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KALENDERGESCHICHTEN/089: 05-2018   Verkehrte Welt - Fliegen will gelernt sein ... (SB)



Das Schweinchen springt vom Ast hinab in die Matschgrube, Fuchs und Ente staunen - Buntstiftzeichnung © 2018 by Schattenblick

Entchen Gina hatte sich fest vorgenommen, dem kleinen Fuchs Mika bei der Suche nach seiner Mutter zu helfen und dann sofort zu Henry Maus zurückzukehren. Nach einem kurzen abenteuerlichen Flug landeten die beiden auf einer Wiese, suchten sich einen sicheren Platz und schliefen ein. Am nächsten Morgen wollte der kleine Fuchs unbedingt von Gina das Fliegen lernen.

Mika erwachte als erster, blinzelte ins helle Sonnenlicht und drehte sich zu der schlafenden Gina um.

"Hey, Gina, aufwachen! Es ist schon lange Morgen, wir können sofort mit den Flugübungen beginnen", quiekte der kleine Fuchs vergnügt.

"Oh, mmmh, ich habe so schön geträumt von einem See voller Entenschnatter und leckeren Blümchen und was da noch so im Gras und im Wasser läuft und schwimmt. Mika, bevor wir irgendetwas unternehmen, will ich erst mal etwas essen. Lass uns sehen, was wir hier finden", schlug Gina vor.

"Immer essen, fliegen lernen ist viel wichtiger. Aber gut, du bist die Lehrerin, also dann suchen wir mal was Leckeres für uns", lenkte Mika ein.

Entchen Gina watschelte schnurstracks auf den See zu und Mika, der Fuchs, schnappte sich geschickt und schnell eine gerade vor seiner Nase vorüberhuschende Feldmaus. Nur gut, dass Gina das nicht bemerkte, vielleicht hätte sie dann verstanden, warum Henry Maus sich so sehr vor Füchsen fürchtet und bestimmt wäre ihr auch vor ihrem neuen Freund angst und bange geworden. Doch Mika dachte überhaupt nicht daran, Gina ein Leid zuzufügen, sie hatte bei ihm nichts zu befürchten. Ja, er hielt sich sogar für ihren Beschützer. Er war überzeugt davon, dass sie noch viel zu klein war, um allein in der Welt herumzulaufen. Und dann war da noch was, er wollte unbedingt von ihr im Fliegen unterrichtet werden. Also hieß es für ihn, gut auf sie aufzupassen. Von all diesen Gedanken ahnte Entchen Gina nichts. Sie fraß sich satt, trank noch ein paar Schlucke Wasser, schwamm ans Ufer und watschelte auf Mika zu.

"Bist du nun satt und zufrieden? Was soll ich tun? Womit fangen wir an?", voller Eifer stellte Mika sich mit seinen Fragen direkt vor sie hin.

"Was ist denn das da?", kreischte Gina plötzlich, statt zu antworten und zeigte auf ein Schwein, das sich ihnen beinahe unmerklich genähert hatte. Mika drehte sich in die Richtung in die Gina blickte und staunte.

"Wer bist denn du? Wo kommst du her und überhaupt, was willst du von uns?", giftete der Fuchs den Neuankömmling an.

"Oho, oho, warum denn so garschtig? Darf ich misch vorstellen, man nennt misch Pico, Pico, das Schwein. Isch muss gestehen, isch habe euch bereits gestern Abend entdeckt und gehört, wie der Fuchs disch gebeten hat, ihn das Fliegen zu lehren. Tja, und da isch quasi Experte im Fliegenlernen bin, dachte isch, es wäre gut, wenn isch euch von meinen Erfahrungen berichte."

"Du kannst fliegen? Ist das wirklich wahr? Zeig' mal, das möchte ich sehen!", forderte der Fuchs.

"Nun mal langsam, mein lieber Freund. Isch habe nicht behauptet, fliegen zu können, nur dass isch ein Experte im Fliegenlernen bin!", quäkte das Schwein.

"Aha, dann bitte schön, berichte doch, wie beginne ich mit den Flugübungen?", bat ihn der Fuchs immer noch etwas ungläubig.

"Also, das ischt ganz einfach. Du musscht nur ganz kräftig deinen wunderschönen buschigen Schwanz im Kreisch drehen, ganz doll. Dann hebst du ab, ganz bestimmt", erklärte das Schwein mit total ernster Mine.

"Und das hast du auch schon ausprobiert?", wollte nun auch Gina wissen.

"Klar doch!" raunzte Pico sie an.

Währenddessen bemühte sich der Fuchs bereits, seinen Schwanz kräftig im Kreis zu drehen. Doch wie sehr er sich auch anstrengte, wie schnell seine buschige Rute auch herumwirbelte, er hob kein Stück vom Boden ab. Völlig aus der Puste hockte Mika sich hin und hechelte, um Luft zu bekommen.

"Nee, nee, so wird das nichts", prustete der kleine Fuchs und japste weiter, "das kannst du vergessen, puuh, ich muss mich erst mal ausruhen. Du hast dich bestimmt über mich lustig gemacht, stimmt 's? Du bist noch gar nicht geflogen?"

"Hab' isch das etwa gesagt?", frechte das Schwein ihn an und grinste, "aber ein toller Kletterer bin isch geworden. Sieh mal, mein Schwanz ischt ganz kringelig geworden vom vielen Üben. Dann aber habe isch etwas entdeckt. Wenn isch auf den Baum klettere und misch von dem Ast dort in den Matsch fallen lasse, ischt das auch Fliegen, nur kürzer."

"Oje, oje", seufzte der Fuchs und sah zu Gina hinüber, "also Gina, was schlägst du vor, was für mich zu tun ist?"

"Ganz einfach, du breitest deine Flügel aus, so etwa wie ich, sieh' her!", dabei tat das Entchen genau das, "und dann hebst du ab in die Luft, so einfach ist das", freute sich Gina aufrichtig.

Der Fuchs fühlte sich indessen ganz unwohl, war er sich doch nun auch nicht mehr sicher, ob das Entchen Gina ihn nicht auch auf den Arm nehmen wollte. Er blickte sie an und konnte jedoch kein bisschen Arg in ihrem Gesicht erkennen, sie meinte es ehrlich mit ihm. Nur wusste sie wohl noch nicht, dass er gar keine Flügel besaß, sie war wirklich noch zu klein und unerfahren. So beschloss er, ihr nicht böse zu sein. Dafür grollte er dem Schwein und schimpfte: "Pico, lass uns nun bitte wieder allein, wir kommen schon ganz gut zurecht, auch ohne deine Ratschläge!"

Etwas beleidigt grunzte Pico: "Da will man nun mal helfen und keiner dankt es einem, so etwas. Keine Sorge, isch bin schon verschwunden. Wünsche noch viel Glück!"

Dann trottete Pico, das Schwein, ins Gebüsch und ward nicht mehr gesehen. Fast tat es Mika ein wenig Leid, dass er so grob gewesen war, aber er hatte sich wirklich sehr über das Schwein geärgert. Dann setzte er sich neben Gina ins Gras. "Was machen wir nun? Mit dem Fliegen wird 's wohl nichts werden."

"Das macht doch nichts, ich setze mich auf deinen Rücken und dann geht 's auch schon los, genau so wie wir auch hier her gekommen sind. Das ist doch ganz einfach oder? Und so können wir auch nach deiner Mama Ausschau halten. Was meinst du dazu?"

"Prima Idee! Fast hätte ich vergessen, warum ich eigentlich unbedingt fliegen wollte, meine Mama suchen, ich wollte ganz schnell meine Mama wiederfinden. Also, Gina, dann lass uns mal starten, wenn du bereit bist. Von mir aus kann 's losgehen!", freute sich der Fuchs.

Gina krabbelte auf seinen Rücken, breitete ihre Flügel aus und schon schwebten sie dicht über dem Boden und suchten die Fuchsmama.

Fortsetzung folgt ...


zum 1. Mai 2018


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