Schattenblick → INFOPOOL → MEDIEN → ALTERNATIV-PRESSE


AUFBAU/411: Vor 100 Jahren in Bern - Internationales Treffen der Kriegsgegnerinnen


aufbau Nr. 80, märz / april 2015
klassenkampf - frauenkampf - kommunismus

Vor 100 Jahren in Bern: Internationales Treffen der Kriegsgegnerinnen


FRAUENKAMPF Im März 1915 fand in Bern eine internationale Tagung revolutionärer Frauen statt. Sie stand im Zeichen des Antimilitarismus und des proletarischen Frauenkampfes - in klarer Abgrenzung der damals vorherrschenden Politik ihrer eigenen Parteien.


(agkkzh) Einige der Frauen sind unerkannt über die Grenze gekommen. In Bern konnten sie sich der Beobachtung durch die Nachrichtendienste der Kriegsführenden noch einigermassen gut entziehen. Aus Deutschland reisen an: Clara Zetkin, Käthe Duncker und Margarete Wengels; aus Russland Nadeschda Krupskaja; auch Genossinnen aus England, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Polen und der Schweiz sind vertreten. Die Frauen kommen nicht immer als Delegierte ihrer Parteien, denn die deutschen und französischen Parteien der Sozialdemokratie unterstützen die herrschende Regierung ihres Landes.


Die Stimme erheben für das Leben

Dem Treffen vorausgegangen ist im November des Vorjahres ein Aufruf von Clara Zetkin. Der von ihr entworfene Text wird als Flugblatt in Deutschland illegal verteilt. "An die sozialistischen Frauen aller Länder!" und weiter: "wenn die Männer töten, ist es an uns Frauen, für die Erhaltung des Lebens zu kämpfen. Wenn die Männer schweigen, ist es unsere Pflicht, erfüllt von unseren Idealen, die Stimme zu erheben. Gegen die Annexionspolitik, gegen demütigende Friedensbedingungen, gegen die Verletzung der Unabhängigkeit fremder Nationen!"

Ende des 19. Jahrhunderts entsteht als Teil der ArbeiterInnenbewegung in Europa eine proletarische Frauenbewegung mit mehreren internationalen Konferenzen, wie die 1. Internationale Konferenz 1907 in Stuttgart (Sozialistische Fraueninternationale) im Anschluss an den internationalen sozialistischen Kongress. Die Frauenkonferenz beschließt, ein Sekretariat einzurichten bei der Redaktion der Gleichheit. Die Zeitung wird zum gemeinsamen Publikationsorgan bestimmt.


Die proletarische Frauenbewegung

Nebst Frauenrechten ist immer auch die internationale Lage Bestandteil der politischen Analyse. Ebenso wird das uneingeschränkte Frauenwahlrecht und das allgemeine Frauenstimmrecht gefordert; nicht als primäres Ziel alleine, sondern als Teilschritt hin zu einem gemeinsamen Kampf von Frauen und Männern mit dem Ziel einer sozialistischen Gesellschaft. Bei der zweiten Konferenz 1910 in Kopenhagen nehmen etwa 100 Delegierte teil; ein dort gefällter, wichtiger Beschluss ist die Einführung des Internationalen Frauentages, der als wichtiges Instrument für den Kampf für das Frauenstimmrecht dienen soll.

Bereits in den Jahren zuvor, aber auch 1912 auf dem ausserordentlichen Kongress der 9. Sozialistischen Internationale in Basel, liegt der Fokus auf der internationalen Lage und auf den gemeinsamen Aktionen gegen den Krieg (zweite Marokko-Krise, Balkankrieg, italienisch-türkischer Krieg). Clara Zetkin hält dort eine kämpferische Rede gegen den imperialistischen Krieg und meinte: "Der Krieg ist nichts als die Erweiterung und Ausdehnung des Massenmordes, dessen sich der Kapitalismus auch im sogenannten Frieden zu jeder Stunde am Proletariat schuldig macht!" Im Anschluss an den 3. Sozialistischen Frauenkongress in Berlin findet eine große Friedensdemonstration mit Tausenden von Frauen statt, die an der Abschlussveranstaltung teilgenommen haben.

Nach Kriegsausbruch fordert die SPD zur Zusammenarbeit mit den bürgerlichen Frauenvereinen auf, was die Spaltungstendenzen innerhalb der Partei in einen reformistischen und revolutionären Flügel noch beschleunigt. die Spaltung wird unausweichlich, spätestens bei der Zustimmung der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion zu den Kriegskrediten im August 1914.

Bereits ein Jahr zuvor, im Juni 1913 hat man einen einmaligen Wehrbeitrag mit grosser Mehrheit abgenickt, einer "Finanzierungsspritze" für Rüstungszwecke, ganz entgegen dem antimilitaristischen Grundsatz: "diesem System keinen Mann und keinen Groschen!" Clara Zetkin hat bereits da immer wieder ihre warnende Stimme erhoben, aber war mit ihrer Position in der Minderheit. Die nationalistischen und militaristischen Tendenzen hatten schon die Oberhand.

*

Redaktion

Revolutionärer Aufbau Basel (rabs), Revolutionärer Aufbau Bern (rab), Revolutionärer Aufbau Winterthur (raw), Gruppe politischer Widerstand Zürich (gpw), Gruppe Arbeitskampf Zürich (az), Arbeitsgruppe Antifa Basel (agafbs), Arbeitsgruppe Antifa Zürich (agafz), Arbeitsgruppe Klassenkampf Basel (agkkbs), Arbeitsgruppe Klassenkampf Zürich (agkkz), Arbeitskreis ArbeiterInnenkämpfe (akak), Arbeitskreis Frauenkampf (akfk), Frauen-Arbeitsgruppe (agf), Frauenkollektiv (fk), Rote Hilfe International (rhi), Arbeitsgruppe Jugend Zürich (agj)

*

Quelle:
aufbau Nr. 80, märz / april 2015, Seite 5
HerausgeberInnen:
Revolutionärer Aufbau Zürich, Postfach 8663, 8036 Zürich
Revolutionärer Aufbau Basel, basel@aufbau.org
Revolutionärer Aufbau Winterthur, winterthur@aufbau.org
Redaktion und Vertrieb Schweiz
aufbau, Postfach 8663, 8036 Zürich
E-Mail: info@aufbau.org
Internet: www.aufbau.org
 
Der aufbau erscheint dreimonatlich.
Einzelpreis: 2 Euro/3 SFr
aufbau-Jahresabo: 30 Franken, Förderabo ab 50 Franken


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. April 2015

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang