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FORSCHUNG/2462: Neue Komponente für Proteintransport entdeckt (idw)


Ruhr-Universität Bochum - 21.07.2011

RUB-Forscher finden neue Komponente für Proteintransport


Mit der Entdeckung eines neuen Enzyms haben Forscher der Ruhr-Universität um Prof. Dr. Erdmann (Medizinische Fakultät, Abteilung Systembiochemie) entscheidende Einblicke in den Proteinimport in bestimmte Zellorganellen (Peroxisomen) erlangt. Im Journal of Biological Chemistry berichten sie, dass das Enzym Ubp15p mit zwei Proteinen zusammenarbeitet, um die Proteintransportmaschinerie nach getaner Arbeit in ihren Ausgangszustand zurückzuversetzen.

Indem das Enzym eine bestimmte Signalsequenz von einem für den Transport wichtigen Protein abtrennt, recycelt es dieses Protein, so dass es eine neue Transportrunde starten kann. "Mit Ubp15p konnten wir dem Mysterium um den Transport von Proteinen in das Innere der Peroxisomen ein weiteres Geheimnis entlocken", so Prof. Erdmann. "Diese Organellen auf molekularer Ebene zu verstehen, ist eine wichtige Voraussetzung, um Diagnosemöglichkeiten und Therapien für Patienten mit Peroxisomen-Erkrankungen zu entwickeln, die nur selten das erste Lebensjahr überleben".

Mit dem Shuttle zum Peroxisom Peroxisomen sind Multifunktionswerkzeuge. Sie verbrennen z. B. Fettsäuren und machen das giftige Wasserstoffperoxid unschädlich. Eine Fehlfunktion dieser Organellen, wie bei den sogenannten Zellweger-Spektrum-Krankheiten, kann verheerende Schäden für Leber-, Nieren- und Gehirnfunktion haben. Um korrekt zu funktionieren, benötigen Peroxisomen bestimmte Proteine, die sie jedoch nicht selbst herstellen können, sondern aus der Zellflüssigkeit durch ein Shuttle-System aus Rezeptoren importieren. Die Rezeptoren erkennen die für das Peroxisom bestimmten Proteine in der Zellflüssigkeit und eskortieren sie an ihren Bestimmungsort. Dort verbinden sie sich mit der Membran des Peroxisoms und bilden einen Teil des Schleusentors, durch das die Proteine ins Innere befördert werden. Damit sie anschließend erneut für den Transport zur Verfügung stehen, wird ein Exportsignal (Ubiquitin) an die Rezeptoren angeheftet, das dafür sorgt, dass sie aus der Peroxisomen-Membran gelöst werden. Unklar blieb jedoch, was danach mit dem Ubiquitin-Signal passiert.

Neue Exportkomponente entdeckt

In einer früheren Publikation in Nature Cell Biology berichtete Erdmanns Team bereits über zwei Motorproteine, die den mit Ubiquitin markierten Rezeptor Pex5p aus der Membran ziehen und zurück in die Zellflüssigkeit transportieren. In einer weiteren Veröffentlichung (Nature Reviews Molecluar Cell Biology) postulierten sie, dass dieser Export des Rezeptors mechanistisch an den Import des peroxisomalen Proteins gekoppelt ist. Das Ubiquitin konnte bislang jedoch nicht zusammen mit Pex5p in der Zellflüssigkeit nachgewiesen werden. "Wir sind also davon ausgegangen, dass das Ubiquitin während oder kurz nach dem Export von dem Rezeptor entfernt wird", erklärt Prof. Erdmann. Mit Fördermitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft (Sonderforschungsbereich 642) fand sein Team nun heraus, dass das Enzym Ubp15p das Exportsignal abtrennt und zu diesem Zweck mit den beiden Motorproteinen zusammenarbeitet, die den Rezeptor aus der Membran des Peroxisoms entfernen.

Enzym könnte wichtig für Recycling sein

Die Forscher konnten Ubp15p in lebenden Hefezellen lokalisieren und feststellen, dass das Enzym in direkten Kontakt mit einem der Motorproteine tritt, um zu den Peroxisomen zu gelangen. Als Erdmanns Team das Ubp15p in den Zellen ausschaltete, verringerte sich die Anzahl an Pex5p ohne Ubiquitin etwa um die Hälfte. Dafür lagen wesentlich mehr Pex5p-Moleküle vor, die mit Ubiquitin markiert waren. Dieses Ergebnis bestätigt die Rolle von Ubp15p bei der Abtrennung des Ubiquitin-Signals. Besonders unter Stressbedingungen scheint das Enzym eine wichtige Funktion beim Import von Proteinen in die Peroxisomen einzunehmen. "Es sieht so aus, als würde Ubp15p eine entscheidende Rolle für das Recycling des Rezeptors spielen", so Prof. Erdmann.


Weitere Informationen
Prof. Dr. Ralf Erdmann
Abteilung für Systembiochemie
Ruhr-Universität Bochum
44780 Bochum
Ralf.Erdmann@rub.de

Titelaufnahmen
Debelyy, M.O.; Platta, H.W.; Saffian, D.; Hensel, A.; Thoms, S.; Meyer, H. E.; Wahrscheid, B.; Girzalsky, W.; Erdmann, R.
Ubp15p, an ubiquitin hydrolase associated with the peroxisomal export machinery.
J. Biol. Chem.
doi: 10.1074/jbc.M111.238600

Schliebs, W.; Girzalsky, W.; Erdmann, R.
Peroxisomal protein import and ERAD: variations on a common theme.
Nat. Rev. Mol. Cell. Biol.; 11, 885-90 (2010)

Platta, H.W.; Grunau, S.; Rosenkranz, K.; Girzalsky, W.; Erdmann,R.
Functional role of the AAA peroxins in dislocation of the cycling PTS1 receptor back to the cytosol.
Nat. Cell. Biol.; 7, 817-822 (2005)

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter:
http://idw-online.de/de/image147496
Transportzyklus: Der Import von Proteinen ins Peroxisom erfordert viele Komponenten. In der Zellflüssigkeit werden peroxisomale Proteine (rot, Kargoproteine) von dem Importrezeptor Pex5p (grün) erkannt und an die peroxisomale Membran dirigiert. Dort bilden Pex5P und weitere Proteine (gelb) eine Schleuse, durch die die Kargoproteine auf bislang unbekannte Weise in das Peroxisom transportiert werden. Enzyme (orange und gelb) markieren den Rezeptor anschließend mit Ubiquitin (Ub). Diese Markierung dient als Signal für die Export-Maschinerie (blau), die den Rezeptor aus der Membran löst. Gleichzeitig wird das Ubiqutin von dem neu entdeckten Enzym Ubp15p entfernt. Der Rezeptor steht nun für einen neuen Importzyklus zur Verfügung.

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Ruhr-Universität Bochum, Dr. Josef König, 21.07.2011
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Juli 2011