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GLEICHHEIT/3514: AOL kauft die Huffington Post für 315 Millionen Dollar


World Socialist Web Site
Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

AOL kauft die Huffington Post für 315 Millionen Dollar:
So viel zu Amerikas "fortschrittlichen" Medien

Von David Walsh
16. Februar 2011


Die Ankündigung, dass das Internet-Dienste und Medien-Unternehmen AOL (ehemals America Online) die Huffington Post für ca. 315 Millionen Dollar in Aktien und Bargeld kauft, ist für den Charakter der "fortschrittlichen" Medien in den Vereinigten Staaten bezeichnend.

Im Rahmen der Vereinbarung wird die liberale Kommentatorin Arianna Huffington zur Geschäftsführerin und Chefredakteurin der The Huffington Post Media Group, die alle Huffington Post und AOL Inhalte umfassen wird. In ihrer gemeinsamen Pressemitteilung, behaupteten AOL und Huffington, dass die "neue Gruppe zusammen 117 Millionen Besucher pro Monat in den Vereinigten Staaten und 270 Millionen auf der ganzen Welt haben wird."

In der Pressemitteilung heißt es weiter: "Nach Abschluss dieser Transaktion wird AOL beschleunigt seine Strategie umsetzen, eine breite und differenzierte Palette von Premium-Nachrichten, Analysen und Unterhaltung zu liefern, die von Tausenden von Autoren, Redakteuren, Reportern und Filmemachern rund um den Globus produziert wird."

Keine der Verlautbarungen der beiden Partner enthält einen Hinweis auf das, was das neue Unternehmen seinem Publikum zu sagen hat. Stattdessen nehmen atemlose Kommentare über "die Fusion der Visionäre", "den bahnbrechenden Ansatz" des Unternehmens und "die Bildung eines innovativen Kommunikationsnetzes" und so weiter den meisten Raum ein. Man könnte fast auf die Idee kommen, dass alle Beteiligte vor allem die Möglichkeit reizte, sich einen größeren Namen und dabei auch noch sehr viel Geld zu machen.

The Huffington Post wurde im Mai 2005 von Huffington und Kenneth Lerer, einer Führungskraft im Medienbereich, als liberale Alternative zu verschiedenen rechten Blogs gestartet. Lerer ist aktiver Teilhaber von Lerer Media Ventures und ehemaliger stellvertretender Geschäftsführer des Medienkonzern AOL Time Warner (AOL wurde im Dezember 2009 zu einem unabhängigen Unternehmen). Er und seine Frau sind prominente Spendensammler für die Demokratische Partei.

The Huffington Post war als Nachrichten und Blog Plattform mit einer Vielzahl von liberalen und halb-liberalen Kommentatoren erfolgreich. Seine Autorenliste ist ein Who's Who aus Politik, Wissenschaft, Unterhaltungsindustrie und Medienprominenten aus dem Umfeld der Demokratischem Partei.

Die Webseite schmückt sich mit den "prominenten Stimmen", die für sie geschrieben haben, darunter Barack Obama, Hillary und Bill Clinton, New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg, die frühere Außenministerin Madeleine Albright, die Senatoren Russ Feingold, Al Franken und John Kerry, die Abgeordnete Nancy Pelosi, Microsoft-Gründer Bill Gates, die Ex-Stützen der Obama Regierung Rahm Emanuel und Lawrence Summers, die Nachrichtensprecher Diane Sawyer und Katie Couric, Astronaut Buzz Aldrin, die Schauspieler Robert Redford, Mia Farrow, Jamie Lee Curtis, Alec Baldwin, Sean Penn und George Clooney, Sänger Neil Young und Madonna, Drehbuchautor Aaron Sorkin, TV-Produzent Norman Lear, Talkmaster Charlie Rose und viele mehr.

Das hervorstechendste Merkmal der Huffington-AOL Fusion ist vielleicht, wie wenig überraschend, ja, sogar "organisch" sie ist. Nur wenige, wenn überhaupt einer, der erwähnten Autoren würden an dem Verkauf dieser angeblich politisch kritischen, gelegentlich "oppositionellen" Webseite an einen der führenden Mediengiganten Amerikas Anstoß nehmen. Die Huffington Post ist jetzt Bestandteil eines Konzerns mit einem Umsatz von 3,257 Milliarden US Dollar und einer Bilanzsumme von 3,963 Milliarden Dollar im Jahr 2009. Kann man da etwas anderes erwarten als die zahmsten Kommentare und Meinungen?

Arianna Huffington ist eine ungewöhnliche Figur. Geboren in Griechenland (ihr Vater wurde von den Nazis während des Zweiten Weltkriegs für seinen Widerstand gegen die deutsche Besatzung interniert) und ausgebildet in Cambridge in England, begann Huffington ihre Medienkarriere in den 1970er Jahren in London. Sie hatte über Jahre hinweg eine enge persönliche Beziehung zu Bernard Levin, einem Journalisten der rechten Londoner Times.

Im Jahr 1980 zog Huffington in die USA und heiratete 1986 den Öl Multi-Millionär Michael Huffington, einen Freund der Familie Bush. Ronald Reagan ernannte ihren Ehemann noch im selben Jahr zum stellvertretenden Verteidigungsminister für Abrüstungsverhandlungen. 1992 bewarb er sich erfolgreich für den Kongress und verlor zwei Jahre später trotz Ausgaben in Höhe von achtundzwanzig Millionen Dollar in einem Kopf an Kopf Rennen gegen Diane Feinstein den Kampf um den Einzug in den US-Senat. Die Huffingtons wurden später geschieden, und Michael Huffington bekannte sich zu seiner Bisexualität.

Arianna Huffington vertrat in den frühen und mittleren 1990er Jahren die gleichen rechten Ansichten wie ihr Mann, unterstützte die "republikanische Revolution" von Newt Gingrich im Jahr 1994 und die Präsidentschaftskandidatur des Republikaners Bob Dole im Jahr 1996. Sie unterstützte die Kampagne für Bill Clintons Amtsenthebung im Jahre 1998 wegen der Lewinsky-Affäre und richtete die Resignation.com Website ein, bevor sie schließlich im Januar 1999 zur Auffassung kam, dass "wir das Verfahrens gegen den Präsidenten [zur Amtsenthebung] schnell beenden und vorwärts schreiten müssen."

Huffington behauptet, dass ihre Umorientierung nach links durch die Desillusionierung über Gingrich und die Republikaner in sozialen Fragen angetrieben wurde (zweifelsohne verstärkt durch ihre Opposition gegen die Bombardierung Serbiens im März-Juni 1999). Es gibt keinen Grund, ihr nicht zu glauben. Ihre Kolumnen aus den späten 1990er Jahren konzentrierten sich häufig auf die soziale Ungleichheit und die brutale Situation für die Armen in Amerika. Im Jahr 2003 gab sie ihre Kandidatur zur Wahl in Kalifornien über die Abberufung des kalifornischen Gouverneurs bekannt. Dabei trat sie als selbsternannte "progessive Populistin" auf. Dann zog sie die Kandidatur aber wieder zurück.

In ihrem 2008 veröffentlichten Buch Right is Wrong: How the Lunatic Fringe Hijacked America, Shredded the Constitution, and Made Us All Less Safe [Rechts ist falsch: Wie die verrückten politischen Fanatiker Amerika als Geisel nahmen, die Verfassung zerfetzten und uns alle unsicherer machten], erklärte Huffington, dass sie die Republikanische Partei zwölf Jahre zuvor verlassen habe: "Ich verließ die GOP in dem Moment, als die Rechte ihren Griff nach der Seele der Partei verstärkte. Aber ich muss zugeben, dass ich selbst bei meinem Austritt nicht vorausgesehen habe, wie erstickend ihre Umklammerung werden würde."

Sie erklärt, sie habe vor allem die Vorstellung abgestreift, "dass der private Sektor die Möglichkeit entstehen lassen und die notwendigen Mittel zur Verfügung stellen könnte, um funktionierende Sozialprogramme auf die Beine zustellen, sie zu finanzieren und auf den Markt zu bringen". Besonders konservative Multi-Milliardäre, die schreien, dass sie weniger staatliche Einmischung wollen, verbreiten diese Mär.

Huffingtons Enttäuschung über die Republikaner und deren Besessenheit mit dem "freien Markt" und über ihre globale Unilateralität stieß bei einflussreichen Teilen der Medien und Wirtschaft offenbar auf Resonanz. Die Innen- wie auch die Außenpolitik der Bush-Cheney-Regierung wurde von immer breiteren Kreisen für eine Katastrophe gehalten. Diese Reaktion zahlte sich letztlich in der Form aus, dass gleich gesinnte Investoren Geld zur Verfügung stellten, und führte im Jahr 2005 zur Gründung der Huffington Post (angeblich hat sie auch durch ihre Scheidungsvereinbarung Millionen erhalten).

Huffington war im Jahr 2008 eine überzeugte Anhängerin von Barack Obama, und veröffentlichte nach seinem Sieg im November einen Artikel mit der Überschrift "Obama hat gewonnen: Warum alle Amerikaner Grund zum Feiern haben".("Heute Nacht können wir den Sieg eines Kandidaten feiern, der seinen Moment in der Geschichte ergriffen und Amerika an seine Jugend und den Optimismus erinnert hat, nach dem es sich zurücksehnt. Lasst es uns genießen. Die dunklen Jahre der Bush Regierung sind fast vorbei. Es ist Zeit für einen erneuten Durchbruch Amerikas"). Sie betrachtet Obama als einen persönlichen Freund, obwohl sie ihre Enttäuschung über einige Punkte seiner Politik zum Ausdruck gebracht hat. Huffington tritt regelmäßig bei Veranstaltungen der liberalen Linken und der Demokratischen Partei auf, so auch auf der Nationalen Konferenz für Medienreform im Jahre 2008.

Bei ihren verschiedenen politischen Wandlungen ist es Huffington immer gelungen, gut vernetzt und wohlhabend zu bleiben. Sie hat vor kurzem vom Weltwirtschaftsgipfel in Davos aus der Schweiz gebloggt, wo sie mit Topmanagern, führenden Politikern und mit "Leuten, die die Welt bewegen und schütteln", wie sie es selbst nennt, zusammenkam.

Nachdem sie vorher schon reich war, ist Huffington jetzt vermutlich sagenhaft reich. Darin unterscheidet sie sich aber nicht sehr von den zahllosen anderen Figuren auf Seiten der amerikanischen liberalen Linken. Katrina Vanden Heuvel von der Nation zum Beispiel stammt aus der Schicht der Wohlhabenden und unter den Autoren ihrer Zeitschrift sind überdurchschnittlich viele selbstzufriedene und reiche Privatpersonen.

Das sind sehr reiche Leute, deren lauwarme Kritik an der amerikanischen Gesellschaft nie die Grundlagen berührt, weil ihre Politik ihre wirtschaftlichen Interessen reflektiert. Sie verteidigen weiterhin das Profitsystem und die Demokratische Partei gegen die Interessen der großen Mehrheit der Bevölkerung. Der 315 Millionen Dollar schwere Verkauf der Huffington Post an AOL bestätigt diese soziale und ideologische Tatsache.


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Quelle:
World Socialist Web Site, 16.02.2011
AOL kauft die Huffington Post für 315 Millionen Dollar:
So viel zu Amerikas "fortschrittlichen" Medien
http://www.wsws.org/de/2011/feb2011/aol-f16.shtml
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Februar 2011