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INNERE/1319: Chronisch entzündliche Darmerkrankungen - Risikofaktor "dünne Luft" in großen Höhen (idw)


Schweizerischer Nationalfonds SNF - 16.09.2013

Wenn Fliegen Bauchweh macht



Patienten mit chronisch entzündlichem Darm machen oft die Erfahrung, dass es nach einer Reise zu Entzündungsschüben kommt. Die Hauptrolle spielt dabei nicht der Reisestress, sondern der Sauerstoffmangel im Flugzeug oder während Aufenthalten im Gebirge. Wird dieser neue Risikofaktor berücksichtigt, kann man weiteren Schüben vorbeugen. Zu diesem Schluss gelangt eine vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) unterstützte Studie.

Sauerstoffmangel oder sprichwörtlich "dünne Luft", wie sie in den Bergen oder in Flugzeugen herrscht, kann bei Menschen mit entsprechender Veranlagung Entzündungen im Verdauungstrakt auslösen. Diesen Zusammenhang haben Forschende der Schweizer IBD-Kohorte nun mit Untersuchungen an rund hundert Patienten erhärtet, die an chronisch entzündlichem Darm ("inflammatory bowel disease", IBD) leiden. Im Folgemonat nach einem Aufenthalt in den Bergen oder einer Flugreise traten Entzündungsschübe deutlich häufiger auf, wie die Forschenden um Stephan R. Vavricka vom Triemlispital in ihrer kürzlich publizierten Studie berichten (*).

Schuld liegt nicht beim Reisestress

Patienten mit IBD sind sich des Zusammenhangs von Reisen und Entzündungsschüben oft bewusst und verzichten deshalb aufgrund negativer Erfahrungen mitunter ganz auf Reisen in entfernte Gegenden. Im Allgemeinen werde die Schuld für die Schübe allerdings eher beim Reisestress oder bei im Ausland zugezogenen Infekten gesucht, sagt Vavricka. Der Gastroenterologe und Erstautor der Studie ist sich aber sicher, dass der Grund für die Entzündungsschübe Sauerstoffmangel ist. Eine Flugreise entspricht einem Aufenthalt in etwa 2500 Metern Höhe, was die Sauerstoffkonzentration in der Luft angeht, und die Häufigkeit der Entzündungsschübe ist bei Flug- wie Bergreisen ähnlich erhöht. Zudem lasse sich der Zusammenhang auch im Labor anhand von Gewebeproben belegen, die bei Sauerstoffmangel eine entzündliche Reaktion zeigen, sagt Vavricka.

Wenn Aufenthalte in höheren Berglagen und Flugreisen als gewichtige Risikofaktoren für Entzündungsschübe bei IBD-Patienten angesehen werden, verschafft das mitunter Erleichterung für die Patienten. So können zum Beispiel behandelnde Ärzte ihren Patienten vor einer Reise Medikamente verschreiben, um die Reaktion ihres Darms auf den Sauerstoffmangel zu lindern und einem Entzündungsschub vorzubeugen.

Wesentliche Rolle von Umwelteinflüssen

Erst unlängst hatte dieselbe Forschungsgruppe aufgezeigt, dass es auch während Hitzewellen vermehrt zu Entzündungsschüben bei IBD-Patienten kommt. Damit wird immer deutlicher, dass Umwelteinflüsse eine wesentliche Rolle bei Entzündungen im Verdauungstrakt spielen. Mit weiteren Forschungsanstrengungen sollen diese Zusammenhänge in den nächsten Jahren erhellt werden, um damit den behandelnden Ärzten bessere Entscheidungsgrundlagen zu liefern. Dabei sind auch Versuchsreihen in Druckkammern vorgesehen.


(*) Stephan R. Vavricka, Gerhard Rogler, Sandra Maetzler, Benjamin Misselwitz, Ekaterina Safroneeva, Pascal Frei, Christine N. Manserb, Luc Biedermann, Peter Higgins, Kacper A. Wojtal and Alain M. Schoepfer (2013). High altitude journeys and flights are associated with an increased risk of flares in inflammatory bowel disease patients. J Crohns Colitis online. doi: 10.1016/j.crohns.2013.07.011
(Manuskript beim SNF erhältlich; E-Mail: com@snf.ch)

Der Text dieser Medienmitteilung steht auf der Webseite des Schweizerischen Nationalfonds zur Verfügung:
www.snf.ch → Medien →  Medienmitteilungen.

Kontakt
PD Dr. med. Stephan Vavricka
Stadtspital Triemli
Birmensdorferstrasse 497
CH-8063 Zürich
E-Mail: stephan.vavricka@triemli.stzh.ch

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.snf.ch
http://www.ibdcohort.ch


Schweizer IBD-Kohorten-Studie
Mit dem Ziel, chronisch entzündliche Darmerkrankungen (im Englischen: "Inflammatory Bowel Diseases oder IBD) besser zu verstehen, haben sich Fachspitäler, niedergelassene Ärztinnen und Ärzte und universitäre Instituten zusammengeschlossen. Sie sammeln medizinische Daten von unterdessen beinahe 2000 Betroffenen, die sich an dieser Langzeitstudie beteiligen. Die Studie wird seit 2005 vom Schweizerischen Nationalfonds gefördert.
www.ibdcohort.ch

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution1165

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Schweizerischer Nationalfonds SNF, Medien, 16.09.2013
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. September 2013