Schattenblick →INFOPOOL →KINDERBLICK → GESCHICHTEN

GUTE-NACHT/3565: Eine außergewöhnliche Bande - Teil 40 (SB)


Barfuß in der heißen Sonne trotten die vier Wanderer voran. Nur Erna ist nicht ganz ohne Schuhwerk. Sie trägt ihre Badelatschen. Auf dem heißen Asphalt ist kein Vorwärtskommen. Da verbrennen die Wanderer sich glatt die Fußsohlen. So laufen sie auf dem Randstreifen im Gras. Doch auch hier ist Vorsicht geboten. Viele vorbeifahrende Autos haben keine umweltbewußten Insassen. Diese werfen einfach ihre Abfälle aus dem Autofenster, ganz egal, ob es sich dabei um ein Fitzel Papier oder eine Flasche aus Glas handelt, die beim Aufprall auf den Boden in tausend Stücke zerspringt. Wie leicht kann sie da ein barfüßiger Wanderer oder ein wildes Tier an den Scherben verletzen.

"Verdammt", flucht Willi. Er ist auf einen Stein getreten. Eine kleine Rast ist jetzt angebracht. Unter einem Apfelbaum am Straßenrand nehmen die vier Kumpane Platz. Die Äpfel sind noch nicht reif, aber die kleinen Knöllchen lassen ahnen, daß es eine gute Ernte geben wird. "Schade, daß solch Äpfel- und Birnbäume am Wegesrand immer weniger werden", findet Erna und sie erzählt, "früher wurden solche Bäume im Herbst für wenig Geld versteigert, jedes Jahr aufs neue. Dann konnte sich der Meistbietende die Früchte pflücken. Da erfreute so manch eine Frucht auch die vorbeiziehenden Wandergesellen, wenn sie kein Nachtquartier fanden. Heutzutage aber gibt es kaum noch diese Bäume."

"Du mußt nur die richtigen Wege kennen", entgegnet Willi, "ich kenn da eine Gegend, die besuche ich jedes Jahr im Herbst. Dort werde ich immer satt. Der Herbst ist auch meine liebste Jahreszeit." Willi legt sich zurück ins Gras und schließt die Augen. Er scheint sich an diesen Ort und in die Herbstzeit zu wünschen. Paule hingegen kühlt seine Füße in dem kleinen schmutzigen Wassergraben. Eigentlich müßte der zu dieser Jahreszeit viel mehr Wasser führen. Doch der Regen bleibt zur Zeit aus. Erna besieht sich die roten Stellen an ihren Füßen und zieht die Badelatschen aus. "Den ganzen Tag in diesen Slippern hier herumzulaufen ist auch nicht das Wahre. Leider gehen sie auch schon kaputt", klagt Erna. "Du hast wenigstens noch Latschen. Wir dagegen müssen barfuß laufen", fällt ihr Paule ins Wort.

Hugo kramt in seinem Rucksack. Wenn schon nichts zu essen da ist, vielleicht hilft da ein bißchen Musik. Er zieht eine Mundharmonika aus seinem Gepäck und beginnt darauf zu spielen. "Laß das Gedudel", schimpft Willi, "ich will schlafen." Hugo steckt das Instrument wieder zurück. Er mag keinen Ärger provozieren. Mit leerem Magen ist schnell ein Streit begonnen.

Hugo sieht die kleinen Turnschuhe in seinem Rucksack. Er holt sie hervor und betrachtet sie. Vor sich sieht er Erna liegen und ihre Badelatschen daneben stehen. Irgendwie drängt es Hugo die kleinen Turnschuhe neben die Badelatschen zu stellen. Wie eine Mutter mit ihrem Kind fügt sich das Bild zusammen. Hugo lächelt. Dann legt auch er sich zurück und starrt in die grünen Blätter des Baumes über ihm. Ein kleines Nickerchen am Mittag hilft sicher gegen die Sommerhitze.

"Guten Nacht!"


zum 10. April 2012