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AUFBAU/305: Böse Banker oder imperialistische Logik?


aufbau Nr. Nr. 67, Dezember 2011/Januar 2012
klassenkampf - frauenkampf - kommunismus

Böse Banker oder imperialistische Logik?

KRIEG - Die Börsen bestimmen die Ministerkabinette, NATO-Bomben sind die modernen Königsmacher. Von der vielgepriesenen bürgerlichen Demokratie bleibt wenig zurück. Das Finanzkapital entscheidet über Krieg und Frieden.


(rabs) Imperialismus ist nicht die kriegerische Aussenpolitik einer Grossmacht, auch wenn der Imperialismus ohne Krieg und die Eroberung von Märkten nicht denkbar ist. Imperialismus meint auch nicht die Macht der Banken oder Milliardäre. Genaugenommen ist mit Imperialismus als marxistische Kategorie gar keine Politik gemeint, sondern ein Entwicklungsstadium des kapitalistischen Systems. Der Manchester-Kapitalismus der freien Konkurrenz hat sich am Ende des 19. Jahrhunderts zum Kapitalismus der Monopole entwickelt, in dem das Kapital einiger weniger monopolistischen Banken mit dem Kapital monopolistischer Industriellenverbände zum Finanzkapital verschmolzen ist. Lenin beschreibt diesen Prozess in seiner nach wie vor lesenswerten Schrift "Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus".


Imperialismus

"1. Konzentration der Produktion und des Kapitals, die eine so hohe Entwicklungsstufe erreicht hat, dass sie Monopole schafft, die im Wirtschaftsleben die entscheidende Rolle spielen;
2. Verschmelzung des Bankkapitals mit dem Industriekapital und Entstehung einer Finanzoligarchie auf der Basis dieses "Finanzkapitals";
3. der Kapitalexport, zum Unterschied vom Warenexport, gewinnt besonders wichtige Bedeutung;
4. es bilden sich internationale monopolistische Kapitalistenverbände, die die Welt unter sich teilen, und 5. die territoriale Aufteilung der Erde unter die kapitalistischen Grossmächte ist beendet. Der Imperialismus ist der Kapitalismus auf jener Entwicklungsstufe, wo die Herrschaft der Monopole und des Finanzkapitals sich herausgebildet, der Kapitalexport hervorragende Bedeutung gewonnen, die Aufteilung der Welt durch die internationalen Trusts begonnen hat und die Aufteilung des gesamten Territoriums der Erde durch die grössten kapitalistischen Länder abgeschlossen ist."
(Lenin, Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus)


Die Diktatur der Monopole

Die Herrschaft der Monopole und des Finanzkapitals, also nicht der Banken, ist omnipräsent und unübersehbar. Beinahe stündlich werden wir über alle Medienkanäle mit den aktuellen Börsenindexen und Aktienkursen berieselt. Was zu recht als geistige Umweltverschmutzung empfunden wird, hat seinen tieferen Grund. Heute wird jede bedeutende Entscheidung der herrschenden Klasse mit dem Seitenblick auf die Börsen getroffen. Und die Beherrschten haben mit dem Blick auf die Sicherheit ihrer Arbeitsplätze allen Grund, besorgt auf die Börsenkurse zu schauen. Ganz zu schweigen davon, dass die Interessen des Finanzkapitals über Krieg und Frieden entscheiden.

Der US-amerikanische Ökonom und Nobelpreisträger Milton Friedman definierte die soziale Verantwortung der kapitalistischen Unternehmensführung kurz und bündig mit der Pflicht, möglichst viel Profit für die Kapitaleigentümer herauszuschlagen. Und dafür ging der Chicago Boy, wie diese Ökonomie-Schule auch genannt wird, im Wahrsten Sinne des Wortes über Leichen. Finanziert und unterstützt vom US-Kapital und dem CIA putschte General Pinochet 1973 gegen die sozialistische Regierung Allende in Chile. Mit einer blutigen Militärdiktatur wurden die ökonomischen Leitsätze Friedmans, einem der Väter der neoliberalen Schule, in Chile durchgesetzt. Ein tiefer Antikommunismus und der Beginn der Kapitalüberproduktionskrise bewogen die imperialistische Bourgeoisie, diesem blutbesudelten neoliberalen "Experiment" begeistert zu applaudieren.


Das Ende der bürgerlichen Demokratie

Ein prägnanter Ausdruck der Herrschaft der Monopole und des Finanzkapitals zeigt sich in diesen Tagen in den Regierungsbildungen der von der Krise am stärksten betroffenen Staaten wie Griechenland oder Italien. An die Macht werden Banker und Manager gehievt und die Börse entscheidet über Erfolg oder Niederlage der neu gebildeten Regierung. Die letzten Reste der bürgerlichen Demokratie werden in diesen Zeiten wieder mal entsorgt. Und wo die Börse unliebsame Regierungen nicht stürzen kann, werden diese wie in Jugoslawien, Afghanistan, Irak oder Libyen durch die NATO weggebombt und durch vorzugsweise in den USA geschulte Lakaien ersetzt.

Nicht wenige GriechInnen sehen daher die Interventionen Deutschlands als Fortsetzung der nationalsozialistischen Besatzung mit ökonomischen Kriegsmitteln. Hört man die immer kriegerischeren Töne der VertreterInnen des wiedererstarkten deutschen Imperialismus, erstaunen solche Vergleiche nicht. Unverhohlen erinnert Verteidigungsminister de Maizière daran, dass die deutsche Armee weder ein Brunnenbohrer noch eine gepanzertes technisches Hilfswerk sei. Sondern eine Armee, die "robuste militärische Antworten" geben kann. Konsequenterweise definiert er denn auch den Krieg nicht mehr als "letztes", sondern als "äusserstes" Mittel der Politik.(1) Parallel dazu wird auch die Privatisierung des Krieges vorangetrieben. Mit einer Änderung des Waffenrechtes soll Söldnerfirmen der Einsatz von schweren Waffen erlaubt werden. Die Sicherung der Handelsrouten soll dann deutschen Söldnerfirmen übergeben werden. Wer es allerdings wie der damalige Bundespräsident und ehemalige IWF-Chef Köhler wagt, ungeschminkt von Handelskriegen Deutschlands zu sprechen, wird vom Finanzkapital und seinen politischen Handlangern umgehend abgestraft und zum Rücktritt gezwungen.

Im Falle Libyens war es vor allem der französische und englische Imperialismus, der auf eine Neuaufteilung der Märkte drängte. Mit der NATO-Aggression und der Unterstützung einer zweifelhaften "Rebellenarmee" wurde das Gaddhafi-Regime weggebombt. Wohlwissend, dass dieses Regime seinen antiimperialistischen Charakter längst abgelegt und zum verlässlichen Bündnispartner der imperialistischen Mächte geworden ist. An seine Stelle tritt nun ein "Rebellenregime", das die Polygamie und die Scharia einführen will. Und, last but not least in seinem Dunstkreis von der Al Quaida durchsetzt ist. Wahrlich ein "erfolgreiches Kapitel in der Geschichte der Allianz", wie sich NATO-Generalsekretär Rasmussen ausdrückt.


Anmerkung:

(1) IP Internationale Politik vom 25.10.11, "Militärische Mittel sind äusserstes nicht erst (letztes> Mittel".


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Redaktion

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Quelle:
aufbau Nr. 67, Dezember 2011/Januar 2012, Seite 3
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Januar 2012