Schattenblick → INFOPOOL → MEDIZIN → FACHMEDIZIN


ONKOLOGIE/1900: Neue Strategie gegen Blutkrebs mit Hemmstoff von STAT5 Transkriptionsfaktor (idw)


Veterinärmedizinische Universität Wien - 22.02.2018

Neue Strategie gegen Blutkrebs mit Hemmstoff von STAT5 Transkriptionsfaktor


Akute myeloische Leukämie (AML) ist die häufigste Form von akutem Krebs im Blut und Knochenmark bei Erwachsenen. Diese Art von Krebs entwickelt sich in der Regel sehr schnell und nur 26% der PatientInnen überleben länger als 5 Jahre, da schnell Resistenzen gegen etablierte Behandlungen auftreten. Die häufigste molekulare Ursache sind FLT3-Mutationen, die den Signalüberträger und Transkriptionsfaktor STAT5 aktivieren. Ein von ÖsterreicherInnen geleitetes internationales Konsortium von Forschenden berichtet nun über eine neue Strategie zur direkten Hemmung von STAT5, die gut mit bestehenden Therapien kooperiert.

Blutkrebs bezeichnete mehrere zumeist schwere Erkrankungen, in denen die Blutzellproduktion verändert ist. Erkrankungen von weißen Blutkörperchen zeichnen sich durch verstärkte Proliferation, verminderte Differenzierung und verringerten Zelltod aus, was das Auswachsen eines dominanten myeloischen Zelltyps fördern kann. AML als eine der verheerendsten dieser Erkrankungen, verläuft gewöhnlich sehr aggressiv und trotz erheblicher Fortschritte bei therapeutischen Ansätzen und allogener hämatopoetischer Stammzelltransplantation überleben nur 26% der Patienten länger als 5 Jahre. Dieser Blutkrebs wird häufig durch Mutationen verursacht, die intrazelluläre Signalübertragung oder Gentranskription überaktivieren. Aktivierende Mutationen im Rezeptor FLT3, die 30% der Treibermutationen bei AML repräsentieren, aktivieren wiederum STAT5, einen wichtigen Transkriptionsfaktor für die Transformation von Blutzellen erforderlich ist. Die Bekämpfung der mutierten Proteine mit niedermolekularen Wirkstoffen ist derzeit die führende Strategie zur Krebsbekämpfung. FLT3-Inhibitoren wirken bei AML-Patienten mit FLT3-Mutationen zwar anfangs gut, aber nicht dauerhaft, und AML schreitet bei praktisch allen Patienten fort. Neue Behandlungsstrategien sind daher dringend erforderlich, um das Überleben von Patienten dieser aggressiven Krankheit zu verbessern.

Transkriptionsfaktoren wie STAT5 ähneln genetischen Lichtschaltern, weil sie in der Lage sind, Gene an- und auszuschalten. Allerdings scheiterten bisherige Ansätze STAT5-Transkriptionsfaktoren zu hemmen oft an der Wirksamkeit oder einem Mangel an Spezifität. Ein internationales Konsortium von Forschenden aus Österreich, Kanada und Ungarn berichtet nun über einen neuartigen Wirkstoff, der STAT5 direkt bindet und selektiv hemmt. Unter der Leitung von Richard Moriggl, Direktor des Ludwig Boltzmann Instituts für Krebsforschung und Professor für Funktionelle Krebsgenomik an der Veterinärmedizinischen Universität Wien und der Medizinischen Universität Wien, haben sich die Forscher entschieden STAT5 an der SH2-Domäne zu treffen, die für Wechselwirkungen zwischen STAT5 Proteinen und in weiterer Folge für deren Aktivität essentiell ist.

Ziel der Forschung war die Entwicklung, Synthese und präklinische Validierung einer neuen Verbindung, die die onkogenen Funktionen von STAT5-Proteinen gezielt unterbindet. Nach computergestützter molekularer Modellierung wurde eine Verbindung synthetisiert und in einer breiten Reihe von Tests validiert. In der Studie, die jetzt im renommierten Journal der Nature-Gruppe Leukemia, veröffentlicht wurde, bindet die Verbindung nicht nur direkt an STAT5, sondern stört auch die STAT5-Aktivierung, die Translokation in den Zellkern und die STAT5-abhängige Gentranskription. Bettina Wingelhofer, die Erstautorin der Publikation, verwendete die Verbindung in mehreren leukämischen Zellen: "Wir konnten zeigen, dass unsere neue Verbindung ein guter Wirkstoffkandidat sein könnte, da sie die Proliferation von AML-Zelllinien in niedrigen Konzentrationen beeinträchtigt." Gemeinsam mit dem Team von Peter Valent (Medizinische Universität Wien), Sprecher des SFB-F47 und internationaler klinischer Experte für AML, wurde auch in frisch isolierten Patientenproben eine Wirkung der Substanz nachgewiesen. Erste Experimente in Kombination mit etablierten Medikamenten zeigten, dass die neue Verbindung die Tumorzellproliferation kooperativ hemmte. Die Zusammenarbeit mit einem Pharmaunternehmen wird erforderlich sein, um diese neue Substanzklasse weiterzuentwickeln, um eine Substanz zu erhalten, die für eine klinische Studie geeignet ist.

Finanzielle Unterstützung:
Die Forschung in Österreich wurde im Wesentlichen durch Mittel für Richard Moriggl vom Wissenschaftsfonds FWF durch SFB-F47 und die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) durch das Projekt Nr. 854452 gefördert.

Publikation in Leukemia:
Bettina Wingelhofer, Barbara Maurer, Elizabeth C. Heyes, Abbarna C. Cumaraswamy, Angelika Berger-Becvar, Elvin D. de Araujo, Anna Orlova, Patricia Freund, Frank Ruge, Jisung Park, Gary Tin, Siawash Ahmar, Charles-Hugues Lardeau, Irina Sadovnik, Dávid Bajusz, György Miklós Keserü, Florian Grebien, Stefan Kubicek, Peter Valent, Patrick T. Gunning and Richard Moriggl,
Pharmacologic inhibition of STAT5 in acute myeloid leukemia, Leukemia
(2018), doi:10.1038/s41375-017-0005-9


Über die Veterinärmedizinische Universität Wien
Die Veterinärmedizinische Universität Wien (Vetmeduni Vienna) ist eine der führenden veterinärmedizinischen, akademischen Bildungs- und Forschungsstätten Europas. Ihr Hauptaugenmerk gilt den Forschungsbereichen Tiergesundheit, Lebensmittelsicherheit, Tierhaltung und Tierschutz sowie den biomedizinischen Grundlagen. Die Vetmeduni Vienna beschäftigt 1.300 MitarbeiterInnen und bildet zurzeit 2.300 Studierende aus. Der Campus in Wien Floridsdorf verfügt über fünf Universitätskliniken und zahlreiche Forschungseinrichtungen. Zwei Forschungsinstitute am Wiener Wilhelminenberg sowie ein Lehr- und Forschungsgut in Niederösterreich gehören ebenfalls zur Vetmeduni Vienna. Die Vetmeduni Vienna spielt in der globalen Top-Liga mit: 2017 belegt sie den exzellenten Platz 8 im weltweiten Shanghai-Hochschulranking im Fach "Veterinary Science".
www.vetmeduni.ac.at

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution1560

*

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Veterinärmedizinische Universität Wien, Mag.rer.nat. Georg Mair, 22.02.2018
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Februar 2018

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang