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FORSCHUNG/2366: Warum Entzündung müde macht (idw)


Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg - 03.02.2011

Warum Entzündung müde macht


Patienten mit entzündlichen Erkrankungen oder Infekten leiden oftmals zusätzlich an Müdigkeit und Abgeschlagenheit, Schlafstörungen und sogar Depressionen. Forscher der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und des Universitätsklinikums Erlangen um den Mediziner Prof. Dr. Georg Schett haben jetzt herausgefunden, was diese Symptome auslöst. Sie identifizierten einen Botenstoff, der die Kommunikation zwischen Immunsystem und Gehirn entscheidend steuert. Ihre Ergebnisse haben die Wissenschaftler in der Online-Ausgabe des Fachmagazins Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) veröffentlicht.

Für ihre Studie untersuchten die Erlanger Forscher Patienten mit rheumatoider Arthritis, einer der schwerwiegendsten Autoimmunkrankheiten, sowie Mäuse, die aufgrund eines Gendefektes eine ganz ähnliche Erkrankung zeigen. Sowohl Menschen als auch Mäuse leiden unter entzündeten Gelenken und damit verbundenen starken Schmerzen. Hinzu kommen in vielen Fällen Müdigkeit und Abgeschlagenheit, Schlafstörungen und Depressionen. Bekannt war bisher, dass diese Symptome im zentralen Nervensystem entstehen. Wie jedoch die Immunabwehr und die Entzündung in den Gelenken das Nervensystem beeinflussen, konnte die Wissenschaft bisher nicht erklären.

Mithilfe einer speziellen Aufnahmetechnik für die funktionelle Magnet-Resonanztomographie an narkotisierten Mäusen, die PD Dr. Andreas Hess vom Lehrstuhl für Pharmakologie und Toxikologie und Prof Dr. Kay Brune, Doerenkamp-Stiftungsprofessur für Innovationen im Tier- und Verbraucherschutz, entwickelt haben, konnten die Forscher jetzt neue Erkenntnisse gewinnen. Bei der Analyse der Aufnahmen von Mäusehirnen entdeckte das Team, dass ein wesentlicher Entzündungsbotenstoff - der so genannte Tumornekrosefaktor alpha - zwischen Immunsystem und Gehirn vermittelt und dabei auch die Schmerzwahrnehmung entscheidend beeinflusst. Diesen Effekt konnten die Forscher auch beim Menschen beobachten.

"Interessanterweise werden Medikamente, die den Tumornekrosefaktor alpha hemmen, schon weltweit erfolgreich zur Behandlung von rheumatoider Arthritis eingesetzt", sagt Professor Schett. "Warum aber diese Therapien so rasch zu einer Linderung dieser chronischen Erkrankung führen, war bisher unbekannt. Dabei dämpfen die Medikamente die Schmerzen und steigern das Wohlbefinden noch bevor die Entzündung abgeklungen ist." Diese Wirkung können die Erlanger Forscher nun erklären: Hemmt man den Tumornekrosefaktor, verringert sich die Schmerzempfindlichkeit im Gehirn, und auch die psychischen Veränderungen wie Müdigkeit und Abgeschlagenheit werden positiv beeinflusst.

"Unsere Forschungsergebnisse lassen sich vermutlich auf eine ganze Reihe von entzündlichen Erkrankungen oder auch Infektionen übertragen", sagt Professor Schett. "Die Erkenntnisse tragen dazu bei, die Mechanismen von Erkrankungen des Immunsystems aufzuklären. Sie zeigen aber gleichzeitig auch, dass mit Hilfe moderner Techniken der Bildgebung neue Therapien gegen unterschiedlichste chronische Erkrankungen wie rheumatoide Arthritis entwickelt und analysiert 0werden können."

Die Arbeiten wurden vom Bundesministerium für Bildung und Forschung über das Projekt Immunopain sowie durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft im Rahmen der Forschergruppe 661 "Multimodale Bildgebung in der präklinischen Forschung" unterstützt.

Die ausführlichen Forschungsergebnisse im Internet:
http://www.pnas.org/content/early/2011/01/13/1011774108.full.pdf

Die Universität Erlangen-Nürnberg, gegründet 1743, ist mit 29.000 Studierenden, 590 Professorinnen und Professoren sowie 2000 wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte Universität in Nordbayern. Schwerpunkte in Forschung und Lehre liegen an den Schnittstellen von Naturwissenschaften, Technik und Medizin in engem Dialog mit Jura und Theologie sowie den Geistes-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften. Seit Mai 2008 trägt die Universität das Siegel "familiengerechte Hochschule".


Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter:
http://idw-online.de/pages/de/image134380
Magnetresonanztomographische Querschnitte durch das Gehirn von Mäusen mit Arthritis vor (oben) und nach Hemmung von Tumornekrosefaktor (unten). Vor der Hemmung zeigt sich eine deutlich sichtbare Gehirnaktivität, die durch die Therapie deutlich eingeschränkt wird.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution18


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Pascale Anja Dannenberg, 03.02.2011
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Februar 2011