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MELDUNG/247: Abgesegnet (Ingolf Bossenz)


Abgesegnet

Von Ingolf Bossenz, 21. April 2011


Zu DDR-Zeiten wurden wichtige Fernsehproduktionen von Erich Honecker persönlich abgesegnet. Heute ist man da weiter, besser: höher. Dem Stellvertreter Christi selbst durfte die Schauspielerin Christine Neubauer am Mittwoch ins Angesicht schauen und schaffte es - obwohl sie nach eigener Aussage »zittrige und weiche Knie« hatte -, ihm eine DVD zu übergeben. Darauf geht es um nicht weniger als um »Gottes mächtige Dienerin«, einen ARD-Zweiteiler, der diesen Freitag und Sonnabend gezeigt wird. Neubauer spielt die Hauptrolle der Schwester Pascalina.

Die deutsche Nonne war die langjährige Haushälterin von Pius XII., der seit Rolf Hochhuths Drama »Der Stellvertreter« als Papst gilt, der zur Judenverfolgung und -vernichtung durch die Nazis geschwiegen hat. Inzwischen wird er durchaus differenzierter gesehen, was allerdings die grundsätzliche Kritik an seinem Verhalten nicht infrage stellt. Zumal der Vatikan die entscheidenden Dokumente nach wie vor unter Verschluss hält. Dessen ungeachtet treibt Benedikt XVI. seine Pläne zur Seligsprechung des Pius-Papstes forsch voran. Schwester Pascalina hat zur Verklärung ihres Chefs eine Menge beigetragen. Vielleicht bringt der Neubauer-Film hier ja neue, schonungslose Aufklärung. Dann wären »zittrige und weiche Knie« angesichts des Heiligen Vaters nur zu verständlich.


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Quelle:
Ingolf Bossenz, April 2011
Der Schattenblick veröffentlicht diesen Artikel mit der freundlichen
Genehmigung des Autors.
Erstveröffentlicht in Neues Deutschland vom 21.4.2010
http://www.neues-deutschland.de/artikel/195988.abgesegnet.html


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. April 2011