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TIERE/100: Nachbar Kranich ... (SB)


Der Mandschurenkranich



Von Menschen einst gejagt und beinahe ausgerottet, dann erneut vorm Aussterben bewahrt

Madschurenkraniche gibt es nicht mehr viele auf der Welt. Nur noch ungefähr 2200 dieser Vögel leben in Freiheit. Ein Teil davon in China, ein anderer in Japan, vornehmlich in den Kushiro-Sümpfen im östlichen Gebiet der japanischen Insel Hokkaido. Sowohl in China wie auch in Japan sind ihre verbliebenen Lebensräume zu Kranich-Schutzgebieten erklärt worden, denn diese Vögel stehen auf der Roten Liste der stark gefährdeten Tierarten.

Foto: 2011 by Alastair Rae from London, United Kingdom (Red-crowned Cranes Uploaded by snowmanradio) [CC BY-SA 2.0 (http://creativecommons.org/licenses/by- sa/2.0)], via Wikimedia Commons

Mandschurenkraniche bei der Futtersuche
Foto: 2011 by Alastair Rae from London, United Kingdom (Red-crowned Cranes Uploaded by snowmanradio)
[CC BY-SA 2.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0)], via Wikimedia Commons


Wie der Mandschurenkranich lebt

Die Mandschurenkraniche leben am liebsten in Süßwasser-Regionen. Sümpfe und Feuchtgebiete in nahen Uferregionen von Flüssen oder Seen kommen ihnen gerade recht. Dort bauen sie ihre Nester inmitten von Schilf. Als Baumaterial nutzen sie Gräser, Schilf und andere Pflanzenteile (kleine Zweige und Blätter), aus denen sie geschickt ein Nestgeflecht fertigen. Dort hinein legen sie zwei Eier. Die Brutpflege wird von beiden Elternvögeln abwechselnd übernommen, die sich übrigens sehr treu sind, denn Kranichpaare bleiben ihr Leben lang zusammen. Die Kranichart, die auf Hokkaido angesiedelt ist, zählt zu den Standvögeln. Das heißt, sie bleiben Winter wie Sommer am gleichen Ort. Nach ca. 30 Tagen schlüpfen die Jungen aus dem Ei, wachsen schnell und sind nach drei Monaten flügge, aber erst mit drei oder vier Jahren geschlechtsreif. Das bedeutet, dass die Vermehrung dieser Kraniche mehr Zeit in Anspruch nimmt als bei vielen anderen Vogelarten. Allerdings können sie 60 bis 70 Jahre alt werden, was die späte Geschlechtsreife wieder ausgleichen kann. Auf ihrem Speiseplan stehen Insekten, Würmer, Fische, Amphibien, kleine Vögel und Eier, kleine Nagetiere, aber auch Getreide, Reis und Hirsekörner.


Eine Gruppe Mandschurenkraniche stehen im flachen Wasser und im Ufergrün - Foto: 2006, by User Refrain on zh.wikipedia [GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html) or CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)], via Wikimedia Commons

Mandschurenkraniche leben gern in wassernahen Sumpfgebieten
Foto: 2006 by User Refrain on zh.wikipedia [GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html) or CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)], via Wikimedia Commons

Berühmt sind die Mandschurenkraniche für ihren Balztanz. Und sie tanzen wirklich. Sieht man ihnen zu, vermitteln ihre Bewegungen eine unbändige Lebensfreude und man möchte mit tanzen und springen. Mit ihren langen dünnen Beinen vollführen sie kräftige Schritte und Sprünge hoch in die Luft, die Flügel weit ausgebreitet, den Kopf auf ihrem langen Hals hoch gereckt. Ein anderer Kranich antwortet mit einem eleganten Kopfnicken und tanzt in gleicher Weise. Das setzt sich so fort, bis der ganze Schwarm am Tanzen ist. Dieses Ritual soll die Bindung der jeweiligen Partnervögel festigen. Aber man fragt sich schon, ob dieses Tanzen wirklich nur ein Paarungsritual ist, denn Alt- und Jungtiere vollführen diese ausgelassenen Bewegungen auch außerhalb der Balzzeit. Vielleicht geschieht es aus purer Freude oder es handelt sich dabei um eine Art Tanzunterricht für die Jungen. Wer weiß?


Der Mandschurenkranich - schon immer bedroht und gleichwohl verehrt?

Doch wie die meisten Tiere in allen Teilen der Welt, hat auch der Mandschurenkranich unter der Ausbreitung der Menschen, dem Bau seiner Siedlungen und seinen Ansprüchen auf Land, mit allem was darauf wächst und gedeiht, zu leiden. Und das nicht erst in der heutigen Zeit.

In Japan wurde diese Kranichart vor langer Zeit gejagt. Ausschließlich die Mitglieder des japanischen Hochadels nahmen sich das Recht, auf Kranichjagd zu gehen. Sie stellten ihnen mit Falken nach und töteten sie auch wegen ihrer wunderschönen Federn, die in vornehmen Kreisen sehr begehrt waren. Eine richtige Bedrohung für den Fortbestand dieser großen Vögel entstand nach dem Jahr 1867, als es auch der ländlichen Bevölkerung erlaubt war, Mandschurenkraniche zu jagen. Bald wurde es üblich, sie zu Neujahr als Festessen zu servieren. Das hatte schlimme Folgen, denn schon 1889 schienen nahezu alle Kraniche in Japan ausgerottet zu sein. Erst 1910 wurden auf Hokkaido wieder einige dieser Tiere gesehen. In den Koshiro-Sümpfen, im östlichen Teil von Hakkaido, entdeckte man 1924 sogar eine kleine Schar.

Erst da wurde die Kranichjagd in Japan verboten! Außerdem ernannte man den Mandschurenkranich zum Nationaldenkmal Japans. 1930 wurde die Region der Koshiro-Sümpfe zum besonderen Rückzugsgebiet dieser Federtiere erklärt.



Foto: 2007, by Spaceaero2 (Own work) [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

Zwei fliegende Mandschurenkaniche
Foto: 2007, by Spaceaero2 (Own work) [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

Eine ungewöhnlich lange Frostzeit im Jahr 1952 machte den Kranichen auf Hokkaido schwer zu schaffen. Es blieben nur rund 30 Paare übrig, die sich um eine heiße Quelle versammelt hatten. Aber sie brauchten dringend etwas zu essen. Viele Bauern aus dieser Region kamen ihnen zu Hilfe. Sie streuten Getreide aus, was die meisten Vögel vor dem Hungertod rettete. Bis heute füttern Japaner aus dieser Gegend die Kraniche mit Getreide und Fisch. Das macht nicht nur die Kraniche satt, es hat auch noch einen anderen Vorteil.


Gibt es genug zu essen, bleibt auch etwas für die Feinde übrig

Fuchs und Seeadler zählen normalerweise zu den Feinden der Mandschurenkraniche. Doch seit dem an der Tradition festgehalten wird, sie mit Fisch und Getreide zu füttern, kann man eine Besonderheit beobachten. Mandschurenkraniche, umgeben von Fuchs und Seeadler, weichen nicht, sind zwar aufmerksam, aber flüchten nicht, sondern fressen sogar relativ unaufgeregt weiter. Weder Fuchs noch Adler wollen hier den Kranichen an den Kragen, aber sehr wohl ihren Anteil von dem Futter (Fisch) ergattern. Heute schätzt man die Zahl der hier lebenden Madschurenkraniche auf 1000 Tiere. Der Mensch hat in dieser Region Japans wieder etwas gut gemacht, was er an anderer Stelle und zu anderen Zeiten den Vögeln an Leid zugefügt hat.


Die Bedrohung setzt sich in heutigen Zeiten fort

Die Initiative der Menschen auf Hokkaido zur Rettung des Mandschurenkranichs ist ein positives Beispiel, aber die Bedrohung dieser Tiere bleibt trotzdem bestehen. Die wachsende Zahl der Menschen beansprucht immer mehr Land für sich. Durch die Trockenlegung von Sumpfgebieten, durch die Ausbreitung der Landwirtschaft, durch das Ausbringen von chemischen Stoffen auf den Feldern, die Boden und Wasser belasten und durch die Nutzung weiter Weideflächen für Vieh, ebenso durch die Entwaldung und den Straßenbau wird der Lebensraum dieser Kraniche immer weiter eingeschränkt und werden ihre Brutplätze vernichtet. Vielleicht muss man heute wieder neu überlegen, wie man für die Kraniche und die Menschen ein Zusammenleben organisieren kann, in dem die Interessen beider so gut es geht, berücksichtigt werden.


Der Mandschurenkranich kann gerettet werden

Bei der Urbevölkerung Japans, den Ainu, galt der Mandschurenkranich als Todesbote und gleichwohl als ein Symbol ewigen Lebens. Bis heute wird er als Tancho bezeichnet, was so viel bedeutet wie "Vogel mit gutem Omen", und er wird von den meisten Menschen in Japan und auch in China verehrt. Man glaubte, dass er auch ein Zeichen für langes Eheglück sei. Das rührt vermutlich daher, weil diese Tiere selbst mit ihrem Partner eine lebenslange Bindung eingehen. Durch diese Verehrung und das Einsehen vieler Menschen, dass die Vögel nur mit ihrer Unterstützung weiterleben und sich vermehren können, kann der Mandschurenkranich vor dem Aussterben bewahrt werden.


Diesem Artikel liegen folgende Quellen zugrunde:

"Federleicht und flügelweit" (5)
Fantastische Reise der Vögel
Asien und Australien
Dokumentarfilm-Reihe, GB, 2012
Film von John Downer
45 Minuten

http://naturemovie.ch/publikationen/mandschurenkranich.html



13. Dezember 2016


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