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FORSCHUNG/2405: Hormonspray macht einfühlsamer (DGIM)


Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin - Mittwoch, 13. April 2011

Hormonspray macht einfühlsamer
Gehirn, Hormone und Verhalten von Frauen und Männern

117. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM)
30. April bis 3. Mai 2011, Rhein-Main-Hallen, Wiesbaden


Wiesbaden - Der Botenstoff Oxytocin macht Männer einfühlsamer: Ein Nasenspray mit der Substanz erlaubt es dem starken Geschlecht, so intensiv mit anderen Menschen mitzufühlen, wie dies sonst nur Frauen gelingt. Denn Frauen und Männer weichen hierbei deutlich voneinander ab. Wie die Geschlechter sich in Gehirn, Hormonen und Verhalten unterscheiden, diskutieren Experten in einem Symposium auf dem 117. Internistenkongress in Wiesbaden. Die Schauspielerin und Ärztin Dr. med. Maria Furtwängler leitet die Sitzung gemeinsam mit Kongresspräsident Professor Dr. med. Hendrik Lehnert.

Dass Oxytocin Männer für Gesichtsausdrücke empfänglicher macht, zeigte kürzlich eine Studie der Universität Bonn und des Babraham-Instituts Cambridge. Darin gaben die Forscher den Probanden ein Oxytocin-haltiges Nasenspray. Eine Vergleichsgruppe sprühte sich eine wirkungslose Substanz in die Nase. Anschließend sahen sich die Teilnehmer emotional belegte Fotos an: Ein weinendes Kind, ein Mädchen, das eine Katze umarmt, ein trauernder Mann. Die Oxytocin-Gruppe reagierte deutlich empathischer auf die Bilder. Die getesteten Männer erreichten dabei Werte, die sonst für Frauen typisch sind. "Dies bestätigt messbar die Annahme, dass Frauen und Männer hier unterschiedlich ausgestattet sind", sagt Professor Dr. med. Hendrik Lehnert, Lübeck. Diesen verschiedenen Voraussetzungen der Geschlechter müsse die Medizin noch stärker Rechnung tragen, so Lehnert. Unterschiede zwischen weiblichem und männlichem Gehirn, Hormonen und Verhalten thematisiert der DGIM-Vorsitzende deshalb in Wiesbaden in dem Symposium "The male and female brain".

Die enge Verzahnung von Hormonen und Verhalten belegten die Bonner Forscher auch in einem Fragetest: Die Oxytocin- und die Kontrollgruppe mussten am Computer Merkaufgaben lösen. Bei richtigen Antworten erschien auf dem Bildschirm ein lobendes, bei falschen ein tadelndes Gesicht. Alternativ erfolgte das Feedback über grüne oder rote Kreise. Das Ergebnis: Der Lernerfolg erwies sich als größer, wenn die Gesichter ihn bestätigten. Vor allem aber sprach die Oxytocin-Gruppe deutlich besser darauf an als die Placebo-Gruppe.

Das Hormon Oxytocin spielt eine wichtige Rolle bei der Geburt. Es löst die Geburtswehen aus und bewirkt, dass die Brust Milch abgibt, wenn das Baby daran saugt. Oxytocin prägt aber auch die Bindung von Mutter und Kind und zwischen Partnern und beeinflusst Liebe und Vertrauen. "Erkenntnisse über das Zusammenspiel von Hormonen, Gehirn und Verhalten haben nicht nur für eine geschlechterbezogene Medizin erhebliche Bedeutung", sagt Professor Lehnert. Die Ergebnisse der Bonner Forscher legen zum Beispiel nahe, die Substanz therapeutisch einzusetzen. Möglicherweise eignet sich das Hormon als Medikament bei Erkrankungen wie etwa Schizophrenie. Denn diese geht oft mit einem Verlust der sozialen Kontaktfähigkeit einher.

Auf dem 117. Internistenkongress in Wiesbaden diskutieren die Experten den Einfluss des Geschlechts auf Belohnungssysteme, Sprache und Gedächtnis. Unter Leitung von Professor Lehnert und Dr. Maria Furtwängler hinterfragen sie außerdem, welche Verhaltensweisen bei Mädchen und Jungen angeboren und welche mit dem Heranwachsen erworben sind. Ein Thema ist hierbei auch, wie Hunger und Essverhalten hormonell gesteuert sind und sich bei Männern und Frauen verschieden ausprägen.


Terminhinweise:

Symposium: The male and female brain/Gehirn, Hormone und Verhalten
Vorsitz: Dr. Maria Furtwängler, München, Prof. Hendrik Lehnert, Lübeck
Termin: Sonntag, 1. Mai 2011, 15.00 bis 16.20 Uhr
Ort: Rhein-Main-Hallen, Wiesbaden, Halle 1


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Quelle:
Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM)
Pressemitteilung vom 13. April 2011
DGIM Pressestelle
Postfach 30 11 20, 70451 Stuttgart
Internet: www.dgim2008.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. April 2011