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MELDUNG/408: Medieninteresse geht zurück - Das Ende der Nano-Euphorie (idw)


Universität Mannheim - 21.11.2012

Das Ende der Nano-Euphorie



Die anfängliche Euphorie über die Hoffnungen und Versprechungen der Nanotechnologie ist vorbei - zumindest in den deutschen Printmedien. Mittlerweile berichten die Journalisten nur noch verhalten optimistisch über die Forschung im Nanometerbereich. Das ist das Ergebnis einer gemeinsamen Langzeitstudie der Universität Mannheim und der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.

Nanotechnologie gilt als eine der wichtigsten Zukunftstechnologien, zu deren Forschung und Entwicklung der Bund jährlich wachsende Fördersummen in dreistelliger Millionenhöhe bereitstellt. Dennoch sind der individuelle Nutzen und das Risiko für den Bürger vor allem aufgrund der naturwissenschaftlichen Komplexität schwer greifbar. Die Meinungsbildung zur Nanoforschung wird deshalb primär durch die Massenmedien vermittelt. Eine aktuelle Längsschnittuntersuchung der Universitäten Mannheim und Münster gibt Aufschluss über die Presseberichterstattung in ausgewählten deutschen Qualitäts- und Leitmedien, darunter die F.A.Z., Der Spiegel und Die Zeit. Die Wissenschaftler haben insgesamt über 2.000 Artikel mit nanotechnologischem Kontext aus den vergangenen zwölf Jahren ausgewertet. Unter anderem haben sie untersucht, welche Akteure, zum Beispiel Politiker und Forscher, darin zu Wort kommen und wie diese sich zur Nanotechnologie äußern.


Positive Berichterstattung weicht einer neutralen

Ein zentraler Befund der neuen Studie ist, dass die anfängliche Euphorie über die moderne Technologie einer neutraleren, weitgehend unpolitischen Berichterstattung gewichen ist. Die Artikel weisen in der Regel verhalten optimistische Prognosen auf - etwa in Bezug auf die Nanotechnik als Nutzen für den Umwelt- und Naturschutz. Im Schnitt gab es in einer Zeitung pro Jahr nur eine negative Bewertung. "Es gibt keinen Fall, in dem die Nanotechnologie größeren Schaden angerichtet hätte oder gar moralisch aufgeladen wäre, wie das zum Beispiel bei Atomkraft und Gentechnik der Fall ist", erklärt der Mannheimer Medien- und Kommunikationswissenschaftler Professor Dr. Matthias Kohring das Ergebnis. "Zudem machen die Verfechter der Nanotechnologie weiterhin stark PR."


Medieninteresse an Nanotechnologie geht zurück

Generell scheint das Interesse der deutschen Medien an Nanotechnologie nachgelassen zu haben. Laut der Studie waren die Höhepunkte in den Jahren 2004 und 2009. Heute sind es nur noch jährlich 15 Artikel pro Presseorgan, in denen über Nanotechnologie berichtet wird. In drei Viertel der Fälle handelt es sich zudem um sehr kurze Artikel. Selten überschreiten die Artikel zur Nanoforschung mehr als eine halbe Seite. "Für den Leser wird es dadurch schwer, überhaupt noch auf das Thema aufmerksam zu werden", erklärt Professor Kohring. "Im Gegensatz zu Technologien wie den erneuerbaren Energien ist die Nanotechnik eher unauffällig." Das Themenspektrum innerhalb der Berichterstattung habe sich hingegen vergrößert und beziehe in den letzten beiden Jahren verstärkt auch nanotechnologische Anwendungen in die mediale Darstellung ein - zum Beispiel Oberflächenbeschichtung, Rüstungsmaterialien, Luft- und Raumfahrt, Energiewirtschaft, Bauwesen und chemische Industrie.

Der aktuelle Bericht informiert über eine Längsschnittanalyse, die seit 2000 von Kommunikationswissenschaftlern der Universitäten Mannheim und Münster durchgeführt und fortlaufend aktualisiert wird. In der Nanoforschung werden Teilchen untersucht und hergestellt, die über 1.000 Mal dünner sind als der Durchmesser eines Menschenhaares (ein Nanometer entspricht einem milliardstel Meter). In vielen Naturwissenschaften wie Physik und Chemie, aber auch im Maschinenbau und in der Lebensmitteltechnologie wird die Nanotechnologie eingesetzt.

Die Langzeitstudie ist als PDF abrufbar unter:
www.uni-muenster.de/imperia/md/content/kowi/forschen/projektbericht_berichterstattung_nanotechnologie_2000_bis_2011.pdf

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution61

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Mannheim, Katja Bär, 21.11.2012
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. November 2012