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DOKUMENTATION/1742: ZDF - Terra X "Welten-Saga" in sechs Teilen, 03.05.-07.06.2020 (ZDF)


Terra X: Welten-Saga
Sechsteilige Dokumentationsreihe mit Christopher Clark
Ab 3. Mai 2020 jeweils sonntags um 19.30 Uhr

Inhalt:
– Vorwort von Prof. Peter Arens
– Stab
– Inhalt der sechs Folgen "Terra X: Welten-Saga"
– Historiker und Moderator Prof. Christopher Clark im Interview
– Interview mit Regisseur Gero von Boehm


"Welten-Saga": Das Erbe der Menschheit in Gefahr
Vorwort von Prof. Peter Arens, Leiter der ZDF-Hauptredaktion Geschichte und Wissenschaft

Die Antike kannte sieben Weltwunder, heute zählt die UNESCO ganze 1121 Schätze der Kulturwelt in 167 Ländern. "Welten-Saga": Das ist zuerst ein Bericht von den eindrucksvollsten und schönsten Plätzen der Welt und eine Erzählung ihrer unverwechselbaren Geschichte. Aber es sind nicht nur Monumente und einzigartige Landschaften, die wir dokumentieren. Genauso tauchen wir ein in die Welt der "immateriellen Schätze": Musik, einmalige Erfindungen, Sitten und Gebräuche, die von der UNESCO als Welterbe ausgewählt wurden.

In der "Welten-Saga" werden versunkene Kulturen rekonstruiert und ihre Geschichte erzählt. Regisseur Gero von Boehm und Moderator Sir Christopher Clark haben sich mit ihrem Team auf den Weg gemacht, gefilmt wurde in 4K-Auflösung. Jeder Dreh ist authentisch, jeder Ort wurde eigens besucht. Erstklassige Luftaufnahmen sorgen für hohen Schauwert, prachtvolle 3D-Animationen rekonstruieren den Alltag rund um die alten Welterbestätten. Moderator Christopher Clark saugt die Magie der Orte auf, übt auf den Spuren des Kulturerbes in Indien Yoga, zieht mit nomadischen Berbern durch die jordanische Wüste und kocht mit mexikanischen Köchinnen "Mole Poblano".

Für die "Welten-Saga" ist das ZDF eine Kooperation mit der UNESCO in Paris eingegangen. Davon haben die Filme und die Arbeit des Autors Gero von Boehm profitiert. Die Kooperation hat Türen geöffnet, Zugang zu neuesten Forschungen geschaffen. Und sie hat eine kritische Arbeit auch an jenen Orten ermöglicht, an denen journalistische Recherche eher ungewöhnlich ist.

Unsere "Welten-Saga" ist ein aktuelles und dringendes Filmprojekt. Denn die Hälfte des Welterbes ist bedroht: durch Migration, Naturkatastrophen, Klimaveränderungen, Krieg oder ganz einfach brutale Gewalt. So hat der kriegerische Terrorismus die Zerstörung von Welterbestätten geradezu inszeniert, die Sprengung der Buddha-Statuen von Bamiyan durch die Taliban in Afghanistan 2001 ist ein schockierendes Beispiel hierfür. Den Höhepunkt fundamentalistischer Zerstörungswut erlebte die Welt während des Krieges in Syrien. Mit der Zerschlagung der großartigen Ruinen von Palmyra wollten Fundamentalisten die völkerverbindende Symbolkraft dieser alten internationalen Handelsstadt zwischen Afrika, Europa und dem Orient auslöschen. Die UNESCO reagierte umgehend: Auf einer internationalen Konferenz wurden umfangreiche Maßnahmen zum Schutz des syrischen Kulturerbes beschlossen. Dabei zeigte sich auch, wie stark die Identität sowie die kulturelle und ökonomische Zukunft der Menschen insbesondere durch ihre Bauten, ihre Plätze, Städte und Gotteshäuser geprägt sind. Das konnten Gero von Boehm und Christopher Clark vor Ort in Gesprächen mit Einheimischen und Experten immer wieder feststellen, und auch das dokumentiert die "Welten-Saga": wie wichtig der Erhalt des Welterbes für die jeweilige Bevölkerung ist.

Vor sechzig Jahren nahm im Zusammenhang mit dem Bau des Staudamms von Assuan in Ägypten auch die Idee des "kulturellen Welterbes" Gestalt an: Um die großen Kulturdenkmäler am Nil vor einer Überflutung zu bewahren, wurden sie mithilfe der UNESCO abgetragen und an einem anderen Ort wieder aufgebaut. Davon zeugt heute die prachtvolle Tempelanlage von Abu Simbel. Diese legendäre internationale Leistung führte zur Durchsetzung der Idee eines allgemeinen Menschheitserbes, festgehalten in der Welterbekonvention von 1972, die bis heute von 193 Ländern unterschrieben wurde.

Heute machen populistisch handelnde Staatschefs das Kulturerbe zum Spielball ihrer Interessen, und das in irritierend unverblümter Radikalität. Die Twitter-Drohung des amerikanischen Präsidenten Donald Trump vom 4. Januar 2020, "52 strategisch und kulturell wichtige Ziele" im Iran anzugreifen, ist das jüngste Beispiel hierfür. Auch wenn der Präsident zwei Tage später zurückruderte und versprach, sich an internationale Konventionen zu halten, zeigt der Vorgang dennoch, dass auf politischer Ebene das Bewusstsein um die immense Bedeutung eines kulturellen Welterbes zu verblassen droht.

Auch vor diesem Hintergrund ist die "Welten-Saga" nicht nur ein spannendes und bilderreiches Programm in bewährter "Terra X"-Manier, sondern eine Erinnerung an unsere gemeinsame Verantwortung für die Schätze der Welt.

Prof. Peter Arens, Leiter der ZDF-Hauptredaktion Geschichte und Wissenschaft

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Stab

Moderation: Christopher Clark
Buch, Regie: Gero von Boehm
Kamera: Alexander Hein
Ton: Hardy Hergt
Schnitt: Andreas Tiletzek
Musik: Paul Rabiger
Producer: Raghavendra Verma, Kitty Bu Yang, Nuttakarn Sumon, Ghassan Salti, Wael Mohamed Moshneb, Derrick Kibisi, Zablon Beyene, Ernek Reder, Julian Navarro, Diego Schlegel, Roya Esmaeelzadeh, Enrique Bayas, Luis Maldonado-Robles, Michael Pacino, Roberto Ordaz
Redaktionelle Mitarbeit: Christine Reiss-Suckow (Interscience Film), Claudia Friese (ZDF)
CGI: Faber Courtial
Produktionsleitung Interscience Film: Christine Rau
Produktionsleitung ZDF: Freda Adilovic, Cora Szielasko-Schulz, Christian Stachel
Produzentin: Christiane von Boehm (Interscience Film)
Redaktion: Bernhard von Dadelsen, Ricarda Schlosshan
Leitung: Peter Arens

Mit Unterstützung der UNESCO

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Inhalt der sechs Folgen "Terra X: Welten-Saga"

Die Schätze Afrikas
ZDF, Sonntag, 3. Mai 2020, 19.30 Uhr

In der ersten Folge der "Welten-Saga" bereist Moderator Christopher Clark den afrikanischen Kontinent, der als die Wiege der Menschheit gilt. Sein Weg führt ihn von den Pyramiden und Tempeln Ägyptens bis zu den Kirchen und Festungen Äthiopiens, von der Insel Lamu vor Kenia bis in die atemberaubende Serengeti in Tansania.

Wer kennt sie nicht, die Pyramiden von Gizeh? Schon in der Antike zählten sie zu den Weltwundern, und bis ins Mittelalter gab es kein höheres Bauwerk als die Cheops-Pyramide. Unzählige Legenden und Mythen ranken sich um den Bau der gigantischen Grabmale – noch immer sind nicht alle Rätsel gelöst. Ägypten hat eine reiche und vielfältige Geschichte. Eine davon erzählt das Hilali-Epos, eine mündlich überlieferte Heldensaga aus dem 10. Jahrhundert, die noch heute mit musikalischer Begleitung vorgetragen wird. Die UNESCO hat sie zum immateriellen Weltkulturerbe erklärt – in der Hoffnung, dass sich diese einzigartige Tradition erhält.

Für weltweites Aufsehen sorgte die UNESCO in den 1960er-Jahren, als es ihr in einer groß angelegten Rettungsaktion gelang, die Tempel von Abu Simbel und Philae zu verlegen, die sonst durch den Bau des Assuan-Staudamms geflutet worden wären. Die Tempel wurden abgetragen und auf sicherem Gebiet wieder aufgebaut. Sie sind Meisterwerke der Felsbaukunst. Berühmt ist das "Sonnenwunder" von Abu Simbel: Zwei Mal im Jahr fällt Sonnenlicht in das Heiligtum und beleuchtet drei der vier Götterstatuen.

Christopher Clark zeigt in Äthiopien zum Beispiel die in Fels gehauenen Kirchen von Lalibela. Da ist der Palastbezirk der alten Königsstadt Gondar, die nicht nur den Einfluss des gesamten Orients, sondern auch des europäischen Barock zu erkennen gibt. Und im Awash-Tal wurde das 3,2 Millionen Jahre alte Skelett eines weiblichen Urzeitmenschen gefunden: "Lucy", die Urmutter der Menschheit.

Auf seiner Reise in den Süden macht Clark in Lamu halt, der Hauptstadt der gleichnamigen Insel vor der Küste Kenias und Weltkulturerbe. Mit seinen farbenfrohen Häuserfronten und langen Promenaden steht Lamu für 2000 Jahre Geschichte, vom geschäftigen Goldhandel der Swahili bis zum massenhaften Verkauf von Sklaven in den Orient. Clarks Reise findet ihren Abschluss im Serengeti Nationalpark, einem UNESCO Weltnaturerbe. Hier beobachtet er eines der eindrucksvollsten Naturschauspiele der Welt: die größte Wanderung von Landtieren.


Die Schätze Indiens
ZDF, Sonntag, 10. Mai 2020, 19.30 Uhr

Auf seiner zweiten Reise stellt Moderator Christopher Clark Highlights des UNESCO-Weltkulturerbes zwischen Mumbai und dem Himalaya vor, vom Taj Mahal bis zu den Burgen Rajasthans.

Indien beheimatet eine Vielfalt von Völkern, Sprachen und Religionen. Anhand legendärer Bauten, Landschaften und Bräuche geht Clark der Frage nach, was die 1,4 Milliarden Menschen Indiens zusammenhält. In Varanasi, der berühmten Pilgerstadt am Ganges, beginnt diese "Welten-Saga" mit einem Einblick in die spirituelle Welt der Hindus: Seit rund 2500 Jahren kommen gläubige Hindus her, um im Fluss zu baden; Varanasi ist der Ort, an dem sie einmal sterben und verbrannt werden möchten. Von hier aus reist Christopher Clark weiter zur Insel Elephanta vor der Megacity Mumbai. In den Höhlen von Elephanta wird noch heute Shiva verehrt, sie sind ein spirituelles Zentrum des Hinduismus.

Rund 1000 Kilometer weiter nördlich trifft man auf eine ganz andere Märchenwelt: Rajasthan, das Land der sagenhaft reichen Maharadschas. Das Weltkulturerbe Fort Amber ist ihr perfektes Machtsymbol: monumentale Burg und prunkvoller Palast in einem. In der nahen Hauptstadt Jaipur besucht Christopher Clark den märchenhaften "Palast der Winde", das goldene Gefängnis für die zahlreichen Damen des Hofes.

Vor 1000 Jahren eroberten islamische Heerführer aus Afghanistan Indien und beherrschten es jahrhundertelang als Moguln. Ihnen verdankt die Nation einzigartige Kulturstätten: Das Grabmal des Großmoguls Humayun in Delhi symbolisiert die Harmonie des Paradieses, und das Taj Mahal in Agra ist gar eines der berühmtesten Bauwerke der Welt. Unweit des Taj Mahal erkundet Christopher Clark einen weiteren weltberühmten indischen Schatz: das Yoga. Ein Experte und Lehrer dieser uralten indischen Errungenschaft erklärt ihm, warum der Mensch ein Reisender ist. Als sich die Engländer vor 300 Jahren in Indien festsetzten, brachten sie die europäische Kultur mit, später Handel, Industrie, Bahnhöfe und Züge. Der Victoria-Terminus, ein im viktorianisch-gotischen Stil erbauter riesiger Bahnhof in Mumbai, ist ein lebendiges Beispiel für diese Epoche. Clark fährt von hier aus in den Nordosten des Landes, an den Fuß des Himalaya. In der zwischen Kalka und Shimla verkehrenden Schmalspurbahn, die auf einer von den Engländern gebauten Bahnstrecke in die Berge führt, erlebt er spektakuläre Aussichten über Schluchten und Wasserfälle und auf das Vorgebirge des Himalaya.


Die Schätze des Orients
ZDF, Sonntag, 17. Mai 2020, 19.30 Uhr

"Welten-Saga" besucht UNESCO-Weltkulturerbestätten im Iran und in Jordanien. Die Alte Welt und der Orient sind die Wiege der Zivilisation und der Ursprung der Religionen.

Moderator Christopher Clark bereist Jordanien und begibt sich dann auf den alten Handelswegen über Persepolis bis nach Isfahan im Iran. Er erforscht die Schätze der Kulturen auf den Spuren der Perser, Griechen, Römer und Nabatäer bis hin zur großen Kolonisierung durch den Islam.

Der Orient ist reich an Schätzen, die die UNESCO zum Weltkulturerbe ernannt hat, nur noch das alte Europa verfügt über eine solche Dichte an großartigen Bauwerken, Plätzen und Landschaften. In Jordanien trifft Christopher Clark in der Wüste nomadische Berber. Auch ihre einmalige, seit Jahrtausenden gepflegte Lebensweise wurde von der UNESCO zum Kulturerbe erklärt. Im Wadi Rum, unweit der Grenze zu Saudi-Arabien, lässt sich Clark eine der ältesten Stätten der Menschheit zeigen: Seit 12.000 Jahren entstanden dort im Fels unendlich viele Inschriften und Zeichnungen – und ein erstes Alphabet.

Einen Eindruck von der wirtschaftlichen Macht der Nabatäer gibt die alte Handelsstadt Petra, einst Zentrum der hellenistischen Welt und unvergesslich mit ihrer in den Fels geschlagenen Tempelstadt. Weiter reist Clark ins alte Persepolis, vor 2500 Jahren die Hauptstadt des ersten Weltreichs. Das Perserreich erstreckte sich von Ägypten im Westen bis zum heutigen Pakistan im Osten. Noch heute kann man nachempfinden, wie zum persischen Neujahrsfest die Delegationen der unterworfenen 28 Länder die Freitreppe zum Palast betraten, um Kyros dem Großen zu huldigen.

Auch Isfahan stammt aus dieser Zeit – und erlebte 2000 Jahre später eine Renaissance: Shah Abbas I. machte die Stadt im 17. Jahrhundert zu einer der ersten modernen Großstädte. Sie war ein Knotenpunkt für den asiatischen Handel und für Reisende ein Ort voller Luxus und Überfluss. Dass die Moscheen, Regierungsgebäude und der Basar zu den schönsten der Welt gehören, ist der Tatsache zu verdanken, dass Abbas Handwerker aus aller Welt engagierte, um die prächtigen Farben und Mosaike herzustellen. Von ganz anderem Charme als Isfahan ist die Wüstenstadt Yazd im iranischen Hochland. Ihre herrlichen, uralten Bauwerke und Stadtanlagen symbolisieren die zoroastrische Religion: die älteste bekannte Religion der Welt. Sie ist der Ursprung des Monotheismus, des Glaubens an den einen Gott.


Die Schätze Lateinamerikas
ZDF, Sonntag, 24. Mai 2020, 19.30 Uhr

Lateinamerika ist geprägt von der Begegnung der Alten mit der Neuen Welt. Hier finden sich die Vermächtnisse präkolumbischer Hochkulturen, koloniale Architektur und herrliche Naturschätze. Christopher Clark besucht spanische Kolonialbauten in Havanna und Quito, begibt sich in Palenque und Teotihuacán auf die Spuren früher Hochkulturen, erkundet das Viñales-Tal auf Kuba und den Nationalpark der Galápagos-Inseln.

Höhepunkt eines Besuchs in der kubanischen Hauptstadt Havanna ist eine Fahrt mit einem amerikanischen Straßenkreuzer aus den 1950er-Jahren. Auch Clark nutzt einen dieser Oldtimer, um die Stadt zu besichtigen. Seit die Altstadt zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt wurde, wird sie nach und nach aufwendig restauriert.

Kuba ist längst weltweit für seine Musik bekannt. Auf die Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit hat es die Rumba geschafft, entstanden in den Armenvierteln Havannas. Was ist ihr Geheimnis? Rumba wurzelt in der afrikanischen Kultur, enthält aber Elemente des spanischen Flamenco und der Kultur der Antillen. Im Viñales-Tal im Westen findet Clark ein weiteres typisches Beispiel kubanischer Lebensart: Tabak, aus dem die berühmten kubanischen Zigarren gedreht werden.

Im heutigen Mexiko gibt es ein Dutzend Welterbestätten, hier findet man großartige Zeugnisse präkolumbischer Kulturen. Die riesige Stadtanlage Teotihuacán, etwa 50 Kilometer nördöstlich von Mexiko-Stadt gelegen, war in ihrer Blütezeit um 350 mit rund 150.000 Einwohnern die größte Stadt Amerikas und ein bedeutendes kulturelles Zentrum. Die Ruinen von Palenque lagen lange im Dschungel versteckt und wurden dadurch vor Plünderungen bewahrt: ein Glücksfall für Archäologen, denn hier finden sich kunstvoll verzierte Gebäude der Maya.

Auch die mexikanische Küche steht für die Kultur des Landes. Als besonders schützenswert galten der UNESCO die traditionelle gemeinschaftliche Zubereitung der Speisen und die uralten kulinarischen Bräuche.

Weiter geht es nach Süden. Quito, die Hauptstadt Ecuadors, erhielt als erste Stadt überhaupt 1978 den Titel Weltkulturerbe. Die Altstadt auf den Fundamenten einer alten Inka-Siedlung beeindruckt heute mit ihren kolonialen Kunstschätzen. Der Galápagos-Nationalpark 1000 Kilometer vor der südamerikanischen Küste ist ein berühmter Schauplatz der Natur- und Wissenschaftsgeschichte. Hier entwickelte sich eine ganz eigene Tierwelt – deren Beobachtung Charles Darwin zu seiner bahnbrechenden Evolutionstheorie inspirierte.


Die Schätze Europas
ZDF, Sonntag, 31. Mai 2020, 19.30 Uhr

Die Sendung beginnt in Venedig – tausend Jahre lang eine mächtige Handelsstadt, wichtige Station auf der Seidenstraße und immer schon Europas Verbindung in den Orient. Hier komponierten einige der einflussreichsten Musiker des Kontinents, hierher pilgerten Maler, Bildhauer und Architekten. Venedig ist jedoch auch ein Beispiel für bedrohtes Kulturerbe. Der Massentourismus vertreibt die Einwohner von ihrer einmaligen Inselwelt, Abgase zerstören Fassaden und Fundamente, Kreuzfahrtschiffe vor dem Canal Grande verursachen gefährliche Bodenerosion. Auch der Vatikan in Rom ist ein singuläres Welterbe, das fortwährend Touristenströme anlockt. Er steht nicht nur für das Christentum, sondern auch für einmalige Kunstwerke.

Der Jakobsweg wurde in den 1990er-Jahren ins UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen. Aus ganz Europa münden Teilstrecken in den von Klöstern und Herbergen gesäumten Pilgerweg in Nordspanien. Christopher Clark wandert ein Stück des Weges nach Santiago de Compostela und nimmt dort an einem Pilgergottesdienst teil. Anschließend geht es zur Seine in Paris, dem meistfotografierten Flussufer der Welt. Entlang der romantischen Seine-Brücken erkundet Clark dieses Weltkulturerbe mit seinen einmaligen Bauten zwischen Notre Dame und Eiffelturm, zwischen Louvre und Madeleine. Clark entdeckt ein bedeutendes "immaterielles Kulturerbe": den Orgelbau. Er schaut einem Orgelbaumeister bei seinem Handwerk über die Schulter und spielt sogar selbst auf dem Instrument.

Auch die Ritterburgen gehören zur Geschichte Europas. Die UNESCO hat die Burgenlandschaft Oberes Mittelrheintal zum Weltkulturerbe erklärt, als "Zeugnis kulturellen Austauschs". Da ist es nur logisch, dass mit der "Völklinger Hütte" ein weiteres, typisch europäisches Ereignis mit weltweiten Folgen geehrt wurde: die Industrialisierung.


Die Schätze Südostasiens
ZDF, Sonntag, 7. Juni 2020, 19.30 Uhr

In der letzten Folge der "Welten-Saga" erkundet Christopher Clark den kulturellen Reichtum Südostasiens: Angkor in Kambodscha, die alten Königsstädte Hue in Vietnam und Luang Prabang in Laos. Die Halong-Bucht, die größte Höhle der Welt in Vietnam und die Reisterrassen auf Bali beweisen: Natur und Kultur sind oft eins.

Angkor war einst die größte Stadt der Welt, ihre Ausdehnung entsprach etwa der des heutigen Berlin. Heute sind die Ruinen der Tempelstadt das größte Kulturdenkmal Südostasiens.

Vietnam kann mit mehreren spektakulären Welterbestätten aufwarten. Die Halong-Bucht, eine bizarre Insellandschaft im Golf von Tonking, wurde weltweit zum Inbegriff des Aussteigerparadieses und leidet mittlerweile enorm unter den Auswirkungen des Massentourismus. Die Fischer der "Floating Villages", der schwimmenden Dörfer in der Bucht, scheint das nicht zu stören. Sie erklären Christopher Clark, dass sie ihr traditionelles Leben weiterführen werden wie bisher.

Der Phong Nha-Ke Bang Nationalpark im Zentrum des Landes ist durchzogen von mehr als 300 Tropfsteinhöhlen, manche so groß wie Kathedralen, und unterirdischen Flüssen. Die erst 2009 entdeckte Son-Doong-Höhle soll die größte der Welt sein.

Wie stark der Einfluss Chinas in Vietnam war, zeigt die einstige Kaiserstadt Hue. In ihrem Zentrum befindet sich die Purpur-Stadt, die nach dem Vorbild der Verbotenen Stadt in Peking entworfen wurde. Hue wurde im Vietnamkrieg fast zerstört. Erst seit der Ort 1993 zum Weltkulturerbe ernannt wurde, konnten viele Gebäude wiederhergestellt werden.

Der Buddhismus prägt den Lebensrhythmus in diesem Teil der Welt, und in Luang Prabang spürt das Moderator Christopher Clark ganz besonders. Einen Tag lang lernt er die Paläste, Klöster und Tempel der Stadt kennen, die über Jahrhunderte die Königsstadt von Laos war, dem "Reich der Millionen Elefanten".

Reis ist das wichtigste Nahrungsmittel Asiens und wird seit Jahrtausenden kultiviert. Beeindruckend sind die Reisterrassen im bergigen Land von Jatiluwih auf der indonesischen Insel Bali. Ihr ausgeklügeltes Bewässerungssystem ist UNESCO-Welterbe.

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"In einer immer zersplitterteren Welt ist es wichtig, Orte zu haben, die unser gemeinsames Erbe feiern"
Historiker und Moderator Prof. Christopher Clark im Interview

Ist die Begegnung mit den Stätten des UNESCO-Weltkulturerbes ein Anlass, Weltgeschichte neu zu erzählen?

Meine Historikerkarriere habe ich als Deutschland-Experte begonnen und mich dann in die Geschichte des gesamten europäischen Raumes eingearbeitet. Von dort aus in die Weltgeschichte zu gehen, all die Vernetzungen zu erkennen und sie in sein historisches Denken zu integrieren ist noch einmal ein ganz anderer Schritt. Wenn man aber Orte wie Persepolis im Iran, das Mausoleum des Herrschers Humayun in Indien oder die Tempel von Angkor Wat in Kambodscha erlebt, spürt man sehr stark, wie eng verbunden bei allen Unterschieden die Kulturen miteinander sind. All diese Orte sind Orte der Verbindung, der "Crossroads". Wo Macht war, gab es auch Austausch, und auf diese Weise haben all diese Kulturen sich immer höher entwickelt, nicht unbedingt aus sich selbst heraus. Wettbewerb und Einflüsse aus anderen Kulturen waren entscheidend. Die meisten Weltkulturerbestätten der UNESCO, die wir besucht haben, spiegeln das wider. Das war auch für mich eine interessante Erkenntnis. In der "Welten-Saga" zeigen wir spektakuläre Bilder, aber wir erzählen auch immer die spannende Geschichte der jeweiligen Orte – mit vielen überraschenden Details.

Ändert die Auszeichnung zum Weltkulturerbe die Lage der Menschen vor Ort?

Ihre Umgebung ist natürlich stark durch die Stätten geprägt, sie sind oftmals ihr Leben. Das wird durch die Auszeichnung noch unterstrichen – auf vielfältige Weise: Fast überall sind diese Menschen sehr stolz auf das Erbe, das sie mit der Welt teilen, und allein der Tourismus verschafft ihnen in der Regel auch ein Auskommen. Wobei die UNESCO darauf achtet, dass der Tourismus nicht überhandnimmt und dass das Thema Nachhaltigkeit beachtet wird. Das ist natürlich manchmal eine Gratwanderung. Auch das immaterielle Kulturerbe, das auf der UNESCO-Liste steht, ist für die Menschen vor Ort wichtig. Uralte Traditionen, die sonst dem Untergang geweiht wären, werden dadurch bewahrt und oft weiter verbreitet. Das Hilali-Epos in Ägypten zum Beispiel, eine musikalische Erzählung über die Wanderschaft eines Beduinenstammes, wird nur noch von ganz wenigen Familien aufgeführt. Aber der Status als UNESCO-Weltkulturerbe sorgt dafür, dass es erhalten bleibt – auch für künftige Generationen.

Das gilt auch für bestimmte Speisen mit uralter Tradition wie die Mole-Sauce in Mexiko. Auch sie wird nicht so schnell verschwinden. Der UNESCO-Status schafft eine gewisse Verpflichtung. Für die Menschen selbst, aber auch für staatliche Institutionen, die so etwas fördern sollten.

Ist das auch für die Identität der Menschen wichtig?

Natürlich. Das haben wir in Mexiko besonders stark gespürt. Dort ist die nationale Identität nicht einfach gegeben. Aber über die gemeinsame Geschichte entsteht sie eben. Und das wiederum spüren die Menschen hautnah an den herausragenden Stätten, die von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt werden. Ein anderes Beispiel ist Angkor Wat in Kambodscha, das dem Verfall preisgegeben war, bevor es den Status bekam. Und inzwischen identifizieren sich die Erben des stolzen Khmer-Volkes wieder mit diesem Ort. Oder nehmen wir die Massai, die wir in Kenia besucht haben. Ihre Riten – zum Beispiel die Initiation der jungen Krieger – sind unglaublich beeindruckend, und sie wollen auch gegen Widerstände daran festhalten. Denn das ist ein ganz wichtiger Teil ihres Lebens, eben ihrer Identität. Sie haben in Kenia keine Lobby, aber sie haben den UNESCO-Status des immateriellen Kulturerbes. Das gibt ihnen eine gewisse Rückendeckung und hilft, diese Tradition zu bewahren. Wenn man so etwas erlebt wie bei den Massai, merkt man, dass es nicht die Menschen sind, die eine Kultur machen, sondern es geht tiefer. Die Kultur fließt durch die Menschen und ist für uns alle etwas sehr Wertvolles.

Es gibt in manchen Ländern Politiker, die die UNESCO nicht mögen, weil sie glauben, dass sie Einfluss auf die Souveränität der Staaten nimmt. Was würden Sie solchen Politikern antworten?

Sie sollten froh sein, dass die UNESCO nicht nur Bezugspunkte für die nationale Identität schafft, sondern dass durch die Weltkulturerbestätten auch immer wieder klar wird, wie verbunden einzelne Länder mit viel größeren Kulturräumen sind. Die Maya-Stätte von Palenque in Mexiko zum Beispiel hat tiefe Wurzeln in ganz anderen Gegenden von Mittelamerika. Die übernationalen Kulturlandschaften werden in ihrer Bedeutung klar. Und gerade das kann auch gegen Nationalismus helfen. Aber wir haben ja auch Naturerbestätten besucht, die natürlich unter ständiger Beobachtung durch die UNESCO stehen und an denen man das schnelle Fortschreiten des Klimawandels deutlich sehen kann. Auch das wird vielen Politikern in bestimmten Ländern nicht passen. Im UNESCO-Biosphärenreservat Amboseli wird der Boden immer salzhaltiger, weil der Schnee auf dem nahe gelegenen Kilimandscharo erschreckend schnell schmilzt und das so entstehende Wasser von unten Salz in den Boden drückt. Das vernichtet Teile der Vegetation; die Tierwelt leidet. Auch auf den Galápagos-Inseln, diesem Naturwunder, haben wir Probleme gesehen.

Was würden Sie der UNESCO nach Ihren Reisen zu rund vierzig Welterbestätten raten? Sollte sie sich lieber ganz der Pflege des bestehenden Erbes widmen oder den Status weiter vergeben? Der Andrang ist ja groß – viele wollen den begehrten Status haben …

Natürlich muss das bestehende Welterbe betreut und ständig beobachtet werden – was die UNESCO auch tut. Das ist sehr aufwendig. Die Kriterien sind streng und man kann den Status schnell verlieren. Das ist auch ein gewisses Druckmittel. Aber es ist gut so. Und die UNESCO sollte unbedingt weitermachen. In einer immer zersplitterteren Welt ist es wichtig, Orte zu haben, die unser gemeinsames Erbe feiern, die an das Gemeinsame am Menschsein erinnern. Indem wir solche Orte haben und betreten, kommen wir aus unserer kleinen, begrenzten Zeitzelle heraus und größere Zusammenhänge werden uns klar. Wir dürfen dort durch große Zeitlandschaften wandern, die uns mit anderen Ideen und Menschen zusammenbringen. Genau das wollen wir mit der "Welten-Saga" auch den Zuschauern und Zuschauerinnen bieten. Sie können sich mit uns auf eine große Reise durch viele Kulturen begeben und wahre Schätze des Planeten entdecken, die unser aller Erbe sind.

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"Es kommt darauf an, die Magie solcher Momente auch den Zuschauern zu vermitteln"
Interview mit Regisseur Gero von Boehm

In wie vielen Ländern waren Sie für die "Welten-Saga" unterwegs?

Es waren siebzehn Länder auf vier Kontinenten. Und dennoch handelt es sich bei den Stätten, die wir besucht haben, nur um einen kleinen Teil aus der sehr umfangreichen Liste der UNESCO. Uns ging es darum, zunächst einmal einen repräsentativen Querschnitt zu zeigen, eine Mischung aus Stätten, die jeder kennt, und eher unbekannten, aber sehr faszinierenden Orten. Die Zuschauer sollen ja mit uns auf eine Entdeckungsreise durch dieses gewaltige Erbe der Menschheit gehen und neue Zusammenhänge erfahren.

Welche Kriterien waren entscheidend für diese sicher nicht einfache Auswahl?

Erstens natürlich die Bedeutung der Stätten für die Länder und Kulturen, in denen sie entstanden sind, und für das Welterbe insgesamt. Aber dann auch gleich die Story, die man über die Orte, Bauten oder ein immaterielles Erbe erzählen kann. Wir zeigen zwar das Schöne oder optisch Spektakuläre, stellen aber auch immer spannende historische Zusammenhänge her, zeigen Einflüsse auf die Weltgeschichte. So sieht man die steinernen Zeugen schon mal in einem ganz anderen Licht. Wir wollen ja die Zuschauer überraschen, sodass sie sagen: Das ist interessant, das wussten wir noch nicht.

Sie verzichten auf Inszenierungen der jeweiligen Kulturen, es gibt keine szenischen Darstellungen …

Ja, ganz bewusst. Stattdessen lassen wir uns mit sehr aufwendigen Computer-Animationen bestimmter Stätten in die jeweilige Zeit versetzen. Sie wurden nach allerneuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen für unsere Reihe hergestellt. Wir erleben, wie über Jahrhunderte die Stadt Paris entsteht, wie die kambodschanische Stadt Angkor mit den fantastischen Tempeln zu ihrer Blütezeit im 12. Jahrhundert aussah oder wie das Taj Mahal gebaut wurde. Auch Persepolis, die Hauptstadt des persischen Weltreichs, hat man so noch nicht gesehen. Und wir haben uns bemüht, Bilder und Miniaturen aus der jeweiligen Zeit zu finden – und sie dann animiert. So bleibt insgesamt die Authentizität der Darstellung gesichert. Man weiß: So sah es wirklich aus.

Ganz wichtig für die Reihe ist der Moderator, Sir Christopher Clark. Was zeichnet ihn Ihrer Ansicht nach besonders aus?

Er besitzt die Fähigkeit, Geschichte ebenso spannend wie unterhaltsam zu erzählen. Seine angelsächsisch-australische Art war wieder einmal perfekt für unser Projekt. Wir haben ja mit ihm unter anderem schon die "Deutschland-Saga", die "Australien-Saga" und die "Europa-Saga" gedreht. Und vor Ort nehmen wir uns immer viel Zeit, die Stätten genau kennenzulernen und diskutieren noch einmal intensiv das jeweilige Thema. Dann erst legen wir fest, wo die Moderation aufgenommen wird. Christopher Clark mit seinem immensen Wissen hat sich eine große Neugier bewahrt – auch auf Menschen aus anderen Kulturen. Er spricht mit dem Archäologie-Professor in Persepolis ebenso gern wie mit der Bäuerin, die uns das immaterielle Kulturerbe "mexikanische Küche" erklärt, und er kocht auch mit ihr. Kochen ist eine seiner heimlichen Leidenschaften.

Haben Sie selbst als erfahrener Regisseur auf diesen Reisen noch Überraschungen erlebt?

Ja, fast jeden Tag. Immer wieder gibt es überraschende Momente: Plötzlich findet man sich bei Sonnenaufgang allein mit dem Team mitten zwischen den Tempeln der alten Maya-Stadt Palenque in Mexiko wieder, und nur das Geräusch der Brüllaffen aus dem Dschungel ist zu hören. Oder man hat den Tempel von Ramses II. ein paar Stunden lang ganz für sich und fühlt sich in die Zeit der Pharaonen zurückversetzt – das sind durchaus überraschende und unvergessliche Momente. Auch die faszinierende Natur in Afrika oder die Rituale der Massai-Krieger zu erleben geht unter die Haut. Aber es kommt dann darauf an, die Magie solcher Momente auch den Zuschauern zu vermitteln. Ich glaube, das ist uns ganz gut gelungen.

Auch mit unliebsamen Überraschungen muss man immer rechnen: Selbst wenn solche Drehreisen von uns über Monate minutiös vorbereitet werden und man ein Producer-Team vor Ort beschäftigt, mit dem man ständig Kontakt hält – die Realität sieht in den jeweiligen Ländern manchmal anders aus als vermutet. Plötzlich will irgendjemand doch noch eine "Genehmigung der Genehmigung", von der vorher nie die Rede war, oder die Autos für Team und Equipment sind nur halb so groß wie bestellt. Auf Bali brach ein Vulkan aus, wir mussten die Reise kurzfristig absagen. Auf Kuba gab es eine Springflut und wir konnten tagelang nicht drehen. In Kambodscha stahl ein frecher Affe ein wichtiges Objektiv aus einer Tasche, ein Ersatz musste dann aus Europa eingeflogen werden. Das sind die unliebsamen Überraschungen, die man aber schnell wieder vergessen hat. The show must go on.  

– Änderungen und Ergänzungen vorbehalten –
 

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Quelle:
ZDF – Zweites Deutsches Fernsehen
Presse Special – Mai 2020
Copyrights by ZDF
Internet: www.zdf.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Mai 2020

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