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BILDUNG/761: Mehr Stress für Studierende und Qualitätsverlust im Medizinstudium (idw)


MFT Medizinischer Fakultätentag e.V. - 23.01.2012

Mehr Stress für Studierende und Qualitätsverlust im Medizinstudium

Hochschulmedizin kritisiert Vorschlag der EU-Kommission


Die Deutsche Hochschulmedizin wendet sich mit aller Deutlichkeit gegen die von der EU-Kommission vorgeschlagene Erschwerung des Medizinstudiums. Bei gleicher Pflichtstundenzahl soll das Medizinstudium von sechs auf fünf Jahre verkürzt werden.

Gegenstand der Initiative aus Brüssel ist die Verkürzung der europaweit geltenden Mindestdauer des Medizinstudiums bei unveränderter Unterrichtszeit von mindestens 5.500 Stunden. Es ist zu befürchten, dass fünf statt sechs Jahre als Regelstudienzeit etabliert werden. Allerdings ist diese Verdichtung des Studiums weder umsetzbar noch wünschenswert.

Studierende und Dozenten würden noch mehr belastet

"Von den 5.500 Mindeststunden, die an einer Universität oder unter Aufsicht einer Universität geleistet werden, entfallen 1.920 Ausbildungsstunden auf das Praktische Jahr", erläutert Professor Dieter Bitter-Suermann, Präsident des Medizinischen Fakultätentages. "Wenn Brüssel nun ein Studienjahr streichen will, müssten die weiteren 3.580 Stunden künftig in vier Jahren bewältigt werden. Der wöchentliche Lern- und Lehraufwand würde um 25 Prozent zunehmen." Da für jede Semesterwochenstunde eine Vor- und Nachbereitungszeit von zwei Stunden hinzu kommt und Prüfungszeiten von den Ländern immer noch nicht als Unterricht anerkannt werden, käme es insgesamt zu einer enormen Belastung für Studierende und Dozenten. "Der Stress im Studium würde zunehmen und die Zeiten für Prüfungsvorbereitungen und Wiederholungen würden abnehmen. In der Folge käme es zu mehr Studienabbrüchen", warnt Bitter-Suermann besorgt.

Qualitätsverlust in Ausbildung und Gesundheitsversorgung

Zudem würde die Ausbildung praktischer Fähigkeiten gekürzt werden müssen, da keine Spielräume für die Pflegepraktika und Famulaturen blieben. Diese Ausbildungsabschnitte dürfen bei der Stundenberechnung nach der Ärztlichen Approbationsordnung ebenfalls nicht mitgerechnet werden. Doch auch die wissenschaftliche Ausbildung auf dem Stand der Forschung würde leiden und auf ein akademisches Selbststudium müssten die meisten Studierenden ganz verzichten. "Wer im Studium nicht eigenständig wissenschaftliche Methoden und Ansätze lernt, kann im späteren Berufsleben auch nicht selbstständig den schnellen medizinischen Fortschritt bewerten", gibt Rüdiger Strehl, Generalsekretär des Verbands der Universitätsklinika, zu bedenken. "Mit der vorgeschlagenen Verdichtung des Medizinstudiums würde langfristig die Versorgungsqualität abnehmen", mahnt Strehl.

Die Deutsche Hochschulmedizin plädiert für die Fortführung des Medizinstudiums mit einer Dauer von sechs Jahren bei einer Unterrichtszeit von wie bisher 5.500 Stunden.
Ihre Stellungnahme ist im Netz abrufbar:
http://www.mft-online.de/files/stellungnahme_zur_eu-richtlinie.pdf



Kontakt:
Deutsche Hochschulmedizin e. V.
Alt-Moabit 96, 10559 Berlin
E-Mail: berlin@mft-online.de

Der Verband "Deutsche Hochschulmedizin e. V." vertritt die Medizinischen Fakultäten und Universitätsklinika Deutschlands.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution847


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
MFT Medizinischer Fakultätentag e.V., Katharina Lemcke, 23.01.2012
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Januar 2012