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BERICHT/134: Den Naumburger Dom für die Zukunft bewahren (idw)


VolkswagenStiftung - 17.04.2009

Den Naumburger Dom für die Zukunft bewahren

VolkswagenStiftung fördert mit knapp 1,5 Millionen Euro Forschungsarbeiten zum Naumburger Dom - Einrichtung eines Graduiertenkollegs


Mit knapp 1,5 Millionen Euro unterstützt die VolkswagenStiftung ein interdisziplinäres Forschungsprojekt zum Westchor des Naumburger Doms. Das Besondere daran: Das Vorhaben wird in Form eines Graduiertenkollegs realisiert - rund ein Dutzend junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler können so von der Förderung profitieren. Ein Initiatorenkreis um den Restaurator Professor Dr. Ulrich Schießl von der Hochschule für Bildende Künste Dresden trägt das Kolleg; außerdem beteiligt sind fünf weitere Wissenschaftler an insgesamt vier Hochschulstandorten (siehe Übersicht am Ende der Presseinfo).

Das "Naumburg Kolleg" hat Modellcharakter. Es zeichnet sich dadurch aus, dass ein Objekt von mehreren Seiten und verschiedenen Disziplinen wissenschaftlich in den Blick genommen wird. Geplant ist, dass elf Dissertationen in folgenden sechs Fachgebieten entstehen:
- Bauforschung/Bauarchäologie,
- Kunsttechnologie/Konservierungswissenschaften, Naturwissenschaften,
   Kunstgeschichte, Geschichte sowie
- Wirtschaftsgeographie/Tourismusforschung. Im Zuge praktischer Arbeit erhalten die Nachwuchswissenschaftler mit dem Kolleg so zugleich die Chance eines umfassenden Wissenserwerbs und Erfahrungsaustausches mit Experten aus der Kulturguterschließung und -erhaltung.

Mit dem Vorhaben soll nicht weniger erreicht werden als die systematische Erfassung, Erforschung und Aufarbeitung der Baugeschichte des Westchors. Dabei beschäftigen sich die Wissenschaftler vor allem mit der Ausstattung: den berühmten Stifterstatuen, den Lettnerreliefs und der Kreuzigungsgruppe. Gerade die zwölf Stifterfiguren, unter ihnen das zur "deutschen Ikone" gewordene Bildnis der Markgräfin Uta, sind Hauptanziehungspunkte für viele Besucher Naumburgs - Touristen wie Kunsthistoriker. Ziel ist es, auf Basis der wissenschaftlichen Erkenntnisse ein Konzept zu erarbeiten für eine vorbeugende Konservierung der Kunstwerke und zugleich Strategien zu entwickeln für ein Erfolg versprechendes Kulturmarketing.

Hintergrund
Der Naumburger Dom gehört zu den wichtigsten Sakralbauwerken Deutschlands. Seinen Ruhm verdankt er insbesondere dem gegen 1250 errichteten Westchor, dessen bildhauerische Ausstattung in der Geschichte der europäischen Skulptur einen bedeutenden Rang einnimmt. Werke des sogenannten Naumburger Meisters - vor allem die Stifterstatuen - gehören aufgrund ihrer Qualität und ihrer suggestiven Wirkung zu den prominentesten mittelalterlichen Bildwerken. Hinzu kommt, dass der Naumburger Westchor als einheitlich konzipiertes wie auch einheitlich ausgeführtes großes Ensemble von Architektur und architekturbezogener Skulptur ein Denkmal von kunst- und kulturgeschichtlicher Bedeutung ist, das auch international ausstrahlt.

Zahlreiche zentrale Forschungsfragen sind jedoch bis heute nicht beantwortet. Daher bedarf es nach Einschätzung von Experten einer systematischen Befundsicherung, die dem heutigen kunsttechnologischen und bauforscherischen Standard entspricht. Vonnöten sind dafür sowohl eine eingehende Erschließung der Farbfassung der Skulpturen als auch bauarchäologische Untersuchungen. Eine neue Sichtung der historischen Quellen geht mit diesen Arbeiten Hand in Hand. Auch aus konservatorischer Sicht ist nach den zuletzt, in den frühen 1960er Jahren erfolgten Maßnahmen eine gründliche Bestimmung des Status quo für die weitere Erhaltung der Skulpturen und ihrer Farbfassung unerlässlich. Erforderlich ist darüber hinaus ein modernes Kulturmarketing. Möglichst vieles davon soll im Zuge des "Naumburg Kollegs" angegangen werden.

Projektteam
Neben Professor Ulrich Schießl von der Hochschule für Bildende Künste Dresden besteht das Projektteam aus folgenden Wissenschaftlern:

Professor Dr. Enno Bünz, Historisches Seminar, Lehrstuhl für Sächsische Landesgeschichte der Universität Leipzig;
Professor Dr. Christoph Herm, Lehrgebiet Archäometrie und Naturwissenschaften in der Konservierung, Hochschule für Bildende Künste Dresden;
Professor Dr. Joachim Poeschke, Institut für Kunstgeschichte der Universität Münster;
Professor Dr. Jürgen Schmude, Lehrstuhl für Wirtschaftsgeographie und Tourismusforschung der Ludwig-Maximilians-Universität München;
Professor Dr. Manfred Schuller, Fakultät für Architektur, Institut für Baugeschichte, Kunstgeschichte und Restaurierung, Technische Universität München.

Weiterer Kooperationspartner ist Georg Graf von Zech-Burkersroda (Dechant und Domherr, Vereinigte Domstifter zu Merseburg und Naumburg und des Kollegiatsstiftes Zeitz in Naumburg). Die Vereinigten Domstifter stellen den Kollegiaten die Unterkunft kostenlos zur Verfügung. Durch die Einrichtung des Kollegs in Naumburg mit einer Geschäftstelle sowie gegebener Infrastruktur für Wohnen, Arbeit und Lehre wird somit für den Erfahrungsaustausch und für das begleitende Lehr- und Studienprogramm auch ein idealer äußerer Rahmen geschaffen.

Kontakt Projekt
Hochschule für Bildende Künste Dresden
Prof. Dr. Ulrich Schießl
E-Mail: schiessl@hfbk-dresden.de

Kontakt
VolkswagenStiftung
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Dr. Christian Jung
E-Mail: jung@volkswagenstiftung.de

Förderinitiative
Vera Szöllosi-Brenig
E-Mail: szoelloesi@volkswagenstiftung.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/pages/de/institution458


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
VolkswagenStiftung, Dr. Christian Jung, 17.04.2009
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 21. April 2009