Schattenblick → INFOPOOL → KUNST → MEINUNGEN


TANDEM/003: Hommage an Thomas von Scheven (SB)


Beredte Bilder

Ausstellung im Kulturcafé Komm du "Aus dem künstlerischen Nachlaß"


Wer sich - wie Thomas von Scheven - mit der Nichtakzeptanz unserer Konventionen und ihren gespiegelten kulturellen Outputs befaßt hat, steht in einer langen, bisher allerdings auch zumeist sisyphusverwandten, kunsthistorischen Tradition. Denn welcher rebellische Akt, welcher künstlerische Aufschrei, welche Provokation der Sinne und welche noch so fundamentale Kritik am kulturellen Wertekonsens mündete nicht dennoch in dem sattsam bekannten Schlamassel einer ausschließlich konsumgetriebenen Verwertung?

Die Form jedoch, die Thomas von Scheven inhaltlich wie technisch für seine Auseinandersetzung gewählt hat, ist geeignet, mit diesen nivellierenden Prozessen zu brechen. Es gelingt ihm, seine unangepaßte Wahrnehmung und Lebenserfahrung, seine kritische Distanz mit "leisen Tönen" auch optisch zu Gehör zu bringen.

Denn im Unterschied zu großen Künstlern vor ihm ist ihm offensichtlich an einer Kommunikation mit dem Betrachter gelegen. Wie andere vor ihm stößt er niemanden vor den Kopf, provoziert nicht - wie geschehen - durch brutale oder fäkale Absonderlichkeiten, irritiert nicht durch die platte oder laienhafte Verwendung unkonventioneller künstlerischer Mittel und schwimmt auch nicht im Mainstream computergestützter Bildwelt-Installationen.

Er greift - ganz klassisch, wie Jahrhunderte vor ihm die Maler auch - zu Leinwand mit Keilrahmen, zu Pappen, Papier oder Holzplatten. Seine Motive - ebenfalls so klassisch wie modern - wechseln in fließenden Übergängen vom Gegenständlichen zum Ungegenständlichen und vice versa: Landschaften, Menschen, Tiere und/oder geometrische Figurationen. Mit feinem bis feinstem Pinsel vermalt er seine nicht gerade kleinen Formate in zahllosen lasierenden oder pastosen Schichten von Acryl, so daß eine überaus farbintensive, höchst animierende Bildräumlichkeit zutage tritt. Der Betrachter kann in die Kunstwerke eintauchen, sie (ohne Cybervernetzung!) virtuell begehen, sogar Wasserfälle rauschen hören ...

Vor einem lichtdurchfluteten Hintergrund stecken drei menschenähnliche Wesen die Köpfe zusammen. Einander fremd und zugewandt tauschen sie farbverschleierte Blicke. Eine blaubefingerte Hand präsentiert ein kleines, rotes, zappelndes Menschlein. - Foto: © 2015 by Schattenblick

Katalog Nr. 23
Titel: Allianz kontrovers
Maße: 35,0 x 49,0 cm
Technik: Acryl
Foto: © 2015 by Schattenblick

Unter seiner Pinselführung entstehen phantastische Zwischenwelten von erstaunlich synästhetisierender Wirkung.

Parallel zum Genuß der Sinne tun sich hier und da auch flüchtige, befremdliche Ein- und Augenblicke auf. Eine geheimnisvolle, vielleicht feindliche Dimension pulsiert zwischen den Farbgrenzen. Die emotionalen und intellektuellen Erlebniswelten des Künstlers sind hier sehr beredt, dennoch überhaupt nicht aufdringlich. Durch diese feinsinnige, feinfühlige formale Behandlung und Verarbeitung tritt das Bedrohlich-Anmutende gedämpft zurück, aus Rücksicht auf - und Verständnis für sein Vis-a-vis in spe. Durch diesen Kunstgriff liegt seine Botschaft interessanterweise nicht im Offen-sichtlichen. Die Gemälde lassen sich vergleichsweise lesen wie in einem Buch die Botschaft zwischen den Zeilen.

Thomas von Scheven gibt dem kunstinteressierten Betrachter Reiz und Raum, einen Dialog zu beginnen.

Denn hinter diesen Gemälden steckt keine Kunsttheorie und kein anspruchsvolles ästhetisches Konzept, sondern ein Mensch.


Die Ausstellung ist noch bis zum 13. März 2015 im Kulturcafé Komm du zu sehen:
Thomas v. Scheven (1953 - 2003) / "Aus dem künstlerischen Nachlaß"
Projekte in Acryl
Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 7.30 bis 17.00 Uhr, Samstag 9.00 bis 17.00 Uhr, Eintritt frei
Kulturcafé Komm du, Buxtehuder Str. 13, 21073 Hamburg-Harburg, Tel.: 040 / 57 22 89 52 - http://www.komm-du.de

27. Februar 2015


Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang