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GUTE-NACHT/3238: Der kleine Nachtwächter streitet mit der Sonne (SB)


Gute Nacht Geschichten

Verwundert über das noch kräftige Tageslicht blinzelt der kleine Nachtwächter in die goldene Sonne am Himmel. "Wie schön du bist", entfährt es dem kleinen Nachtwächter, "und wie wunderbar du all die Dächer und Fensterscheiben in Gold verwandelst." - "Danke sehr", freut sich die Sonne, "das höre ich gern. Wenn du magst, kannst du noch ein Weilchen bleiben. Im Moment zeige ich mein goldenes Gewand, aber gleich lege ich mein leuchtend rotes an. Das strahlt noch viel schöner." - "Das rote Gewand, das du jeden Abend trägst, wenn du hinter dem Horizont verschwindest?", fragt der kleine Nachtwächter. "Ja, genau dieses. Du kennst es also bereits?", fragt die Sonne ein bißchen beleidigt. "Aber sicher doch. Zwar sehe ich dich nicht oft abends untergehen. Doch wenn es mir möglich ist, beobachte ich dein Fortgehen gern ..."

Gerade will der kleine Nachtwächter noch etwas hinzufügen, da empört sich die Sonne. "Was fällt dir ein, dich über mein Fortgehen zu freuen?", schimpft sie. "So war es doch nicht gemeint", beginnt der kleine Nachtwächter sicht zu rechtfertigen. "Gemeint, gemeint. Ja, gemein ist es, so etwas zu äußern", beklagt sich die Sonne.

Da stampft der kleine Nachtwächter mit dem Fuß auf, um sich Gehör zu verschaffen: "Ich mag dein Fortgehen in deinem roten Gewand genauso gern wie dein frühes Erscheinen am Morgen, ebenfalls in einem roten Gewand. Dann nämlich wird es Zeit für mich nach Hause zu gehen und mich in mein Bettchen zu legen."

Etwas versöhnt nickt die Sonne dem kleinen Nachtwächter zu. Doch es ist ihr anzusehen, daß sie sich fragt, warum denn der kleine Nachtwächter am Morgen zu Bett geht und nicht am Abend wie sie selbst. Mag er sie vielleicht doch nicht so gern ansehen und schaut sich lieber den dunklen Himmel mit den Sternen und den ihr verhaßten Mond an?


2. August 2010

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