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WISSENSDURST/013: Fracking und sein Preis (SB)


Bevor mit der Gasförderung begonnen werden kann, werden riesige Mengen an wertvollen und knappen Ressourcen wie Wasser und Sand verbraucht!
Ben und Stefan - Buntstiftzeichnung: © 2012 by Schattenblick

Grafik: © 2012 by Schattenblick

Nachdem der Unterricht nach gefühlten 100 Stunden endlich überstanden war, rannten Stefan und Ben um die Wette den Weg hinunter zur U-Bahn Station, zwängten sich in den erstbesten Wagen und ließen sich auf die Bank plumpsen.

Ben: "Fahren wir wieder zu dir, oder?"

Stefan: "Geht klar, meine Mutter hat sogar etwas zu Mittag vorbereitet. Wir brauchen es nur noch warm zu machen. Sie kommt heute nämlich erst spät nach Hause."

Ben: "Toll, hab auch guten Hunger. Übrigens, gestern Abend - leider bin ich doch ein bisschen zu spät gekommen, aber trotzdem war noch alles gut - habe ich mit meinem Vater gesprochen. Du kennst ihn ja, er wollte natürlich wissen, was wir gerade so vorhaben. Ich hab ihm von der Demo erzählt und dass wir uns Broschüren über Fracking mitgenommen haben. Ha, da hat auch er die Stirn gerunzelt. Er wusste nämlich nichts Genaues darüber. Ich habe ihm erklärt, dass mit dieser Fracking-Technik Gas gefördert werden soll. Dann wollte er natürlich alles genau wissen. Leider musste ich zugeben, dass wir noch nicht allzu viel herausgefunden haben."

Stefan: "Fantastisch, das ist perfekt, wenn dein Vater neugierig ist und selbst keine Ahnung hat, hilft er uns vielleicht, wenn wir nicht weiter wissen!?"

Dann schloss er die Wohnungstür auf. Ihre Rucksäcke stellten sie im Flur neben der Garderobe ab, die Schuhe flogen unter das Regal und sie selbst landeten in der Küche vor dem Herd. Nachdem sie sich das Essen aufgewärmt hatten und reichlich satt die Treppe in Stefans Zimmer taumelten, machten sie es sich auf seinem Bett gemütlich.

Ben: "Also, wo waren wir. Ach, ja. Wie funktioniert das mit den feinen Rissen, die ins Gestein gesprengt werden, damit das Gas dort hinaus strömen kann ..."

Stefan: "Genau, warum werden diese Risse nicht wieder
zusammengedrückt, das war die Frage!"

Sie sahen sich an, nahmen jeder wieder eine Broschüre in die Hand und Stefan meinte: "Also, wenn wir hier nicht weiter kommen, sollten wir im Internet suchen, da gibt es bestimmt tonnenweise Informationen."

Ben: "Ja, aber wir sollten schon eine genaue Frage stellen, sonst steigen wir nachher gar nicht mehr durch."

Stefan: "Okay."

Dann blätterten sie in den Broschüren und lasen beide still vor sich hin.

Ben: "Die Fracking-Flüssigkeit wird bis ganz unten in das Bohrloch gepumpt und ins Gestein gepresst. Du hattest doch gestern gesagt, dass diese Flüssigkeit aus Wasser, Sand und Chemikalien besteht. Der Sand darin, der soll sich nämlich in die feinen Risse setzen und sie so offen halten. Was die Chemikalien bewirken sollen, müssen wir noch herausfinden. Hier steht nur, dass sie viele Funktionen haben."

Stefan: "Aber das kann doch nicht gut sein, die wirken sich doch bestimmt schädlich auf ihre Umgebung aus, auf den Boden oder das Grundwasser, das ist doch bestimmt nicht ungefährlich. Das sollten wir uns später noch mal genauer ansehen. Okay! Also, was haben wir bis jetzt:
Mit einer Perforationskanone wurden Löcher in das Stahlrohr am Ende der Querbohrung gesprengt. Dann wird das Bohrloch mit dem Wasser-Sand-Chemikalien-Gemisch gefüllt und mit hohem Druck hineingepresst. Der Druck muss so groß sein, dass das Gemisch, also die Fracking-Flüssigkeit, durch diese Löcher im Stahlrohr hindurch das Gestein aufsprengen kann. Der Sand hält unten die Risse offen. Und wie geht es dann weiter?"

Ben: "Hier steht nur: Gas wird freigesetzt und strömt im Bohrloch aufwärts. Also, ich denke, dass das Gas durch die Risse an den Sandkörnern vorbei entweichen kann. Gase breiten sich aus und durch das Stahlrohr ist der Weg vorgegeben - nach oben."

Stefan: "Und da wird es dann weitergeleitet über Rohre in Tanks oder Pipelines?"

Ben: "Hmm, so denke ich mir das jedenfalls. Bis hier hin scheint so weit alles klar zu sein, aber mir kommt die ganze Angelegenheit ziemlich brutal vor. Ich meine, da sprengt man Gestein kaputt - unter der Erde -, weiß man überhaupt, was da alles noch zerstört werden kann? Und was geschieht mit dem Wasser-Sand-Gemisch? Bleibt es für immer da unten? Was bewirken die Chemikalien, was geschieht mit den Kleinstlebewesen im Boden? Das sind ziemlich viele Fragen, die wir noch nicht geklärt haben."

Stefan: "Hast du eine Idee, wie viel Energie man braucht, um die Fracking-Flüssigkeit bis ganz nach unten zu pressen? Das heißt, über diese Entfernung muss der Druck noch so gewaltig sein, dass durch ihn das Gestein aufgesprengt werden kann. Was muss da für eine Power hinter sitzen? Wie macht man sowas überhaupt?"

Ben: "Ich habe eine Idee. Wir sollten ab jetzt alles aufschreiben, was gebraucht wird, bevor überhaupt ein Gasvorkommen angezapft werden kann."

Stefan: "Gute Idee. Warte, hier sind Block und Stift." Er reichte es Ben mit den Worten: "Schreib du!"

Ben: "Okay, also, was haben wir?"

Stefan: "Na ja, zunächst muss wohl ein Bohrturm gebaut werden, ohne den geht 's nicht. Es fragt sich nur, wie viel so ein Ding kostet!"

Ben: "Nee, das will ich gar nicht wissen. Interessant für uns ist, wie viel Rohstoffe da drinstecken, wie viel Strom verbraucht wurde, um die Maschinen zu betreiben, die die Teile für den Bohrturm herstellen und so weiter."

Stefan: "Mann, da kommen wir ja vom Hundertsten ins Tausendste!"

Ben: "Das sieht wohl ganz so aus. Wenn der fertig gebaut ist, kostet sein Transport Benzin und ..."

Stefan: "Stopp, dann müsstest du auch noch berechnen, was es an Material und Energie gekostet hat, den LKW für den Transport zu bauen. Das schaffen wir nicht. Das sind zu viele Daten. Lass uns lieber einen überschaubaren Bereich untersuchen. Wir wissen so zwar, dass unsere Berechnungen nicht vollständig sind, aber wir verlieren dann nicht den Überblick."

Ben überlegte einen Moment, stimmte Stefan dann aber zu.

Stefan: "Also: Der Bohrturm steht und beginnt mit dem Bohren, die Stahlrohre werden hinabgelassen, mit einer Zementschicht ummantelt - gebraucht werden Stahl, Sand, Wasser, Zement ..."

Ben: "... und Strom, um die entsprechenden Maschinen zu betreiben, die Zutaten für die Fracking-Flüssigkeit, wieder werden Wasser und Sand gebraucht - und die Chemikalien nicht zu vergessen ..."

Stefan: "Ja, und all das muss herangeschafft werden. Da werden bestimmt Unmengen Laster mit Sand im Einsatz sein und Tankwagen mit Wasser. Schreib das bitte mit auf die Liste: Wassermenge und Sandmenge - wie viel wird für eine Bohrung gebraucht? So, das soll erst mal reichen. Wie war noch die Frage von eben? Ach, ja. Du hattest doch überlegt, ob durch eine Sprengung im Gestein nicht noch mehr kaputtgehen kann als erwünscht und ob das Sand-Wasser-Chemikalien-Gemisch, das ins Bohrloch gedrückt wurde, ewig dort unten bleibt. Richtig?"

Ben: "Exakt und du wolltest wissen, wie oder besser womit ein so enormer Druck erzeugt werden kann, der ausreicht, um mit der Fracking- Flüssigkeit noch in der Tiefe Gestein aufzusprengen."

Stefan: "Ben, da meine Mutter erst spät nach Hause kommt, könnten wir ihren Computer solange benutzen und mal nachsehen, was wir da unter 'Fracking' finden."

Sie gingen ins Wohnzimmer, in dem Stefans Mutter sich eine kleine Büroecke eingerichtet hat. Ben nahm sich einen Hocker und setzte sich neben Stefan, der bereits den Computer anwarf. Eine ganze Weile lasen beide mal in dem einen oder anderen Text, bis sie etwas Brauchbares entdeckten.

Stefan: "Wenn ich das hier jetzt richtig verstanden habe, benötigt man für die Schiefergasförderung, die mit der Fracking-Technologie durchgeführt wird, riesige Mengen von der Frackingflüssigkeit, die hier Fracking-Fluid genannt wird. Die langen Bohrstrecken machen die Mengen erforderlich - genau wie wir uns das gedacht haben - erst wird mehrere Kilometer in die Tiefe gebohrt und dann noch ca. 3 Kilometer in horizontaler Richtung. Zusätzlich wird noch Flüssigkeit gebraucht, um die Klüfte 0013und Risse im Gestein offen zuhalten. Um diese gewaltigen Mengen Flüssigkeit in das Bohrloch zu pressen, werden Pumpen eingesetzt. Sie müssen nicht nur die Fracking-Flüssigkeit bewältigen, sondern auch die im Bohrloch auftretenden Reibungs- und Strömungswiderstände überwinden. Der Druck, der im Bohrloch aufgebaut werden soll, beträgt ca. 700 bar."

Ben: "Hier steht auch, wie die Pumpen angetrieben werden. Diese Pumpen haben Leistungen von bis zu 30.000 kW! Eine solche Leistung wird erreicht, in dem man Kompressoren mit einer Einzelleistung von ca. 1.600 kW zusammenschaltet. Es ist nicht selten, dass ein Zusammenschalten von 20 Kompressoren erforderlich wird."

Stefan: "Du liebe Güte, das hätte ich jetzt nicht gedacht. Das ist ja ein enormer Stromverbrauch. Bevor man das Gas fördert, mit dem man Energie erzeugen will, muss man schon vorher Unmengen davon verbrauchen. Macht das denn noch Sinn?"

Ben: "Tja, da kommen wir jetzt nicht weiter. Meine Frage, ob die Fracking-Flüssigkeit für immer dort im Boden und im Gestein bleibt, gehen wir auch morgen an, einverstanden? Wir haben ja unsere Liste."

Handschriftliche Notizen - Grafik: © 2012 by Schattenblick

Grafik: © 2012 by Schattenblick

Stefan: "Ist gut. Willst du denn schon nach Hause?"

Ben: "Oh, hatte ich dir gar nicht gesagt, dass bei uns heute Abend Onkel-Tanten-Besuch angesagt ist? Ich mach mich auf die Socken, damit ich diesmal pünktlich bin. Und grüße deine Mutter von mir, das Essen war echt lecker."

Stefan: "Ja, mach ich. Also, dann bis morgen."


Quelle:

07.03.2013 (Christoph Senz) Kategorie: Analysen · Tags: Anthony Ingraffea, fracking, Multi Well Pad, schiefergas, Schieferöl, shale gas, slickwater, spacing unit, Tight Oil, video · 10

http://www.peak-oil.com/2013/03/facts-on-fracking-eine-deutsche-zusammenfassung


9. November 2013