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NOTFALL/225: Herzinfarkt - Häufige Diagnosefehler von Notärzten (Thieme)


Thieme Verlag / FZMedNews - Freitag, 2. Oktober 2009

Herzinfarkt: Häufige Diagnosefehler von Notärzten


fzm - Werden Notärzte zu einem Patienten mit Herzinfarktbeschwerden gerufen, ist eine rasche Diagnose im Rettungswagen entscheidend. Die Ärzte verlassen sich dabei auf eine Analyse der Herzstromkurve (EKG). Doch die Fehlerquote ist nach einer Studie in der Fachzeitschrift "DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2009) hoch: Einer von fünf Herzinfarkten werde demzufolge im Ernstfall nicht erkannt. In einem von vier Fällen würde der Patient nicht die richtige Behandlung erhalten.

Bei einem schweren Herzinfarkt werden die Patienten nicht ins nächste allgemeine Krankenhaus transportiert, sondern nach Möglichkeit in ein Zentrum, in dem eine Herzkatheterbehandlung möglich ist, erläutert Dr. Marc-Alexander Ohlow von der Zentralklinik in Bad Berka. Ist der Weg zu weit, erhalten die Patienten bereits im Rettungswagen ein Mittel in die Vene, das blockierte Herzkranzgefäße freilegen kann. Voraussetzung für die Therapie ist, dass der Arzt den Herzinfarkt richtig diagnostiziert. Notarztwagen sind heute zu 90 Prozent mit modernen EKG-Geräten ausgerüstet, die Signale von zwölf verschiedenen Stellen aufzeichnen.

Die Analyse der Ausdrucke ist nicht einfach, erklärt Dr. Ohlow, der in einer Studie 73 Notärzte getestet hat. Ihnen wurden jeweils acht EKG-Befunde vorgelegt, von denen aber nur sechs einen "STEMI" (ST-Strecken-Hebungs-Herzinfarkt) anzeigten. So bezeichnen Ärzte den schweren Herzinfarkt, der an einem zentralen EKG-Zeichen, der ST-Streckenhebung, zu erkennen ist.

Alle Teilnehmer der Studie hatten Erfahrung im Notarzteinsatz. Jeder zweite war seit mehr als fünf Jahren immer wieder im Rettungswagen tätig, wo sie tagtäglich Menschen mit Herzinfarkten betreuten. Diese machen 16 Prozent aller Einsätze aus. Dennoch erkannten sie in der Studie nur 80 Prozent der Herzinfarkte, und nur 75 Prozent der Patienten haben die richtige Behandlung erhalten, berichtet Dr. Ohlow.

Weil eine zu späte Diagnose die Behandlungschancen der Patienten verschlechtert, muss die diagnostische Sicherheit von Notärzten dringend verbessert werden, fordert der Kardiologe. Eine Möglichkeit sieht er in der telemetrischen Übertragung der EKG-Daten an das nächste Herzkatheterzentrum. Dort könnte dann schnell entschieden werden, ob der Patient für eine Behandlung infrage kommt. Außerdem sollten die Ärzte regelmäßig in der EKG-Auswertung im Rettungswagen trainiert werden. In Deutschland sind Ärzte verschiedener Berufsgruppen im Notarzteinsatz. Neben Kardiologen und Narkoseärzten, die tagtäglich EKGs auswerten, fahren auch Chirurgen und Internisten im Rettungswagen mit. In einer früheren Studie, an der nur Kardiologen und Narkoseärzte teilnahmen, waren die "Trefferquoten" deutlich höher. Eine solche Besetzung ist aber nur in größeren Städten möglich.


M.-A. Ohlow et al.:
Probleme in der präklinischen Diagnostik des ST-Hebungsinfarktes.
DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift 2009; 134 (40): S. 1984-1989


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Quelle:
FZMedNews - Freitag, 2. Oktober 2009
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Oktober 2009