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BERICHT/150: 30 Jahre Kunstgeschichte an der Universität Trier (Unijounal Trier)


Unijournal Heft Nr. 2/2009 - Zeitschrift der Universität Trier

Die Gründerzeit vor 30 Jahren...
30 Jahre Kunstgeschichte an der Universität Trier

Von Heidi Neyses


...stand im Mittelpunkt beim Festakt des 30jährigen Jubiläums im Fach Kunstgeschichte an der Universität Trier am 2. Juli 2009. Schließlich waren ehemalige Studierende und der erste Professor, der das Fach an der Universität Trier aufgebaut hatte, zu dem Wiedersehen nach langen Jahren angereist. Prof. em. Dr. Berthold Hinz aus Kassel analysierte in seinem Festvortrag die komplexen Körperkonstruktionen in Dürers Werk. Vom 3. bis 5. Juli folgte die Tagung "Menschenbilder in der deutschen Kunst, 1450-1550".


Weder eine kunsthistorische Bibliothek noch Diathek und die nächsten größeren Kunstsammlungen 80 bis 150 Kilometer entfernt: Das war 1979 die Ausgangsbasis für das Fach Kunstgeschichte an der damals gerade neun Jahre alten Universität Trier. Rückblickend berichtete der erste Professor des Faches, Prof. em. Dr. Wilhelm Schlink von den Anfängen: "Mittel für den Aufbau der Bibliothek, Zukunftsversprechen für eine zweite Professur" und schließlich als "Morgengabe" dazu noch den Kauf der Abzüge des "Marburger Fotoarchivs zur Topographie Frankreichs" hatten die ersten Verhandlungen mit dem damaligen Präsidenten Arndt Morkel ergeben. Gerade diese "Morgengabe" habe dazu geführt, so Schlink, dass das Trierer Institut wohl das einzige ist, "das einen vollen rund 30.000 Photos umfassenden Satz dieses einzigartigen Bildarchivs besitzt". Mit Detlef Dörrbecker, seinem ersten Assistenten und heutigen Freund, baute er Bibliothek, Diathek und Photothek auf und vor allem: Das Fach musste bekannt gemacht werden, damit Studierende kamen. Zudem mussten Seminare für die Studierenden vorbereitet und gehalten sowie Schwerpunkte und Ziele des Faches definiert werden.

"Als die Zahl der Haupt- und Nebenfächler sechzig überstieg, kam mit der zweiten Professur Dr. Andreas Haus hinzu, und wenig später überraschte mich der Präsident mit dem Angebot eine Kustodenstelle zu besetzen", berichtete Schlink. Auf diese wurde Dr. Norberto Gramacini berufen, der mit seinem großen, glückhaft erworbenen Konvolut technisch meisterhafter Horst Janssen-Radierungen den Grundstock zur graphischen Lehrsammlung gelegt habe, womit das Fach "fürs erste stabilisiert und funktionstüchtig" geworden war, so Schlink. Für die ersten Exkursionen mit Studierenden und für Forschungsreisen gab es Unterstützung, und zum Erwerb der Französischkenntnisse gingen die Studierenden auch mal in die französische Weinlese. Allerdings habe ihm damals das Angebot des Faches von heute, so wie es aktuell im Internet zu finden sei, nur als vage Zukunftsvision vor Augen gestanden: "Kunstgeschichte vom frühen Mittelalter bis zu den neuen Medien in ganzer Breite und voller Methodenpluralität", so stellte Wilhelm Schlink erfreut fest: "Es ist für mich eine Genugtuung zu sehen, was aus der Trierer Kunstgeschichte in den 25 Jahren seit meinem Weggehen geworden ist".

Zuvor skizzierte Prof. Dr. Gottfried Kerscher die aktuelle Lage des Faches Kunstgeschichte, das attraktive Angebot und die neuen Wege nach Einführung der BA-/MA-Studiengänge. Dr. Detlef Dörrbecker sprach als Wissenschaftlicher Mitarbeiter der ersten Stunde über Start und Entwicklung sowie 30 Jahre Erfahrung an der Uni Trier. Für alle Ehemaligen waren das erheiternde Erinnerungen, denn auf den Exkursionen lernte man sich besser kennen als in anderen Fächern, die ausschließlich vor Ort stattfanden.

In seinem Festvortrag "Dürer: 'Natürlicher' Akt Versus Mensch aus Maß" führte Prof. em. Dr. Berthold Hinz mit scharfsinnigen kunsthistorischen Analysetechniken verschiedene Akte des Malers vor Augen. Vor allem analysierte er Dürers Technik der Maßverhältnisse in seinen Menschendarstellungen, die einerseits natürlich wirken, deren Vermessungen jedoch einem Dürer'schen Prinzip unterliegen, das er mit akribischer Konsequenz angewandt hatte. Ziel war es, die ideale Körperdarstellung des Menschen zu erreichen. Erhaltene Studien mit Vermessungen und Anmerkungen dokumentieren diese komplizierten Akt-Konstruktionen des "Menschen aus Maß", die Hinz in seinem Vortrag entschlüsselte.

Mit seinem Vortrag führte Berthold Hinz ein in die internationale Tagung "Menschenbilder in der deutschen Kunst 1450-1550". Sie umriss an den Folgetagen die Vielfalt der künstlerischen Beschäftigung mit dem Menschen in allen Gattungen der Altdeutschen Kunst. Die Aspekte "spätmittelalterlicher und frühneuzeitlicher Menschenbilder" wurden auf der Grundlage neuester Forschungen diskutiert. So wurden die Anfänge einer neuartigen Auseinandersetzung mit dem Individuum und dem menschlichen Akt im 15 Jahrhundert ebenso in den Blick genommen wie die komplexen Modelle idealer Körperdarstellung der Dürer-Zeit.

Kunsthistorikerinnen und Kunsthistoriker aus Berlin, Eichstätt, München, Hamburg, Bochum, Nürnberg, Wien und Basel gehörten zu den Referenten der von Prof. Dr. Dr. Andreas Tacke an der Universität Trier sowie der Stadtbibliothek Trier veranstalteten Tagung.


Das Forschungsdossier in diesem Unijournal kommt zu diesem 30jährigen Jubiläum aus dem Fach Kunstgeschichte.


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Quelle:
Unijournal 2/2009 - Zeitschrift der Universität Trier, S. 27
Jahrgang 35/2009
Herausgeber: Der Präsident
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. April 2010