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MELDUNG/427: Verbrecherjagd auf der Couch - Neues Projekt erforscht Einfluss von Krimi-Serien (idw)


Universität Duisburg-Essen - 07.01.2013

Verbrecherjagd auf der Couch - Neues Projekt erforscht Einfluss von Krimi-Serien



Ein Familienvater entpuppt sich als Serienmörder, eine Hochschwangere wird zusammengeschlagen und ein Unfall auf menschenleerer Straße endet tödlich - jeden Abend erzählt das Fernsehen solche wilden Geschichten. Serien wie CSI:Miami oder Crossing Jordan sind extrem beliebt. Doch wie wirken sie auf die Gesellschaft? Das will ein neues Projekt an der Universität Duisburg-Essen (UDE) untersuchen. Kommunikationswissenschaftler hinterfragen "Die Mediatisierung der Sicherheitspolitik. Governing Through Media Crime?"

Werden Zuschauer zu potenziellen Detektiven, die den Polizisten demnächst erklären, wie sie ihren Job machen sollten? Und lernen Ganoven durch solche Serien, wie sie künftig noch raffinierter betrügen? Das sind nur zwei der unterschiedlichen Ansätze, die das Team um Prof. Dr. Jo Reichertz beschäftigen.

Die mittlerweile verbreitete Idee des "CSI-Effekts" unterstellt, dass unser Bild von den Ermittlern ebenso wie das der Aufklärungsmethoden beeinflusst wird. Zeigt doch das Fernsehen allabendlich, wie es geht: Punktgenau - innerhalb einer Dreiviertelstunde - ist auch der komplizierteste Fall gelöst. Die dargestellten Methoden der Spurensicherung können auf viele realistisch wirken und werden manchmal als forensisches "Wissen" in den Alltag übertragen. US-amerikanische Forscher glauben zum "CSI-Effekt" herausgefunden zu haben, dass in den USA Geschworene inzwischen regelmäßig eine DNA-Analyse fordern. Sie gelte als Allheilmittel, um die Täter zu entlarven. Es verwundere nicht, dass manche Anwälte ihre Plädoyers dann mit den Worten "Wir sind hier nicht bei CSI" beginnen.

Die Kommunikationswissenschaftler wollen klären, ob und wie die Medien durch ihre forensischen Formate die Gesellschaft gestalten. Wie stark ist ihr Einfluss, wenn um die Innere Sicherheit gestritten wird? "Wir vermuten, dass die tiefgreifende Mediatisierung auch in der Kriminalität neue Handlungsrahmen, Normen und Orientierungsmuster schafft - für alle Akteure", fasst Professor Reichertz den Forschungsansatz zusammen. Zunächst werden die TV-Serien und ihre Botschaften analysiert; anschließend sollen Experteninterviews zeigen, welche Rolle die Medien (z.B. Fernsehsender, Produktionsfirmen) bei der Aufklärung von Verbrechen spielen. Doch nicht nur Journalisten und Programmdirektoren werden befragt, sondern auch Staatsanwälte, Polizisten und Forensiker.

Das zweijährige Vorhaben gehört zum Schwerpunktprogramm "Mediatisierte Welten" und wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution801

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Duisburg-Essen, Ulrike Bohnsack, 07.01.2013
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Januar 2013