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FORSCHUNG/3080: Forschung mit Tieren - Älter dank Nahrungsergänzungsmittel Glukosamin (idw)


Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie
Hans-Knöll-Institut (HKI) - 10.04.2014

Älter dank Nahrungsergänzungsmittel

Glukosamin verlängert das Leben im Tierversuch



Jena. Nicht nur viel Bewegung und eine gesunde Ernährung erhalten die Vitalität im Alter, auch der bewusste Griff zu Nahrungsergänzungsmitteln kann ratsam sein. Darauf weist eine neue Studie von Wissenschaftlern des interdisziplinären "Jenaer Zentrums für Systembiologie des Alterns - JenAge" hin, deren Ergebnisse nun in dem international renommierten Journal Nature Communications veröffentlicht werden.

Dauerhaft sehr große Belastungen und Stress wirken sich nachteilig auf die Gesundheit aus und lassen uns frühzeitig altern. Positiv dagegen ist der sogenannte "milde Stress": kleine Störeinwirkungen, die im Körper Schutz- und Selbstheilungskräfte aktivieren. Diese Prozesse untersucht das Wissenschaftlerteam des "JenAge"-Konsortiums. In einem Experiment wurden alternde Würmer und Mäuse mit dem Nahrungsergänzungsmittel Glukosamin gefüttert und dabei Bemerkenswertes festgestellt: Das Leben der Würmer verlängerte sich durchschnittlich um fünf Prozent, das der Mäuse gar um zehn.

Glukosamin ist seit Jahrzehnten frei verkäuflich und wird vor allem zur Verbesserung der Gelenkfunktion und Regeneration von lädiertem Knorpel beim Menschen eingesetzt. Sowohl bei den Fadenwürmern als auch bei den einhundert Wochen alten Mäusen - das entspricht einem menschlichen Alter von 65 Jahren - zeigte sich, dass der Zuckerabbau durch die Fütterung mit Glukosamin gebremst wurde. Der Blutzucker-Stoffwechsel der Mäuse verbesserte sich. Im Vergleich zu ihren Artgenossen, die kein Glukosamin erhielten, wurden die Mäuse im Schnitt zehn Prozent älter, was einer Steigerung der menschlichen Lebenserwartung von acht Jahren entsprechen würde.

Michael Ristow,bis 2013 an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und heute an der ETH Zürich, leitete die Studie und vergleicht diesen Effekt mit dem einer kohlenhydratarmen Diät, nur dass die Mäuse ihr sonstiges Fressverhalten dafür nicht ändern mussten. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Glukosamin auch beim Menschen eine solche Änderung des Stoffwechselzustands herbeiführen könnte.

Zur systembiologischen Analyse wurden Proben aus den Experimenten der Arbeitsgruppe Ristow an das Leibniz-Institut für Altersforschung - Fritz-Lipmann-Institut (FLI) in Jena weitergegeben. Dort bestimmte der Molekulargenetiker Marco Groth die Aktivität fast aller Gene. Im benachbarten Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie - Hans-Knöll-Institut (HKI) konnten mit statistischen Tests diejenigen Gene gefunden werden, deren Funktion durch die Nahrungsergänzung verändert wurden. "Wir wollten herausfinden, welche Gene an der lebensverlängernden Wirkung von Glukosamin beteiligt sind, um den Effekt verstehen zu können", so Steffen Priebe aus der Forschungsgruppe Systembiologie und Bioinformatik am HKI.

Die Studie wurde in Zusammenarbeit von Medizinern, Genetikern, Biochemikern und Bioinformatikern zweier Universitäten und dreier Leibniz-Institute durchgeführt. "Einer der Gründe, warum diese Kooperation so erfolgreich war", sagt Jürgen Sühnel, Koordinator von "JenAge", "durch die starke interdisziplinäre Vernetzung der Forschungsgruppen, werden die Informationen ständig ausgetauscht und für die Weiterentwicklung von Folgeexperimenten genutzt." Ob Glukosamin auch beim Menschen lebensverlängernd wirkt, ist noch nicht klar. Eine 2012 publizierte US-amerikanische Bevölkerungsstudie deutet allerdings darauf hin."Die Wahrscheinlichkeit ist hoch", betont Michael Ristow.

Von Tina Kunath


Publikation
Weimer S, Priebs J, Kuhlow D, Groth M, Priebe S, Mansfeld J, Merry TL, Dubuis S, Laube B, Pfeiffer AF, Schulz TJ, Guthke R, Platzer M, Zamboni N, Zarse K & Ristow M. D-Glucosamine supplementation extendslife span of nematodes and of ageing mice. Nature Communications 2014, 5, 3563, doi: 10.1038/ncomms4563.


Ansprechpartner

Dr. Kerstin Wagner
Leibniz-Institut für Altersforschung - Fritz-Lipmann-Institut (FLI)
Beutenbergstraße 11
07745 Jena
presse@fli-leibniz.de

Dr. Michael Ramm
Wissenschaftliche Organisation
Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie e. V. - Hans-Knöll-Institut -
Adolf-Reichwein-Straße 23
07745 Jena
michael.ramm@hki-jena.de
Presseservice: pr@hki-jena.de


Weitere Informationen finden Sie unter
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Informationen zum HKI

Das Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie - Hans-Knöll-Institut - wurde 1992 gegründet und gehört seit 2003 zur Leibniz-Gemeinschaft. Die Wissenschaftler des HKI befassen sich mit der Infektionsbiologie human-pathogener Pilze. Sie untersuchen die molekularen Mechanismen der Krankheitsauslösung und die Wechselwirkung mit dem menschlichen Immunsystem. Neue Naturstoffe aus Mikroorganismen werden auf ihre biologische Aktivität untersucht und für mögliche Anwendungen als Wirkstoffe zielgerichtet modifiziert.

Das HKI verfügt über fünf wissenschaftliche Abteilungen, deren Leiter gleichzeitig berufene Professoren der Friedrich-Schiller-Universität Jena (FSU) sind. Hinzu kommen mehrere Nachwuchsgruppen und Querschnittseinrichtungen mit einer integrativen Funktion für das Institut, darunter das anwendungsorientierte Biotechnikum als Schnittstelle zur Industrie. Gemeinsam mit der FSU betreibt das HKI die Jena Microbial Resource Collection, eine umfassende Sammlung von Mikroorganismen und Naturstoffen. Zurzeit arbeiten mehr als 350 Personen am HKI, davon 120 als Doktoranden.

Das HKI ist Initiator und Kernpartner großer Verbundprojekte wie der Exzellenz-Graduiertenschule Jena School for Microbial Communication, des Sonderforschungsbereiches/Transregio FungiNet, des Zentrums für Innovationskompetenz Septomics sowie von InfectControl 2020 - Neue Antiinfektionsstrategien, einem Vorhaben im BMBF-Programm Zwanzig20-Partnerschaft für Innovation. Seit 2014 ist das HKI Nationales Referenzzentrum für invasive Pilzinfektionen.


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Die Leibniz-Gemeinschaft verbindet 89 selbständige Forschungseinrichtungen. Deren Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute bearbeiten gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevante Fragestellungen. Sie betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Grundlagenforschung. Sie unterhalten wissenschaftliche Infrastrukturen und bieten forschungsbasierte Dienstleistungen an.

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Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 17.200 Personen, darunter 8.200 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei 1,5 Milliarden Euro.


* Informationen zum FLI

Das Leibniz-Institut für Altersforschung - Fritz-Lipmann-Institut (FLI) in Jena ist das erste deutsche Forschungsinstitut, das sich seit 2004 der biomedizinischen Altersforschung widmet. Über 330 Mitarbeiter aus 30 Nationen forschen zu molekularen Mechanismen von Alternsprozessen und alternsbedingten Krankheiten. Näheres unter
www.fli-leibniz.de.


* Die BMBF-Initiative "Systembiologie für die Gesundheit im Alter - GerontoSys" fördert Forschungsprojekte, die das komplexe Zusammenspiel altersbedingter Prozesse beim Menschen systematisch erfassen und so perspektivisch zur Entwicklung effektiver Therapien für ältere Patienten beitragen können. Im Rahmen dieser Initiative wird seit Ende 2009 auch das Verbundvorhaben "JenAge - Systembiologie von mildem Stress beim gesunden Altern - ein Multi-Spezies-Ansatz" gefördert. Ziel ist es, durch milden Stress aktivierte Stoffwechselwege zu identifizieren und deren Rolle bei Alterungsprozessen aufzuklären. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass milder Stress für Zellen, Gewebe und Organe als Anstoß wirkt, die eigenen Selbstheilungskräfte zu aktivieren und so Schaden zu beseitigen, der ansonsten zum Alterungsprozess beitragen würde. Es wird ein Multi-Spezies-Ansatz mit Untersuchungen an Wurm, Maus, Fisch und Mensch verwendet, der die Möglichkeit bietet, speziesübergreifend konservierte Stoffwechselwege zu identifizieren. Die durch das JenAge-Konsortium erzielten Resultate können zum gesünderen Altern in einer insgesamt älter werdenden Gesellschaft beitragen. Näheres unter
www.jenage.de.


Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution693

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie - Hans-Knöll-Institut (HKI)
Dr. Michael Ramm, 10.04.2014
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. April 2014