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GLEICHHEIT/4598: USA bedrohen China unter Vorwand des Hackings


World Socialist Web Site
Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

USA bedrohen China unter Vorwand des Hackings

Von Barry Grey
22. Februar 2013



Die unbewiesene Behauptung, die chinesische Regierung stehe hinter Cyber-Attacken, dient der Obama-Regierung als Vorwand, um ihre Drohungen gegen China zu verschärfen. In den letzten Tagen wurde mehrfach über Hackereinbrüche in die Web Sites amerikanischer Wirtschaftsunternehmen und staatlicher Behörden berichtet. Die amerikanischen Medien bauschten diese Berichte auf, ohne ihre Richtigkeit zu überprüfen. Sie sollen die amerikanische Öffentlichkeit verwirren und als Rechtfertigung dafür herhalten, dass die Obama-Regierung China immer stärker isoliert und letztlich einen militärischen Angriff plant.

Die Vorwürfe von Hackerangriffen werden auch benutzt, um die wachsende Überwachung der Computer- und Internetkommunikation der eigenen Bevölkerung auszuweiten und die Methoden der Cyberkriegsführung weltweit zu entwickeln.

Die New York Times, das Sprachrohr des Pentagon und der CIA, hat bei der jüngsten Provokation gegen Peking die Führung übernommen. Am Dienstag veröffentlichte sie auf der ersten Seite einen aggressiven Artikel unter der Überschrift "Hinweise auf Beteiligung der chinesischen Armee an Hacking gegen die USA". Sie fügte noch den bedrohlichen Untertitel hinzu "Stromnetz im Visier".

Der Artikel trieft von Zynismus und Heuchelei. Es ist bekannt, dass niemand so stark Cyber-Krieg betreibt wie die Vereinigten Staaten. Der Artikel gibt selbst zu, dass die USA mit Israel zusammen den Virus Stuxnet entwickelt und in iranische Computersysteme eingeschleust haben, um das iranische Atomprogramm zu stören. Außer dieser Sabotageaktion, die an sich schon eine illegale Aggression darstellt, wurden mehrere iranische Wissenschaftler ermordet, wobei die USA ebenfalls von Israel unterstützt wurde.

Der Artikel, der sich über mehrere Seiten erstreckt, stützt sich auf einen am gleichen Tag veröffentlichten sechzigseitigen Bericht einer privaten Sicherheitsfirma, die enge Beziehungen zur Times und zu Militär- und Geheimdienststellen der USA unterhält. Der Bericht stammt von der Firma Mandiant, die von einem Offizier der Air Force im Ruhestand gegründet wurde und in Alexandria, Virginia, angesiedelt ist. In dem Bericht findet sich kein hieb- und stichhaltiger Beweis für die Behauptung, eine Einheit der chinesischen Volksbefreiungsarmee führe in Schanghai Hackerangriffe gegen US-Konzerne, Organisationen und Regierungsbehörden aus.

Die Leute von Mandiant behaupten, seit 2006 hätten sie 141 Cyberattacken auf ein und dieselbe chinesische Hackergruppe zurückverfolgen können. 115 dieser Angriffe hätten sich gegen amerikanische Firmen gerichtet. Auf der Grundlage von digitalen Fußabdrücken wie z.B. Internetprovideradressen kommt Mandiant zum Schluss, dass neunzig Prozent der Hackerangriffe von dem gleichen Stadtteil von Schanghai ausgingen. Darauf stellt sie fest, dass die Einheit 61398 der Volksbefreiungsarmee (PLA) in diesem Stadtteil stationiert ist. Darauf zieht Mandiant völlig willkürlich die Schlussfolgerung, dass die Cyberangriffe aus dem PLA-Gebäude kommen.

Die Times gibt in ihrem Artikel zu: "Die Firma war nicht in der Lage, die Hacker in dem zwölfstöckigen Gebäude der [PLA] zu verorten". Die Zeitung berichtet dann weiter: "Mandiant entdeckte auch ein internes Memo von China-Telecom, in dem es um die Entscheidung der Firma ging, den Stab der Einheit 61398 an das Hochgeschwindigkeitsglasfasernetz anzuschließen." Man muss wohl annehmen, dass die Mandiant-Leute dieses Memo "entdeckten", indem sie selbst in chinesische Computer einbrachen.

Chinesische Regierungsvertreter haben jede Beteiligung von Regierungsstellen oder des Militärs an Hackerangriffen in Abrede gestellt und weisen den Mandiant-Bericht, der ohne jede Beweiskraft ist, zurück. Das chinesische Verteidigungsministerium gab am Mittwoch eine Erklärung heraus, in der es darauf hinwies, dass ISP-Adressen kein verlässlicher Hinweis auf den Ursprung von Hackerangriffen sind, weil Hacker IP-Adressen zu kapern pflegen. Ein Sprecher des Außenministeriums wies darauf hin, dass China beständig von Hackern angegriffen werde, von denen die meisten in den USA sitzen.

Der Cybersicherheitsexperte Joe Stewart von Dell-Secureworks stützte die chinesische Position. Er sagte dem Christian Science Monitor: "Wir haben immer noch keine belastbaren Beweise, dass die Hackergruppe aus dem Gebäude [der PLA-Einheit 61398] operiert. Das einzige, was wir haben, sind eine Menge seltsamer Zufälle, die in diese Richtung deuten. Für mich sind das keine Beweise."

Die Obama-Regierung sprang auf den Zug des Times Artikels auf, der eine Welle hektischer Medienberichte über chinesische Cyberattacken auslöste, und gab am Mittwoch bekannt, sie werde den diplomatischen Druck erhöhen und über schärfere Gesetze nachdenken, um die Welle von Diebstählen von Geschäftsgeheimnissen durch China und andere Länder einzudämmen. Associated Press berichtete über Regierungspläne, die chinesische Regierung mit "Geldbußen, Strafen und strengeren Handelsbeschränkungen" zu überziehen.

Der jüngste Propagandaangriff weist auf eine Verschärfung der amerikanischen Offensive gegen China hin, die in Obamas erster Amtszeit unter dem Namen "pivot to Asia" lief. In diesem Zusammenhang werden Territorialkonflikte im Ostchinesischen Meer und im Südchinesischen Meer angeheizt und die Spannungen zwischen China und Japan, Vietnam und den Philippinen verschärft.

Im Rahmen dieser Offensive knüpfen die USA engere militärische Bindungen an Indien und Australien, um China militärisch einzukreisen, und bauen militärische US-Stützpunkte in diesen Ländern auf.

Am Schluss ihres Artikels berichtete die Times: "Die deutlichen Hinweise auf staatliche Verwicklung (...) und die wachsende Gefahr für amerikanische Infrastruktur veranlassen führende Vertreter zu der Überlegung, dass eine viel entschiedenere Reaktion notwendig sei." Sie berief sich auf den Abgeordneten Mike Rogers, den Republikanischen Vorsitzenden des Geheimdienstausschusses des Repräsentantenhauses, der meinte, Washington müsse den Preis sehr hoch ansetzen, um China zum Nachgeben zu zwingen.

In einem Leitartikel vom Mittwoch erklärte die Times, die Regierung wolle jetzt amerikanischen ISP's und Verkäufern von Anti-Virenprogrammen die Signaturen chinesischer Hackergruppen zur Verfügung stellen, damit diese Gruppen keinen Zugang zu amerikanischen Netzen mehr bekämen. Sie berichtete weiter, Präsident Obama habe vergangene Woche ein Regierungsdekret unterzeichnet, das es erlaube, Informationen über Bedrohungen aus dem Cyberspace leichter zwischen Regierungsstellen und Privatfirmen auszutauschen. Dies soll für Unternehmen in kritischen Bereichen der Infrastruktur, zum Beispiel dem Stromnetz, gelten.

Das Wall Street Journal forderte in einem Kommentar "gezielte Sanktionen" gegen chinesische Einzelpersonen und Institutionen.

Diese China-feindliche Propaganda findet in einer Situation statt, in der das amerikanische Militärpotential sowohl auf konventionellem Gebiet wie auch im Cyberspace aggressiv aufgerüstet wird. Obama ging in seiner Rede zur Lage der Nation am 12. Februar auf die Frage des Cyberkriegs ein. Er beschuldigte die "Feinde" der USA, "unsere Stromnetze, unsere Finanzhäuser, unseren Luftverkehr zu bedrohen". Er betonte, gegen solche Angriffe müssten Maßnahmen ergriffen werden.

In der gleichen Rede verteidigte er sein Drohnenmordprogramm. Er behauptete, der Präsident habe unbeschränkte und alleinige Vollmacht, die Ermordung jeder Person an jeder Stelle anzuordnen, sogar wenn es sich um amerikanische Staatsbürger handle.

Im vergangenen Oktober unterzeichnete Obama eine Regierungsanweisung, die dem Militär erlaubt, Cyberattacken auszuführen und zu "defensiven" Maßnahmen umzudefinieren. Bis dahin wurden sie als Aggressionen betrachtet, so z.B. das Lahmlegen von Computernetzwerken. Ungefähr zur gleichen Zeit hielt Verteidigungsminister Leon Panetta eine aggressive Rede, in der er vor einem "Cyber Pearl Harbor" warnte. Panetta sagte dem Time Magazin: "Die drei möglichen Gegner da draußen, die das größte Potential entwickeln, sind Russland, China und Iran."

Ende Januar beschuldigte die New York Times die chinesischen Behörden, sich in ihre Nachrichtenabteilung gehackt zu haben. Dieser Vorwurf wurde sogleich von der Washington Post und dem Wall Street Journal aufgegriffen. In der gleichen Woche berichtete die Washington Post, das amerikanische Militär habe das Personal in seinem CyberCommand um das fünffache erhöht. Tage später berichtete die Times auf ihrer ersten Seite, die Obama-Regierung sei zum Schluss gekommen, der Präsident habe die Vollmacht, präventive Cyberkriegsattacken zu befehlen.

Die kriegerische Haltung gegenüber China und die Ausweitung der Methoden des Cyberkriegs gehen Hand in Hand mit einer wachsenden Bedrohung demokratischer Rechte im Inland. Die Times berichtete Anfang des Monats, im Fall von größeren Cyberangriffen innerhalb der Vereinigten Staaten, deren Umstände nur vage beschrieben wurden, werde sich das Militär einschalten.

Auch die Kontrollen des Internets werden verschärft und die Internetkommunikation stärker überwacht. Erst letzte Woche brachten der Abgeordnete Rogers aus Michigan und der Demokratische Senator Dutch Ruppersberger aus Kalifornien erneut den Cyber Intelligence Sharing and Protection Act (CISPA) ein. Der Gesetzentwurf war letztes Jahr im Senat gescheitert, weil es Proteste dagegen gegeben hatte, dass die Regierung Emails und andere Internet basierte Kommunikation ausspähen wollte.

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Quelle:
World Socialist Web Site, 22.02.2013
USA bedrohen China unter Vorwand des Hackings
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Februar 2013