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GLEICHHEIT/4134: Eine dunkle Begierde - Die Freud-Jung Kontroverse und Anderes


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Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Eine dunkle Begierde: Die Freud-Jung Kontroverse und Anderes

Von David Walsh
17. März 2012


Regie: David Cronenberg, Drehbuch: Christopher Hampton, nach einem Theaterstück von Hampton (The Talking Cure) und einem Buch von John Kerr (Eine gefährliche Methode).


Mit Eine dunkle Begierde hat der kanadische Regisseur David Cronenberg (Videodrome, Die Fliege, Die Unzertrennlichen, Crash, A History of Violence) den Versuch unternommen, einen Film über eine wichtige Episode in der Geschichte der Psychoanalyse zu drehen. Es geht um die Beziehung zwischen Sigmund Freud und Carl Gustav Jung in den frühen Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts und ihr letztendliches Zerwürfnis. Darüber hinaus behandelt der Film ihre Verbindung mit einer jungen Russin, Sabina Spielrein, die zunächst Jungs Patientin, dann seine Geliebte ist und später (was in Eine dunkle Begierde nicht behandelt wird) selbstständige Psychoanalytikerin in der Schweiz und der Sowjetunion wird.

Das Thema ist aus mehreren Gründen komplex: Da ist zunächst das Wesen der Epoche, dann die besonderen Individuen, um die es geht, und die Fragen, die zwischen ihnen eine Rolle spielen. Cronenbergs Film über Freud und Jung ist einem Tatsachenroman von John Kerr von 1993, sowie einem Theaterstück von Christopher Hampton aus dem Jahr 2002 nachempfunden. Es ist keine leichte Aufgabe, den Konflikt der Ideen zwischen zwei so wohlbekannten Persönlichkeiten in einem fesselnden und überzeugenden Drama darzustellen, mit anderen Worten: einem Drama, in dem die Gespräche zwischen Prominenten spontan und lebensecht wirken. Doch der Filmemacher hat sich für dieses Projekt bewusst entschieden. Deshalb muss das Resultat danach beurteilt werden, was es erreicht, nicht bloß nach seinen interessanten Absichten.

Im Ganzen betrachtet, kann man sagen, dass Eine dunkle Begierde zwar faszinierende Persönlichkeiten und Fragen aufgreift, die mit einer Periode und mit Schauplätzen verknüpft sind, die auch ein Jahrhundert später noch faszinieren. Doch der Film behandelt diese Elemente nicht angemessen und bewegt sich in seinen schlechtesten Sequenzen sogar am Rande der Banalität.

Der Film beginnt im Jahr 1904 mit Sabina Spielrein (Keira Knightley), die in hysterischem Zustand in die Zürcher Klinik Burghölzli aufgenommen wird, in der Carl Jung (Michael Fassbender) als Psychoanalytiker tätig ist. Jung beginnt seine Behandlung mit dem Vorschlag: "Wir treffen uns an den meisten Tagen hier, um für ein oder zwei Stunden zu reden. (...) Und dann werden wir sehen, ob wir erkennen können, was Sie umtreibt." Dies war die revolutionäre "Sprechkur", der Versuch, sich durch die psychologischen Probleme eines Menschen zu arbeiten, indem man ihm die Dinge bewusst macht, die in seinem Unterbewusstsein versteckt sind und aus vergangenen traumatischen Erlebnissen stammen.

Sabina Spielrein ist ein bemerkenswert aufrichtiger und offener Mensch. Mit Jungs Hilfe erkennt sie den Ursprung ihres unausgeglichenen und gewalttätigen Zustands in den Prügeln, die sie als Kind von ihrem Vater bekam, und in ihrer zwiespältigen Reaktion auf die Erniedrigungen. Dies scheint Freuds Theorien zu bestätigen, und Jung beginnt einen Briefwechsel mit dem älteren Mann.

Als die beiden sich schließlich 1907 in Wien treffen, haben sie sich eine Menge zu sagen. Bei ihrer ersten Begegnung diskutieren Freud (Viggo Mortensen) und Jung ganze dreizehn Stunden am Stück. Obwohl Jung seine Bewunderung für die Arbeit des österreichischen Psychoanalytikers und Theoretikers ausdrückt, schlägt er vor, einen "milderen Begriff als Libido" zu finden und allgemein "im Bereich der Sexualität die Pille zu versüßen". Freud bezweifelt, ob "Euphemismen eine gute Idee" seien.

Einige Zeit später bittet Freud Jung darum, den Arzt Otto Gross zu behandeln, der eine "brillante, aber launische Persönlichkeit" sei und medizinische Hilfe brauche. In den Sitzungen drängt Gross Jung: "Unterdrücke niemals etwas", und ermutigt ihn zu einer Affäre mit Spielrein, die daran offenbar Interesse zeigt. Jung beginnt mit der jungen Frau eine Beziehung, die eine sadomasochistische Seite hat. Jungs Frau (Sarah Gadon), die Tochter eines wohlhabenden Industriellen und mittlerweile Mutter zweier Töchter, fühlt sich zunehmend an den Rand gedrängt.

Freud, der von Jung mehr und mehr beeindruckt ist, ernennt ihn zum "unbestrittenen Kronprinzen" im Bereich der internationalen Psychiatrie.

Jung beendet widerwillig und mit Schmerzen seine Affäre mit Spielrein, allerdings nicht ehe er sich in einem Brief an Freud dazu bekennt. Dies scheint der Freundschaft der beiden nicht zu schaden. Gemeinsam reisen sie 1910 in die Vereinigten Staaten, und Freud sagt zu sich selbst über die Amerikaner: "Wir bringen ihnen die Pest und sie wissen es nicht."

Ein paar Jahre später besucht Spielrein Jung mit ihrer Doktorarbeit und sie diskutieren Spielreins Theorie über den Todestrieb. Kurzzeitig nehmen sie ihre sexuelle Beziehung wieder auf. Spielrein besucht auch Freud und diskutiert mit ihm ihre Theorien. Mittlerweile beginnt sich zwischen Freud und Jung eine berufliche und persönliche Distanz zu entwickeln. Jungs Interesse am Okkulten und Mystischen stößt Freud ab, und letzterer lehnt Freuds "Besessenheit mit Sexualität" ab: "Er besteht darauf, jede Neurose auf sexueller Ebene zu interpretieren."

Bei ihrer letzten Begegnung im Jahr 1913 streiten sich Freud und Jung darüber, ob der Monotheismus seinen Ursprung in einem "Drang zum Vatermord" hat, und führen dann ihr eigenes, kleines Vater-Sohn Drama auf, als Freud ohnmächtig wird und Jung ihm zu Hilfe kommt. Danach schreiben sie einander wütende Briefe, und "der Rest ist Schweigen". Im Abspann werden ihre Schicksale dargelegt. Spielrein, die 1923 in die Sowjetunion zurückkehrt, spielte dort bei der Entwicklung der Psychiatrie eine Rolle und wurde 1942 von den Nazis ermordet.

Wie bereits angemerkt, beschäftigt sich Eine dunkle Begierde mit interessanten Themen und Menschen. Die Schauspieler bringen sich voll ein, und die Handlungsorte und physischen Details beschwören die europäische Kultur vor dem ersten Weltkrieg herauf.

Allerdings ist der vielleicht größte Nutzen des Films, dass er den Zuschauer dazu ermutigt, den Figuren und Fragestellungen weiter nachzugehen, weil feststeht, dass das Werk von Cronenberg und Hampton diese nicht vollständig auslotet.

Dialoge für Figuren wie Freud, Jung und andere zu schreiben, ist nicht leicht. Wie haben diese zwei berühmten Psychoanalytiker einander wohl bei ihrem ersten Treffen 1907 angesprochen? Wie haben die persönlichen Beziehungen dieser beiden Intellektuellen ausgesehen? Eine gewaltige Aufgabe!

Hampton (Brite, 1946 geboren) ist ein gewandter Schreiber mit einer langen Geschichte als Bühnenautor, Drehbuchautor, Übersetzer und Bearbeiter. Er schreibt geschickt über andere Zeiten und Orte, aber ohne großes historisches oder psychologisches Verständnis, sodass sogar intelligente, wertvolle Werke, wie beispielsweise Geschichten aus Hollywood über europäische Auswanderer in Los Angeles in den 1930er Jahren, eine etwas dünne und schematische Atmosphäre vermitteln.

Wenn sich Hamptons Beschränktheit mit der Not verbindet, komplexe ideologische Fragestellungen in eine begrenzte Anzahl von Zeilen in Filmdialogen zu stopfen, dann muss das Ergebnis wahrscheinlich unbefriedigend sein. Zeitweise erinnern vor allem die Gespräche zwischen Freud und Jung fast an eine Comicbuchversion der Geschichte der Psychoanalyse.

Während ihrer ersten Begegnung erzählt Jung von einem Traum: "Ich sah, wie ein Pferd an dicken Tauen in eine unbestimmte Höhe gehisst wurde". Er fährt fort: "Plötzlich reißt das Tau und das Pferd schlägt auf dem Boden auf, aber es ist nicht verletzt. Es richtet sich auf, galoppiert fort und wird dabei nur von einem schweren Holzstamm gebremst, den es über den Boden schleppen muss." Die beiden unterziehen den Traum einer eher unbeholfenen Analyse, und leider nimmt der Dialog beinahe Züge einer Parodie an:

Sigmund Freud: "Dieser Holzstamm..."

Carl Jung: "Ja."

Sigmund Freud: "Ich denke, Sie sollten vielleicht die Möglichkeit erwägen, dass er einen Penis repräsentiert."

Man ist versucht auszurufen: Kann ein Holzstamm denn nicht einmal bloß ein Holzstamm sein! ...

Eine weitere Schwierigkeit ist, dass Eine dunkle Begierde versucht, (mindestens) zwei recht komplizierte Geschichten zu erzählen, eine über die Beziehung zwischen Freud und Jung und die andere über Spielreins Genesung von der Neurose und ihre Entwicklung als psychoanalytische Denkerin. Dabei wird keine der beiden Geschichten vollständig erzählt.

Spielrein ist eine interessante Figur, über die bis in die späten 1970er Jahre, als Kartons mit Briefen und Arbeiten von ihr in der Schweiz gefunden wurden, recht wenig bekannt war. Immerhin war sie eine der ersten Psychoanalytikerinnen und hatte mehrere Arbeiten auf diesem Gebiet verfasst.

Unabhängig von Spielreins Rolle für die Psychiatriegeschichte ist es jedoch keine Beleidigung für ihre Person, wenn man nahelegt, dass das Interesse an ihrem Leben und Wirken - auch unter Berücksichtigung ihres tragischen Schicksals - aus der Ecke der modernen Identitätspolitik stammt. John Kerr, Autor von Eine gefährliche Methode (die ursprüngliche Quelle für Hamptons Theaterstück und Drehbuch), beginnt die Neubewertung ihres Werks mit dem Kommentar: "Ich denke, dass im Zeitalter des Feminismus niemand der Auffassung widersprechen wird, dass die Geschichte von Spielreins Werdegang an sich schon wertvoll genug ist, um sie zu erzählen."

Knightley stürzt sich mit bemerkenswerter Energie in ihre Rolle, aber die Szenen über sadomasochistische Praktiken tragen wenig oder gar nichts zum Film bei. Wie die Schauspielerin der Presse berichtete, habe Cronenberg ihr gesagt, er wolle nicht, "dass die Szenen sexy oder voyeuristisch werden; er wollte, dass sie emotionslos sind". Was auch immer der Regisseur dachte und tat, (und dies könnte ein klassisches Beispiel für den Unterschied zwischen bewussten und unbewussten Motiven sein), so tendieren solche Stellen doch leider dazu, eine eigene Anziehungskraft zu entwickeln.

Die Erzeugung solcher Momente, die zwangsläufig etwas Sensationslüsternes an sich haben, liegt in Wirklichkeit der gegenwärtigen Filmindustrie am meisten am Herzen (oder an anderen Körperteilen). Mit anderen Worten: Diese in Knightleys Worten "schockierenden" und "unglaublich wichtigen" Sequenzen sind eigentlich die schwächsten Passagen.

Auf der anderen Seite behandelt Eine dunkle Begierde die Spielrein, die Theorien über den Todestrieb aufstellte, fast im Vorbeigehen. Wenn hier gezeigt werden soll, dass ihr Wirken möglicherweise bedeutenden Einfluss auf einige spätere Theorien Freuds gehabt hat, wird dieser Auffassung nicht besonders viel Nachdruck verliehen.

Worin besteht die im Titel genannte "gefährliche Methode" [engl. Originaltitel: "A Dangerous Method"]? Ist die "Sprechkur" selbst gemeint, oder bezieht sich der Titel auf die Methode, mit einer Patientin zu schlafen... - oder beides?

Natürlich ist es für alle Beteiligten ein potenziell gefährliches Unternehmen, sich durch die persönlichen Details eines anderen Menschen zu wühlen. Zudem begab man sich im Jahr 1904 auf relativ unerforschtes Gebiet. Eine Stärke des Films von Cronenberg ist sicherlich, dass er vorstellt, was später, im Guten wie im Bösen, ein wichtiges Merkmal der Kultur des zwanzigsten Jahrhunderts werden sollte: die Anwendung der Psychiatrie und die damit verbundenen Widersprüche.

Der Film verwendet seinen größten Teil darauf, eine wichtige Persönlichkeit der Psychoanalyse jener Zeit, nämlich C.G. Jung, in recht günstigem Licht darzustellen. Dennoch - und das ist interessant, - wird schließlich doch sein letztendlicher Gegner, Freud, als der intellektuell bedeutendere und mutigere Mensch dargestellt. Übrigens sind gerade die Szenen, in denen Freud/Mortensen spielt, schauspielerisch und historisch ohne Frage am interessantesten, obwohl er kaum eine ernsthafte Gelegenheit hat, seine Auffassung darzulegen.

Man muss sich stets daran erinnern, dass Freud als Jude in einer Stadt, in der der Antisemitismus heftig auflebte, die intimen und manchmal wenig schönen Fakten des Seelenlebens ans Licht bringen wollte, die viele angesehene Leute lieber unter den Teppich gekehrt hätten. Dass der Psychoanalytiker seine Theorien und die Veröffentlichung seiner Ansichten beharrlich weiterverfolgte, obwohl er immer wieder als "schmutziger Pornograf" angegriffen wurde, steht als Tribut für die Ernsthaftigkeit seines bahnbrechenden Projekts.

Diese Ernsthaftigkeit und Freuds wahrhaft wissenschaftliches Anliegen anzuerkennen, heißt natürlich nicht, dass man mit seiner Perspektive und seinen Schlussfolgerungen übereinstimmen muss. Als Jung in Eine dunkle Begierde Freuds einseitiger Konzentration auf Sexualität erstmals widerspricht, ist man geneigt, ihm zuzustimmen. Und das mag kein unwichtiger Punkt sein: Wenn Jung (und nicht nur Jung) mit "schismatischen" und rückschrittlichen Theorien Anklang finden konnte, war dies zu einem gewissen Grad das Produkt einer weiterverbreiteten Unzufriedenheit mit Freuds "Einseitigkeit". Man ahnte, dass der Freudianismus in einer Sackgasse steckte.

Weder sollte sich eine Filmrezension psychiatrischen Theorien widmen, noch ist dieser Rezensent ausgebildet, dies in angemessener Tiefe zu tun. Dennoch müssen hier einige Kritikpunkte des Marxismus am Freudianismus angesprochen werden.

In seinem Essay "Freudianismus und Kunst" (1925) weist beispielsweise Alexander Woronski darauf hin, dass Marxisten, im Gegensatz zu Freudianern, unweigerlich "mit der Auffassung [beginnen], dass sie es nicht mit einzelnen, isolierten Individuen zu tun haben, sondern mit dem gesellschaftlichen Menschen". Während physiologische, klimatische und geographische Bedingungen, die offensichtliche Auswirkungen auf das menschliche Leben haben, "relativ stabil und unveränderlich" sind, verändern sich sozialhistorische Bedingungen "ungleich schneller. Außerdem ist das soziale Umfeld für den gesellschaftlichen Menschen viel näher und unmittelbarer."

Daher sucht der Marxismus die hauptsächliche Quelle von Veränderungen in "Moral, Überzeugungen und Gefühlen" in der sozialhistorischen Arena. Mit anderen Worten sind die bestimmenden Elemente im Handeln der Menschen als soziale Wesen die Tatsachen des gesellschaftlichen Lebens und der Geschichte und nicht ihre Biologie, obwohl sie natürlich leben, atmen und als sexuelle Wesen handeln müssen.

Leo Trotzki beschäftigt sich mit dieser Frage in seiner Erörterung des künstlerischen Prozesses in Literatur und Revolution. Er bemerkt ebenfalls, dass die physiologische Grundlage, "die sexuelle Grundlage des Menschen sich langsam [verändert]. Die gesellschaftlichen Formen der Liebe verändern sich schneller. [...] Wenn es keine Veränderung in der Psyche gäbe, die durch Änderung des gesellschaftlichen Milieus erzeugt werden - dann gäbe es auch keine Bewegung in der Kunst: Die Menschen würden sich auch weiterhin von Generation zu Generation mit der Poesie der Bibel oder der alten Griechen begnügen."

Wie Woronski bemerkte: So lange Freud sich selbst "auf die Untersuchung der Psychologie und sogar der Psychopathologie Einzelner" beschränkt, war er vielleicht der "richtige Mann für den Job". Aber wenn Freudianer zur Soziologie übergehen, "bleiben sie bei ihrem Grundsatz, den Menschen isoliert von der Gesellschaft zu studieren. Wenn sie auf diese Weise handeln, ziehen uns die Freudianer im besten Fall zurück auf die sogenannte abstrakte wissenschaftliche Sichtweise, die zwar für die Biologie, Physiologie und Psychologie von Nutzen ist, aber in der Soziologie schon von Marx zu Recht verurteilt wurde."

Auch wenn man die offenkundigen Schwächen der Freudschen Theorie berücksichtigt, auf die der Jungianismus einzugehen vorgibt, stellt er doch einen Angriff auf die psychiatrische Orthodoxie von rechts dar, einen Versuch, sie von ihrer wissenschaftlichen und physiologischen Grundlage wegzubewegen. Im Grunde versuchte Freud, auf eine beschränkte und manchmal fehlgeleitete Art, die Neurose eines Menschen in den konkreten Umständen seines Lebens und in der Erziehung auszumachen.

Im Gegensatz dazu spiegeln Jungs Einwände den Druck der in dieser Zeit so weit verbreiteten subjektivistischen, voluntaristischen und irrationalistischen Strömungen wider. Als Sohn eines Pastors, mit einem lebenslangen Interesse am Okkulten, widersprach Jung, laut Kerr, "dem reduktionistischen Materialismus der Epoche - 'der Judaisierung der Wissenschaft' - während er sich auf verschiedene Autoritäten berief, die Anhänger des Spiritualismus, der Telepathie und der Hellseherei waren. Was den Wahrheitsgehalt dieser Phänomene betraf, hatte Jung keine Zweifel."

Von diesem fragwürdigen Punkt ausgehend, postuliert Jung schließlich die Existenz eines "kollektiven Unbewussten", das bei allen Menschen gleich sei und (in seinen Worten) aus "bereits existierenden Formen, den Archetypen" bestehe. Das Seelenleben setzte sich aus diesen und dem uns bekannten, unmittelbaren und persönlichen Bewussten und Unbewussten zusammen. Obwohl er behauptet, ein Mann der Wissenschaft zu sein, weisen solche Konzepte, wie ein Kommentar bemerkt, eindeutig auf "eine außerweltliche Realität und deren Kräfte (Tote, Götter, Archetypen)" hin, also auf die Gemeinschaft des Menschen mit irgendeiner göttlichen oder Welt umfassenden Kraft (d.h. mit Gott).

Aus solchen Theorien kann nichts Gutes entstehen, und es entstand auch nichts Gutes. Der Jungianismus spielt in jedem Bereich, in dem er ernst genommen wird, einschließlich der Kunst, eine schädliche Rolle. Unter seinem Einfluss tendieren Künstler dazu, der konkreten Untersuchung des Lebens zu entkommen. Sie wenden sich Mythen zu und skizzieren die angeblich archetypischen Elemente der Existenz, - eine sinnlose und wesentlich anti-künstlerische Anstrengung.

Man konnte von Cronenberg und Hampton nicht erwarten, alle diese Fragen zu behandeln, und Eine dunkle Begierde ist zumindest insofern von Wert, als der Film das Interesse an diesen Fragen weckt. Aber im Endeffekt umfasst der Film einen Bereich, der deutlich zu groß ist, mit einer künstlerischen Ausstattung und intellektuellen Methoden, die für den Film nicht hoch genug entwickelt sind.


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Quelle:
World Socialist Web Site, 17.03.2012
Eine dunkle Begierde: Die Freud-Jung Kontroverse und Anderes
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. März 2012