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GESUNDHEIT/1155: Deutsche Gesundheits-Korrespondenz Nr. 11/12 - November/Dezember 2013 (DGK)


DEUTSCHES GRÜNES KREUZ e.V. - informationsdienst

dgk - Deutsche Gesundheits-Korrespondenz Nr. 11/12 - November/Dezember 2013 (DGK)



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Festlich schlemmen - auch mit Diabetes!

Weihnachten ohne Festessen ist für manche Menschen noch schlimmer als Weihnachten ohne Geschenke. Auch Diabetiker müssen sich nicht alle Leckereien verkneifen.

(RaIA/dgk) Marzipankartöffelchen, selbstgebackene Plätzchen, gebrannte Mandeln und Glühwein - wer kann da schon widerstehen? Von der Weihnachtsgans gar nicht zu reden! Ein fortwährender Gewissenskonflikt für Menschen mit Diabetes Typ 1 oder Typ 2, die sich nicht nur um die Figur, sondern auch um ihren Blutzuckerspiegel sorgen. "Sie müssen zwar besonders auf ihre Ernährung achten", sagt Professor Dr. Thomas Danne. Doch der Vorstandsvorsitzende von diabetesDE - Deutsche Diabetes-Hilfe beruhigt: "Sie dürfen auch der einen oder anderen Versuchung nachgeben, wenn Sie einige Dinge berücksichtigen."

Nie hungrig auf den Weihnachtsmarkt
Wer den Bummel mit leerem Magen beginnt, vergisst bei den verführerischen Düften schnell seine guten Vorsätze. Natürlich enthält Bratwurst viel Fett und gebrannte Mandeln reichlich Mandelöl und Zucker. Eine deutlich kalorienärmere Leckerei sind geröstete Maronen. Unterschätzt wird auch der süße Glühwein. Ein Becher enthält schon über 200 Kalorien. "Außerdem senkt Alkohol den Blutzuckerspiegel", warnt Professor Danne. "Deshalb ist es wichtig, bei Alkoholgenuss auf dem Weihnachtsmarkt den Blutzucker öfter zu kontrollieren." Denn Alkohol lässt zwar zunächst den Blutzuckerpegel hochschnellen, doch dann blockiert er für Stunden die Glukoseproduktion in der Leber. Dadurch bekommt das Gehirn nicht mehr den benötigten Glukose-Nachschub.

Keine Leckerei ist grundsätzlich verboten. Aber die Menge macht's. Plätzchen und Co. liefern reichlich Zucker, Butter und andere Fette und lassen den Blutzuckerspiegel sehr schnell ansteigen. Auch Christstollen, Lebkuchen und Magenbrot sind höchst kalorienreich. Also besser bewusst und langsam genießen, statt ständig "nachzufassen". Nicht ganz so kalorienreich sind selbstgebackene Nuss- oder Kokosmakronen. Sie enthalten zwar viel - nährstoffreiche - Nussfette, dafür aber statt Mehl nur Eischnee und sättigen angenehm. Schauen Sie immer kritisch auf die Angaben der Plätzchen-Packungen: Russisch Brot zum Beispiel hat relativ wenig Kalorien.

Klug einkaufen und zubereiten
Spätestens mit den Feiertagen beginnt die Zeit der Festtagsbraten und Verdauungsbeschwerden. Wer Weihnachten selbst am Herd steht, kann Menüfolge und Zutaten geschickt variieren. Wie wäre zum Beispiel Melone mit Parmaschinken als Vorspeise oder eine pürierte Kürbis-Orangensuppe ohne Sahne, aber mit Ingwer? Oder ein knackiger Salat mit Nüssen? Das ist lecker und kalorienarm. Als bekömmlichere Alternative zur fetten Gans bieten sich Pute, Ente oder auch Wild an. Dazu lieber Kartoffeln oder Klöße statt Pommes oder Kroketten essen.

Wenn es aber die Weihnachtsgans sein muss: Stechen Sie bei der Zubereitung immer wieder in die Haut, damit das Fett abließen kann. Das lässt sich hinterher vom leicht erkalteten Bratenfond gut abschöpfen. Aus dem Fond lässt sich auch ohne Sahne und Butter eine schmackhafte Soße zaubern. Das gelingt besonders gut mit einer Füllung aus Äpfeln und Maronen, gewürzt mit Thymian und Beifuß. Die Kräuter regen zudem die Verdauung an. Nach einem üppigen Braten sind Sahnedesserts oder gar ein Schokoladenmousse zu viel des Guten.

Spaziergang statt Schnaps
Wenn nach der Schlemmerei der Magen drückt, wird gern ein "Verdauungsschnaps" gereicht. Doch der Schnaps fördert die Verdauung nicht, sondern belastet sie. Es sind die Bitterstoffe in Kräuterschnäpsen und Magenbitter, die der Verdauung auf die Sprünge helfen. Die gleiche Funktion erfüllen allerdings auch viele Gewürze, wie zum Beispiel Beifuß in fettreichen Gerichten, außerdem Anis, Kümmel und andere. Auch ein Espresso regt durch seine Bitterstoffe die Magensäfte an. Der beste Ausgleich nach einem üppigen Essen ist der Verdauungsspaziergang, der nicht zu kurz ausfallen sollte - gemäß dem zweiten Teil des Mottos "Nach dem Essen sollst du ruhen oder tausend Schritte tun". Mehr zu diesem Thema im "Ratgeber aus Ihrer Apotheke", Ausgabe 12A/2013, ab 1. Dezember in der Apotheke erhältlich.

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Den eigenen Ohren wieder trauen

(dgk) Etwa 14 Millionen Menschen in Deutschland können sich nicht mehr auf ihre Ohren verlassen: Sie überhören Telefonklingeln und kommen bei Gesprächen manchmal nicht mit. Dass sie schlechter hören, ist den meisten trotzdem nicht klar. Sie wissen zwar, ob sie hohen Blutdruck haben oder eine Brille brauchen. Aber wenn es um das Hören geht, sind viele ahnungslos, denn sie haben noch nie einen Hörtest gemacht. Da Hörminderungen den Betroffenen selbst meist gar nicht auffallen, werden sie oft erst nach Jahren bemerkt und behandelt. Das sind Jahre, in denen soziale Kontakte und Lebensqualität meist deutlich gelitten haben.

Hören hilft bei der Verständigung oder um warnende Rufe und Signale wahrzunehmen - aber auch auf der sozialen und emotionalen Ebene. Die Kommunikationsfähigkeit zu erhalten oder verbessern, schützt nachweislich vor Depressionen und geistigem Abbau. Wer frühzeitig Hörgeräte nutzt, erhält die Fähigkeiten seines Gehirns, Gehörtes richtig zu verarbeiten.

Hörprobleme können unterschiedliche Ursachen haben: Der Gehörgang kann von einem Ohrschmalz-Pfropfen verstopft sein, den der Arzt entfernen kann. Oft ist das Innenohr geschädigt durch Lärm oder Infektionskrankheiten wie Hirnhautentzündungen, Mumps, Masern oder Röteln. Diese Schäden sind unheilbar. Das Hören und Verstehen lässt sich aber mit Hörgeräten verbessern. Wenn der Hals-Nasen-Ohrenarzt Hörgeräte verordnet, sollte man nicht zögern, sondern sofort zum Hörgeräteakustiker gehen. Denn mit individuell angepassten Hörgeräten hört und versteht man wieder besser. Wer seinen Ohren wieder trauen kann, kann selbstsicherer am gesellschaftlichen Leben teilnehmen und hat mehr Lebensfreude.

Jeder Mensch hört anders. Für den Akustiker ist es eine Herausforderung, für jeden Einzelnen ein optimales Hörergebnis zu erzielen. Hörgeräte werden für jeden ganz individuell ausgewählt und programmiert. Es geht um die spezielle Hörminderung eines Menschen, seine Klangvorlieben, seine Hör-Anforderungen in Familie und Beruf und natürlich auch um seine Wünsche, was das Aussehen der Hörsysteme anbelangt. Da sich die technischen Möglichkeiten ständig weiterentwickeln, müssen Hörgeräteakustiker immer auf dem neuesten Stand sein. "Nur durch fundiertes Wissen und Können wird Technik so programmiert, dass der Nutzen bestmöglich ist und aus gutem Hören gutes Verstehen entsteht!" erklärt Martin Blecker, der Präsident der Europäischen Union der Hörgeräteakustiker e. V. (EUHA).

Da Hörminderungen sich oft schleichend entwickeln, sollte man regelmäßig sein Gehör überprüfen lassen. Den Hörtest kann man beim HNO-Arzt oder beim Hörgeräteakustiker machen lassen. Ein Hörtest verpflichtet zu nichts, aber er kann helfen: Denn je früher eine Hörminderung erkannt wird, desto eher kann gehandelt werden.

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ZERVITA klärt über Gebärmutterhalskrebs auf

(dgk) Seit September 2006 informiert die nationale Aufklärungsstelle ZERVITA die Bevölkerung und medizinische Fachkreise über Gebärmutterhalskrebs und die krebsauslösenden Humanen Papillomviren (HPV). Mit jährlich zirka 4.600 Neuerkrankungen in Deutschland ist Gebärmutterhalskrebs keine seltene Krebserkrankung. Knapp 1.600 Frauen sterben hierzulande pro Jahr an den Folgen dieser Krebsart - durch die Nutzung der vorhandenen Präventionsmaßnahmen können diese Zahlen weiter gesenkt werden.

"Gebärmutterhalskrebs ist eine Erkrankung, die gut behandelt werden kann, wenn sie frühzeitig entdeckt wird", sagt Herr Professor Thomas Iftner, Vorsitzender des ZERVITA-Lenkungsausschusses. "Leider nehmen zu viele Frauen und Mädchen die vorhandenen Präventionsangebote in Deutschland nicht oder nur zögerlich wahr. ZERVITA möchte mit der Aufklärungsarbeit in der Bevölkerung das Bewusstsein über Gebärmutterhalskrebs und das dafür verantwortliche Humane Papillomvirus stärken", ergänzt Professor Iftner.

Zu den Präventionsmaßnahmen gegen Gebärmutterhalskrebs gehören die Früherkennungsuntersuchung sowie die Impfung gegen die krebsauslösenden HPV-Typen 16 und 18. Ab dem 20. Lebensjahr können alle Frauen die kostenlose, jährliche Früherkennungsuntersuchung beim Frauenarzt nutzen. Die seit einigen Jahren verfügbare HPV-Impfung wird für alle Mädchen zwischen 12 und 17 Jahren empfohlen.

ZERVITA ist eine gemeinsame Initiative des Instituts für Frauengesundheit Baden-Württemberg, des Deutschen Grünen Kreuzes e. V. und des Krebsinformationsdienstes des Deutschen Krebsforschungszentrums. In der Projektgruppe ZERVITA haben sich 22 engagierte Vertreter wissenschaftlicher Fachgesellschaften, Berufsverbände und Krebsorganisationen gemeinsam dem Ziel verpflichtet, qualitativ hochwertige und einheitliche Informationen zu diesen Themen zu entwickeln und über die Medien zu verbreiten. ZERVITA möchte in der Bevölkerung, besonders bei Frauen und Mädchen, das Bewusstsein für Gebärmutterhalskrebs, dessen Ursachen und Präventionsmaßnahmen erhöhen.

Im Juli 2008 übernahm Frau Professor Annette Schavan, die damalige Bundesministerin für Bildung und Forschung, die Schirmherrschaft für ZERVITA. Frau Theresa Bauer (Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Baden-Württemberg) ist Schirmherrin der Schulinfektionsstunde.

Ausführliche Informationen finden Sie auf der ZERVITA Homepage (www.zervita.de). Das Pressebüro betreut das Deutsche Grüne Kreuz e.V.. Bei Rückfragen können Sie sich gerne an uns wenden: zervita-presse@dgk.de.

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KIND UND GESUNDHEIT

Cytomegalie in Kindereinrichtungen - was ist zu beachten?

(dgk) "In unserer KITA ist ein Kind aufgenommen worden, das CMV hat. Was muss ich nun beachten", fragen viele Frauen, die in Kindereinrichtungen tätig sind, die Experten des Deutschen Grünen Kreuzes e. V. (DGK). Wie hoch ist die Ansteckungsgefahr? Und was ist mit den Kolleginnen, die schwanger sind? Anlass genug fürs DGK, einen Flyer zum kostenlosen Download zur Verfügung zu stellen, der auf die wichtigsten und häufigsten Fragen eingeht (Download unter www.dgk.de/cmv, Stichwort Aktuelles).

Cytomegalie-Viren (CMV) bleiben - wie alle anderen Herpesviren auch - nach durchgemachter Erstinfektion lebenslang im Körper, man ist als Gesunder "latent" infiziert, ohne jedoch infektiös zu sein (man ist also kein Virusausscheider). Bei der CMV-Erstinfektion kann lange Virus in Urin und Speichel ausgeschieden werden; auch bei gesunden Säuglingen und Kleinkindern kann diese Phase bis zum 5. Lebensjahr in unterschiedlicher Intensität anhalten. Meist werden jedoch nach dem 3. Lebensjahr geringere Virusmengen im Urin ausgeschieden.

Deshalb wäre es sinnvoll, so Professor Hamprecht bei jeder Frau, die beruflich und familiär mit Kleinkindern engen Kontakt hat - sowohl in Kinderbetreuungseinrichtungen als auch im häuslichen Umfeld - möglichst zu Schwangerschaftsbeginn ihren CMV-Status vom Frauenarzt untersuchen zu lassen.

Seronegative Schwangere, die also noch keine CMV-Antikörper haben, sind einem erhöhten Ansteckungsrisiko ausgesetzt, wenn sie direkten Kontakt mit Sekreten oder Urin von Kleinkindern haben, z. B. Wickeln auf Kinderstationen in Kliniken oder in Kindergärten. Laut den Angaben zur Arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchung nach Biostoffverordnung sollen sich CMV-seronegative Schwangere in der vorschulischen Kinderbetreuung nur mit Kindern über drei Jahren beschäftigen und dabei engen Körperkontakt und den Kontakt zu Urin, Speichel und Tränenflüssigkeit meiden.

Durch einige einfache Regeln kann aber das Risiko der Ansteckung deutlich gesenkt werden, regelmäßiges Händewaschen mit Wasser und Seife kann beispielsweise das Risiko bereits halbieren. Tipps zur Vorsorge bei der Säuglings- und Kleinkinderbetreuung durch seronegative Schwangere:

  • Gegenstände und Oberflächen, die mit Urin und Speichel von Kleinkindern in Kontakt kamen, reinigen
  • Gründliches Händewaschen (für 15 bis 20 Sekunden) mit warmem Wasser und Seife, z. B. nach Windelwechsel, Füttern oder Kontakt mit Speichel
  • Gemeinsame Benutzung von Tassen, Löffeln, Handtüchern und anderen Gegenständen vermeiden
  • Säuglinge unter 6 Monaten möglichst nicht auf Mund und Wangen küssen
Steckbrief Cytomegalie
Erreger
Cytomegalie-Virus (CMV) aus der Familie der Herpes-Viren
Ansteckungsweg/
Übertragung

Übertragung über Speichel, Urin, Blut, Muttermilch, bei
Organ-Transplantationen, während der Schwangerschaft von
der Mutter auf das ungeborene Kind
Virusausscheidung

Ausscheidung z. B. mit dem Urin bei Kleinkindern über Monate
bis Jahre
Erkrankung von
Kindern,
Jugendlichen und
immungesunden
Erwachsenen


Meist symptomlose Infektion, nur in 1 % der Fälle Fieber,
leichte Gelbsucht, allgemeines Krankheitsgefühl, bei
Kleinkindern gelegentlich auch Hals-Lymphknotenschwellung,
sehr selten Lungenentzündung.
Beim immungeschwächten Patienten kann die CMV-Infektion sich
auch im Sinne einer Organerkrankung (Leber-, Lungenentzündung,
Magen-Darmulcus, Gehirnentzündung) manifestieren.
Symptome bei Neugebo-
renen von Müttern mit
CMV-Erstinfektion in
der Schwangerschaft

Ggf. niedriges Geburtsgewicht, Vergrößerung von Leber und Milz,
Gelbsucht, Trinkschwäche, Krämpfe, zu kleiner Kopf, Verkalkungen
im Gehirn, geistige Behinderung, Entwicklungsverzögerung,
Schädigungen von Auge und Gehör.
Ggf. Langzeitschädigung: Hörstörung, geistige Entwicklungsstörung
Behandlung





In der Schwangerschaft besteht potentiell die Möglichkeit,
CMV-Immunglobulin zu verabreichen. Dies ist aber bislang noch
nicht ausreichend über Studien abgesichert und ist als
experimentelle Therapie zu verstehen.
Bei Transplantierten werden Medikamente (Virostatika) eingesetzt,
diese sind in der Schwangerschaft kontraindiziert.

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AUS WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG

Bakterien contra Darmentzündungen

(dgk) Chronisch entzündlich Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa nehmen in Europa zu. Mittlerweile leiden rund zwei Millionen Menschen darunter. Bei diesen quälenden Krankheitsbildern sind die Patienten dauerhaft auf Medikamente angewiesen, die die fortschreitende Gewebezerstörung unterbinden. Etwa jeder fünfte Patient muss sich im Lauf seiner "Krankheitskarriere" sogar einer Darmoperation unterziehen. Die Ergebnisse einer klinischen Pilotstudie lassen jetzt hoffen, eine weitere, alternative Heilmethode zur Verfügung zu haben, die ungleich schonender ist, wenn sie sich auch zunächst befremdlich anhört.

Wie funktioniert's? Von gesunden Spendern werden Bakterien aus der natürlichen Darmflora dem Patienten quasi "transplantiert", die Methode wird tatsächlich als "fecal microbiota transplantation" (FMT) bezeichnet. Ärzte und Naturwissenschaftler von der der medizinischen Fakultät und der Universität Wien veröffentlichten ihre Daten in einer angesehenen Fachzeitschrift. Die Gastroenterologen Sieglinde Angelberger und Walter Reinisch sowie die Mikrobiologen David Berry und Alexander Loy erforschten zum ersten Mal die mikrobielle Wiederbesiedlung des Darms von Patienten mit Colitis ulcerosa nach Behandlung mit dieser Therapiemethode.

Morbus Crohn und Colitis ulcerosa sind die häufigsten chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, deren genauen Ursachen noch nicht abschließend geklärt sind. Neben genetischen Faktoren und Umwelteinflüssen wird für das Auslösen der Erkrankungen auch eine gestörte Darmflora verantwortlich gemacht.

Bekannt ist, dass bei vielen infektiösen und chronischen Durchfallerkrankungen die mikrobielle Besiedlung mit Bakterien stark verändert ist. Das Ziel der "Fäkaltransplantation" ist daher die Wiederherstellung der natürlichen Keimbesiedlung und damit eine Verbesserung des Krankheitszustands. Die Erstautorin der Studie, Dr. Sieglinde Angelberger, weiß aus anderen Studien, dass die kontrollierte Transplantation der Fäkalmikrobiota von gesunden Spendern eine sichere und sehr effiziente Behandlung von bestimmten, durch den Erreger Clostridium difficile ausgelösten, Durchfallerkrankungen ist. Deshalb wurde diese Therapieform auch zur Behandlung von Patienten mit chronischen Darmerkrankungen in Betracht gezogen. Die an der Studie beteiligten Mikrobiologen haben die Zusammensetzung der mikrobiellen Darmflora der Patientinnen mittels moderner DNA-Sequenzierungsmethoden über einen Zeitraum von bis zu drei Monaten nach der Behandlung verfolgt. Das "Darmökosystem" der einzelnen Patienten reagierte sehr unterschiedlich, offenbar ist es sehr individuell, welcher transplantierte Keim sich wann einen festen Platz im Gefüge erobert. Der Mikrobiologe David Berry verglich den Vorgang mit dem sukkzessiven Wiederaufbau eines abgeholzten Waldes. "Pionierarten besiedeln das abgeholzte Gebiet zuerst, in diesem Fall den entzündeten Darm, und verändern das Ökosystem so, dass sich weitere Arten ansiedeln können."


Quelle:
Sieglinde Angelberger S et al. (2013). Temporal bacterial community dynamics vary among ulcerative colitis patients after fecal microbiota transplantation. American Journal of Gastroenteroloy (AJG)
www.nature.com/ajg/journal/vaop/ncurrent/full/ajg2013257a.html

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Sanft gegen Blasenentzündungen

(dgk) Harnwegsinfekte kennt so gut wie jede Frau, so manche leidet wiederholt darunter. Die Ursachen - wie Infektanfälligkeit, Hormonstatus oder zu geringe Trinkmenge - sind zahlreich, die Wirkung immer dieselbe: Bakterien, die eigentlich nur im Darm vorkommen sollten, gelangen über die bei der Frau relativ kurze Harnröhre in die Blase, vermehren sich dort und sorgen für Harndrang, Brennen und Schmerzen. Nicht immer müssen gleich Antibiotika her, manchmal helfen auch sanftere Methoden, wieder für Ruhe in der Blase zu sorgen. Natürlich nur, wenn nicht Fieber oder ein langanhaltender Verlauf den Besuch beim Arzt unumgänglich machen.

Das A und O ist, immer für ausreichenden Flüssigkeitsnachschub zu sorgen und damit für ein "Durchspülen" von Blase und Harnröhre zu sorgen. Im Prinzip ist egal, welches Getränk man wählt, sicher ist Wasser am einfachsten zu handhaben. Harntreibende Tees, zum Beispiel aus der Apotheke, unterstützen ebenso wie das Warmhalten des Unterbauchs. Einige Patientinnen schwören zudem auf Cranberry-Saft oder -Präparate. Allerdings wurde in einem Review kein überzeugender Nutzen der roten Beeren festgestellt.

Gerade zur Prophylaxe ist bereits ein weiterer Naturstoff bekannt: D-Mannose. Dieser Zucker bindet an den Fortsätzen (Pili) der Bakterienoberfläche von Enterobakterien und verhindert so, dass sich die Keime ans Epithel der Harnwege binden können. Ein Team von Ärzten um Bojanna Kranjcec von der Klinik in Zabok in Kroatien kritisierte aber die unzureichende Studienlage zu diesem Thema und initiierte eine weitere Untersuchung. Die Urologen haben nun die Wirksamkeit von D-Mannose mit der des Antibiotikums Nitrofurantoin verglichen, das häufig vor Vorbeugung rezidivierender Harnwegsinfekte eingesetzt wird. Frauen mit einer akuten Harnwegsinfektion und einer Vorgeschichte mit Rezidiven erhielten zunächst sieben Tage das Antibiotikum Ciprofloxacin, um den akuten Infekt zu behandeln. Die Studienteilnehmerinnen wurden dann in drei verschiedene Gruppen eingeteilt, zur Vorbeugung eines Rückfalls erhielten sie entweder Nitrofurantoin oder D-Mannose, die Kontrollgruppe blieb ohne Prophylaxe. Nach einem halben Jahr war in beiden aktiven Prophylaxegruppen die Rezidivrate im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant reduziert - um 76 Prozent mit D-Mannose und um 66 Prozent mit Nitrofurantoin.

Zwar ist der Unterschied zwischen den beiden Wirkstoffen D-Mannose und Nitrofurantoin nicht signifikant, allerdings war die Rate unerwünschter Wirkungen (meist Durchfall, Kopfschmerzen) mit dem Zucker deutlich geringer. Dies ist auch ein wesentlicher Aspekt der Compliance, da das Präparat nicht vorzeitig abgesetzt wird.


Quelle:
Kranjcec B et al.,(2013). D-mannose powder for prophylaxis of recurrent urinary tract infections in women: a randomized clinical trial. World Journal of Urology

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MELDUNGEN

Hilfe bei Husten, Insektenstichen und Wunden

(dgk) Für ein Medikament ideale Voraussetzungen: breites Anwendungsspektrum und schnelle Wirkung. Die Arzneipflanze des Jahres 2014 erfüllt beide Kriterien und ist noch dazu in der Natur (fast) überall und kostenlos verfügbar: der Spitzwegerich. Oft sogar als Unkraut tituliert, gehört er in Wirklichkeit zu den wirksamsten Heilpflanzen. Dr. Johannes Mayer vom Institut für Geschichte der Medizin an der Universität Würzburg leitet die Forschergruppe "Klostermedizin" und schwört darauf: Die Inhaltsstoffe ließen positive Effekte bei Katarrhen der Atemwege und Entzündungen von Mund und Rachenschleimhaut sowie bei Wunden erwarten. Pharmakologische Laboruntersuchungen würden diese Effekte belegen. Die Arzneipflanze des Jahres wird vom Würzburger Studienkreis "Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde" gewählt, dem auch Mayer angehört.

Schon seit der Antike ist die Arzneipflanze Spitzwegerich bekannt und wurde breit angewendet, auch "Omas Hausapotheke" kennt zum Beispiel die schnelle Wirksamkeit bei Insektenstichen. Werden die Blätter gut zerkleinert auf den Tierstich gelegt, lindert es den Juckreiz sofort.

"Der König des Weges"
Der Name "Wegerich" leitet sich vom althochdeutschen Wort "rich" ab, was "König" bedeutet. Wegerich hieße demnach "König des Weges". Den Spitzwegerich findet man an Wegrändern und in trockenen Weisen. Seinen Namen verdankt er den spitz zulaufenden, langen, schmalen, aufrecht stehenden Blättern, die eine Bodenrosette bilden. In Abhängigkeit zu den Bedingungen kann die Pflanze zwischen fünf und 60 Zentimeter hoch werden. Die Blütezeit reicht von Mai bis in den September. Ursprünglich auf der nördlichen Halbkugel beheimatet, ist er heute nahezu weltweit anzutreffen.

Von der Pflanze werden ausschließlich die Blätter verwendet. Zu ihren wichtigsten Inhaltsstoffen gehören die Iridoidglykoside wie Aucubin und Catalpol, die eine antibakterielle Wirkung zeigen, sowie Schleimstoffe, die reizmildernde Effekte besitzen. Hinzu kommen Gerbstoffe, die mit 6,5 Prozent Anteil die größte Inhaltsstoffgruppe bilden. Sie wirken zusammenziehend (adstringierend) und blutstillend und stabilisieren die Schleimhäute. Weitere Inhaltsstoffe, die an der Heilwirkung des Spitzwegerichs beteiligt sein könnten, sind Flavonoide, Kaffeesäurederivate, Saponin, Kieselsäure und Mineralstoffe wie Zink und Kalium.

Von deutschen und europäischen Kommissionen wurde der Einsatz des Spitzwegerichs zur Linderung von Schleimhautreizungen im Mund und Rachenraum und dem damit verbundenen trockenen Husten anerkannt. So auch vom "Herbal Medicinal Product Commitee" (HPMC), das auf europäischer Ebene die Kompetenz zur eigenverantwortlichen Beurteilung von pflanzlichen Arzneimitteln innehat. Allerdings liegen keine aktuellen klinischen Studien zum Spitzwegerich vor, weswegen Mayer die Wahl zur "Arzneipflanze des Jahres" auch als Aufruf an die Forschung verstanden wissen will.

Kontakt:
Dr. Johannes Gottfried Mayer,
Institut für Geschichte der Medizin,
Oberer Neubergweg 10a, 97074 Würzburg,
T: (0931) 832 64,
E-Mail: johannes.mayer@uni-wuerzburg.de

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Meditation wirkt - auch bei Anfängern

(dgk) Wer meditiert, entspannt sich dabei. Doch Meditation bringt mehr als nur als ein gutes Gefühl. Die positiven Effekte auf die Hirnaktivität und die Selbstregulation sind wissenschaftlich erwiesen - für jedes Lebensalter und auch schon nach wenigen Übungstagen.

Studien mit unterschiedlichen Altersgruppen belegen, dass Meditation die Hirnaktivität fördert und auch die Verbindungen zwischen Hirnregionen, die zur Selbstregulation beitragen. Mit Selbstregulation sind Vorgänge gemeint, mit denen wir unsere Aufmerksamkeit, Entspannung, Gefühle, Impulse und Handlungen steuern - bewusst oder unbewusst.

Meditation kann eine spirituelle Übung sein, ein mentales Training oder einfach nur zur Entspannung dienen. In Asien hat das Meditieren eine lange Tradition, um die Gefühlslage und die Steuerung der Aufmerksamkeit zu verbessern. Auch hierzulande nutzen viele Menschen die Meditation. Ihre Wirksamkeit konnte mit Vergleichsstudien belegt werden, bei denen Menschen, die seit vielen Jahren regelmäßig meditieren, mit Kontrollpersonen gleichen Alters und Gesundheitszustandes verglichen wurden.

Studien mit bildlichen Darstellungen des Gehirns (Neuroimaging-Techniken) zeigten, dass Meditation sowohl die Hirnaktivität wie auch die Verbindungen zwischen Hirnregionen verbessert - und damit auch die Selbstregulation. Bei einer jüngeren Untersuchung an Studenten stellte man fest, dass dafür gar kein jahrelanges Üben notwendig ist. Bereits nach fünf Tagen mit Meditationsübungen kommt es zu Veränderungen in der Selbstregulation!

Schließlich führte man Studien durch, bei denen der Effekt der Meditation mit anderen Methoden der Selbstkontrolle verglichen wurde wie beispielsweise Autogenes Training. Die Studien wurden bei chinesischen und US-amerikanischen Studenten durchgeführt - mit ähnlichen Effekten. In China wurde der Einfluss eines Entspannungstrainings auf die Selbstregulation sogar bei Kindern mit einem Durchschnittsalter von 4,5 Jahren nachgewiesen und bei Teilnehmern, die durchschnittlich 65 Jahre alt waren.

Quelle:
Tang YY, Posner MI, Rothbart MK: Meditation improves self-regulation over the life span; Ann N Y Acad Sci. 2013 Aug 22.,
http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/nyas.12227/abstract [Epub ahead of print]

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Quelle:
dgk - Deutsche Gesundheits-Korrespondenz - informationsdienst
54. Jahrgang, Nr. 11/12 - November/Dezember 2013
Herausgeber: DEUTSCHES GRÜNES KREUZ e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. November 2013