil, Med. Klinik und Poliklinik
Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 Bochum
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Quelle:
Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE)
Pressestelle - 03.04.2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. April 2014