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GUTE-NACHT/3415: Der kleine Nachtwächter auf der Pferdewiese (SB)


Gute Nacht Geschichten vom kleinen Nachtwächter


Mittags war es so heiß, daß der kleine Nachtwächter Lust auf ein großes Eis verspürte. Also zog er los in Richtung Stadt. Auch Rebell war es heiß. Doch mit seinem dunklen Fell brauchte er schon bald eine Abkühlung. "Am besten wir gehen zum Bach hinunter. Da kannst du im Wasser plantschen und ich halte meine nackten Füße hinein. Ein Eis holen wir uns später." So wurde es gemacht.

In der Nähe des Baches lag eine Pferdewiese. Dort gab es auch eine Hütte für die Tiere. Allerdings stand sie in der prallen Sonne, sodaß das Unterstellen selbst im überdachten Teil der Hütte nicht wirklich eine Erholung war. Die Pferde suchten daher lieber die Abkühlung im Schatten der Bäume.

Warum dann aber die Kinder, die schon gestern hier gespielt hatten, versuchten, auf das Hüttendach zu klettern, war dem kleinen Nachtwächter schleierhaft. Es kam ihm nicht geheuer vor und so wendete er seine Schritte vom Bach weg und zur Hütte hinüber. Rebell trottete mit.

"Was habt ihr vor?", fragte er gleich frei heraus, "warum wollt ihr auf das Dach klettern? Das ist doch sehr gefährlich." Da sprudelte es aus den Kindern heraus: "Aber wir müssen doch den Schwalben helfen! Sie braten sonst unter dem Dach!"

Eines der Kinder führte den kleinen Nachtwächter in den Pferdeunterstand. Dort waren zwischen den Balken, die das Dach trugen, Schwalbennester gebaut. Nur noch ein Nest war besetzt. Die drei Vögelchen darin japsten vor lauter Hitze. "Mhm", dachte der kleine Nachtwächter, "das Blechdach über ihren Köpfen läßt sie ja fast wie auf einer Pfanne braten."

Er ging hinaus zu den Kindern und sagte: "Ihr habt recht, wir müssen ihnen helfen. Aber paßt auf, daß ihr euch nicht selber an dem heißen Blechdach verbrennt." Da sagte einer der Jungen: "Keine Sorge, zum Glück ist es kein Blechdach, sondern etwas anderes, ein bißchen wie aus Stein. Es wird gar nicht so heiß wie es aussieht." - "Dennoch sollten wir den Schwalbenkindern von oben her Kühlung verschaffen. Was habt ihr euch ausgedacht?", wollte der kleine Nachtwächter wissen.

"Wir wollen einen Ballen Stroh hinaufschaffen und ihn auf dem Dach direkt über die Stelle legen, wo darunter das Nest ist. Das müßte helfen!" - "Ein guter Plan. Aber wie wollt ihr das Stroh hinauf befördern? Gibt es eine Leiter?" - "Ja, eine Holzleiter. Aber einige der Sprossen sind kaputt."

"Nun, dann muß uns etwas anderes einfallen. Dort hinauf zu klettern ist sowieso viel zu gefährlich!", fand der kleine Nachtwächter und ging auf und ab. Plötzlich hatte er eine Idee und fragte: "Gibt es hier ein Seil oder Stricke?" Jede Menge Seiler lagen herum.

Wenn Heu verfüttert und Stroh eingestreut wird, bleiben die Stricke, die das Stroh zu Ballen zusammen halten, wieder übrig. Diese Stricke wurden jetzt aneinander geknotet und ein Ende an einem noch verschnürten Strohballen angebracht. Die kaputte Leiter wurde an den Schuppen angestellt und der Strohballen daran gelehnt. Das andere Ende des langen Seils wurde an eine Bohnenstange geknotet und dann mit ihr über das Hüttendach geführt. Jetzt konnte von der gegenüberliegenden Seite der Hütte an dem Seil gezogen werden, und auf diese Weise der Strohballen auf das Dach gelangen.

Zwei Kinder halfen den Strohballen die Leiter wie auf einer Art Schienen mit hoch zu schieben. Die anderen Kinder und der kleine Nachtwächter zogen kräftig auf der anderen Seite des Stalls. Sie durften nicht loslassen, damit der Strohballen auf keinen Fall wieder zurück rutschte. Als der Ballen festzuklemmen drohte, nahm einer der Jungen wieder die Bohnenstange zu Hilfe. Ein zweiter einen Rechen und so konnte der Ballen auf das Dach gelangen. Jetzt mußte er nur noch auf die richtige Position über dem Schwalbennest geführt werden. Es war ein hartes Stück Arbeit. Doch es schien ein guter Einfall gewesen zu sein. Denn bereits nach einer halben Stunde, japsten die drei Schwalbenkinder viel weniger.


*


Am Abend will der kleine Nachtwächter noch einmal bei den Schwalben nachschauen. "Komm, Rebell! Wir wollen die Schwalbenkindern besuchen!" Wieder schlägt der kleine Nachtwächter den Weg zum Bach ein und schwenkt dann hinüber zur Pferdehütte. Die Pferde stehen lämgst nicht mehr unter den Bäumen, sondern haben den schattigen Platz mit einem Wiesenstück unter freiem Himmel vertauscht.

Rebell bleibt auf dem Weg. Die großen Pferde sind ihm nicht geheuer. Der kleine Nachtwächter geht durch das Tor und schaut im Schuppen nach. Dort sitzen die Schwalbenkinder. Zwei sind im Nest geblieben. Das dritte hat es sich auf dem Balken gemütlich gemacht und die Schwalbeneltern nutzen ein leer gewordenes Nest. Auch jetzt am Abend ist die Luft noch nicht besonders abgekühlt, aber die Schwalben japsen längst nicht mehr so wie am Mittag.

"Es ist schön, daß es euch besser geht. Und wenn es morgen wieder so heiß wird wie heute, wird euch das Stroh auf dem Dach ein bißchen Kühlung verschaffen. Jetzt sammelt eure Kräfte. Die werdet ihr morgen brauchen. Gute Nacht!"

© 2011 by Schattenblick - Nachtwächter
zum 29. Juni 2011