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WISSENSDURST/046: Plastik - großer Nutzen, größter Schaden ... (SB)



Ben und Stefan - Buntstiftzeichnung: © by Schattenblick

Grafik: © by Schattenblick


Stefan und Ben beschlossen, nachdem sie sich ausführlich mit der Klimakatastrophe befasst hatten, sich um den weltweit entstandenen und weiter anwachsenden Plastikmüll zu kümmern. Zunächst beschäftigte sie die Frage, seit wann es diesen Kunststoff überhaupt gibt, wie und wann er erfunden wurde und warum dieses Material heute nahezu überall Verwendung findet.

Ben: "Gestern Abend berichtete ich meinem Vater, wir saßen alle am Abendbrottisch, von unserem Vorhaben, das Problem mit dem Plastikmüll zu ergründen. Plötzlich starrten alle, also mein Bruder, meine Mutter, mein Vater und ich auf sämtliche Plastikteile, die sich auf dem Tisch befanden. Meine Mutter fing dann an, sich vorzustellen, was in unserer Wohnung noch zurückbliebe, wenn alles Plastik entfernt werden würde. Du glaubst gar nicht, welche Gegenstände alle aus Kunststoff bestehen oder zum Teil daraus gefertigt wurden. Am Ende blieben unsere Lederschuhe, der Eichenschrank und die Baumwoll-Klamotten übrig, na, und der Holzfußboden. Aber schon in die Türen sind Kunststoff-Anteile eingefügt, man glaubt es nicht."

Stefan: "Doch, doch, meine Mutter und ich haben ähnliches veranstaltet. Doch dann haben wir noch überlegt, wann das mit dem Plastik überhaupt angefangen hat. Und da schlug sie mir vor, nur so als eine Möglichkeit, die Nachforschungen zu beginnen, Oma zu fragen, wie die Menschen damals mit ganz wenig Kunststoffen ausgekommen sind. Was meinst du, sollten wir damit beginnen oder uns erst einmal um ein Hintergrundwissen bemühen, ich meine so richtig in die Geschichte einsteigen, also, wie wurde Plastik erfunden, wann und von wem und all solche Dinge?"

Ben: "Nichts gegen deine Oma, aber ich finde, wir sollten uns erst einmal um die Entstehungsgeschichte kümmern und sie später dann besuchen und uns ganz gemütlich und in Ruhe von den alten Zeiten erzählen lassen. Ich fand es schon beeindruckend, als sie uns erzählte, wie sie und ihre Familie damals ganz selbstverständlich ohne viel Strom zurechtgekommen sind, also, sie hatten nur elektrisches Licht und ein Radio, für mich nur schwer vorstellbar."

Stefan: "Klar, ich erinnere mich und ich bin einverstanden, wie wollen wir beginnen? Ah, ich habe eine Idee, wir suchen im Netz einfach nach dem Erfinder von Kunststoff."

Ben hatte sein Tablet mitgebracht und Stefan hockte sich vor seinen Computer. Beide stellten nach kurzer Zeit fest, dass es diesen einen bestimmten Erfinder von Kunststoff nicht gegeben hat, sondern dass über sehr lange Zeiträume viele Wissenschaftler und Erfinder daran beteiligt waren und zu einer Weiterentwicklung beitrugen.

Stefan: "Hey, Ben, hör mal was ich gefunden habe. Hier wird berichtet, dass die ersten Erfinder von Kunststoff schon die Neandertaler waren. Das ist doch verrückt, zwar sollen das sogenannte natürliche Kunststoffe gewesen sein, aber immerhin."

Ben: "Ja, und was haben sie denn nun erfunden?"

Stefan: "Also, durch das Erhitzen von Birkenrinde gewannen sie Pech und nutzten das wiederum als Klebstoff für ihre Werkzeuge, also vielleicht um Stein und Holz zusammenzukleben, ich weiß nicht, aber so stell ich mir das vor."


Eine Speerspitze aus Stein, gezeigt in Vorder- und Rückseite, mit schwarzem Birkenpech an einen Holzstab befestigt - Foto: 2018, by Ursula Wierer, Simona Arrighi, Stefano Bertola, Günther Kaufmann, Benno Baumgarten, Annaluisa Pedrotti, Patrizia Pernter, Jacques Pelegrin [CC BY 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by/4.0)], via Wikimedia Commons

Speerspitze mit Birkenpech als Klebstoff
Foto: 2018, by Ursula Wierer, Simona Arrighi, Stefano Bertola, Günther Kaufmann, Benno Baumgarten, Annaluisa Pedrotti, Patrizia Pernter, Jacques Pelegrin [CC BY 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by/4.0)], via Wikimedia Commons

Ben: "Tja, da komm erst mal drauf, dass du Birkenrinde erhitzen musst?"

Stefan: "Vielleicht handelt es sich um ein zufälliges Produkt, also dass die Neandertaler das gar nicht mit Absicht getan haben."

Ben: "Kann sein, aber warte mal, ich habe hier etwas Ähnliches gefunden. Es heißt, dass Völker in Lateinamerika aus Kautschuk und Pflanzensaft bereits 1500 Jahre v.Chr. Bälle zum Spielen geformt haben. Der Saft bewirkte, dass der Kautschuk nicht mehr klebte und elastisch, mithin formbar wurde."

Stefan: "Was bedeutet 'natürliche Kunststoffe' eigentlich? Wenn sie natürlich sind, müssten sie dann nicht auch wieder zerfallen, ohne dass Rückstände bleiben?"

Ben: "Stopp, nicht so schnell, du bist schon bei der Beseitigung bevor wir überhaupt einen fertigen Kunststoff untersucht haben. Ich habe hier noch einen Hinweis auf einen Augsburger Benediktinerpater mit Namen Wolfgang Seidel, der schon 1531 ebenfalls einen natürlichen Kunststoff entdeckte. Das muss man sich mal vorstellen, er hat aus Magerkäse ein Material hergestellt, das im warmen Zustand formbar war und nach dem Erkalten äußerst fest wurde. Es bedurfte einer langen Prozedur von Erhitzen und abkühlen, aber schließlich wurde daraus 'Kunsthorn', wie er es benannte, oder Kasein. Jetzt lass uns mal nachsehen, was 'Kunsthorn' ist, auf jeden Fall gehört das auch zu den 'natürlichen Kunststoffen'.


Fünf weiße Knöpfe mit je 2 Knopflöchern, darauf abgebildet sind eine Krone und ein Adler - Foto: 2010, by Tyranny Sue [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0), from Wikimedia Commons<

Knöpfe aus Kunsthorn gefertigt
Foto: 2010, by Tyranny Sue [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0), from Wikimedia Commons

Stefan: "Ben, ich bin hier grad' auf etwas gestoßen. Das Wort 'Plastik' stammt aus dem Griechischen und bedeutet 'das Geformte'. In dem Sinne wäre der von dem Pater Seidel erfundene natürliche Kunststoff eben auch schon eine Art Plastik. Klar, nicht so wie das heute hergestellte, das wird, soweit ich weiß, aus chemischen Substanzen produziert."

Ben: "Hmm, ja. Aber hier, jetzt hab' ich sogar ein Rezept für die Herstellung von Kunsthorn gefunden. So wie das aussieht, könnten wir das auch mal ausprobieren. Willst du hören, wie das geht?"

Stefan: "Nein, nicht jetzt, speicher den Artikel doch ab, dann können wir später darauf zurückgreifen. Ich finde das zwar total spannend, aber ich denke wir bleiben bei unserer Frage nach den Erfindern, von denen es über die Jahrhunderte wohl eine ganze Reihe gegeben hat. Zum Beispiel hat ein gewisser Charles Goodyear im Jahr 1839 Kautschuk zusammen mit Schwefel erhitzt und dabei das sogenannte 'Gummi' erfunden. Der Ausgangsstoff war Kautschuk, was ein Naturstoff ist, der mit Schwefel vermengt wurde und dadurch die Eigenschaften von Gummi erhält. Also, quasi handelt es sich um ein halbsynthetischen Kunststoff, Kautschuk plus Schwefel."

Ben: "Gut, das ist schon mal ein Schritt weiter. Es gab auch gute Anlässe nach künstlichen, also chemischen Grundstoffen Ausschau zu halten, um die natürlichen Stoffe wie Milch, Kautschuk und so weiter nicht total auszubeuten. Oh, stopp mal, hier wird berichtet, dass ein amerikanischer Hersteller von Billardkugeln eine Belohnung ausgesetzt hat, für die Erfindung eines Kunststoffes, aus dem Billardkugeln gefertigt werden können. Denn bislang bestanden sie aus Elfenbein und kosteten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts jedes Jahr 12.000 Elefanten das Leben."



Bunte Billardkugeln in einem Dreickeck, mit den Zahlen 1 bis 15 - Foto: 2009, by Korbi21 (www.Korbi21.de) [Attribution], via Wikimedia Commons

Billardkugeln auch Hyatt-Kunststoffkugeln (1920)
Foto: 2009, by Korbi21 (www.Korbi21.de) [Attribution], via Wikimedia Commons


Stefan: "Und? Hat es jemand geschafft?"

Ben: "Ein John Wesley Hyatt, dessen Kugeln bestanden aus Schießbaumwolle, frag mich nicht was das ist, und Zelluloid. Der unschöne Nebeneffekt im Gebrauch dieser Billardkugeln war, dass sie sich gelegentlich beim Zusammenprallen entzündeten. Aber das war immerhin ein Anfang und ich denke, diese Kugeln wurden sicherlich weiterentwickelt und verbessert. Jedenfalls mussten für ihre Herstellung keine Elefanten mehr abgeschlachtet werden.

Stefan: "Dann scheint es doch so, als sei Plastik eine tolle, umweltschonende Erfindung. Es werden keine natürlichen Rohstoffe verbraucht und keine Tiere getötet, um die verschiedenen Gebrauchsgegenstände herzustellen. Wann wurde denn nun der erste richtige, total synthetische Kunststoff erfunden, also, praktisch der oder die Kunststoffe, die wir heute überall in Gebrauch nehmen und die diese gewaltigen Plastikmüllberge verursachen?"

Ben: "Oh, so ein Mist, es ist schon so spät, ich hatte versprochen heute pünktlich zum Abendessen zu Hause zu sein, es gibt selbstgebackene Pizza! Also, lass' uns morgen weitermachen, einverstanden?"

Stefan: "Klar, doch, eine Pizza sollte man sich nicht entgehen lassen, zumal wenn sie hausgemacht ist. Guten Appetit."

Fortsetzung folgt ...


Diesem Artikel liegen folgende Quellen zugrunde:

http://www.deutsches-kunststoff-museum.de/rund-um-kunststoff/textilbeitraege/info/do-it-yourself/rezept-zur-herstellung-von-kunsthorn/

https://diepresse.com/home/wirtschaft/international/3821346/Vom-Kunsthorn-aus-Kaese-bis-zum-PlastikHalbleiter

http://www.technikatlas.de/~tb4/geschichte.htm

https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/anfaenge-des-plastiks-kunststoff-aus-dem-neandertal-1.2096041



3. September 2018


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