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GUTE-NACHT/2983: Hinter der Mauer - Unter blauen Bäumen (SB)


Gute Nacht Geschichten


An diesem Abend kann Solveig nicht einschlafen. Die ganze Zeit starrt sie auf das Bild an der dem Bett gegenüberliegenden Wand. Am Tag ist ihr das Bild nie so recht aufgefallen. Es zeigt eine Landschaft in Farben, die Solveig draußen in der Natur noch nie gesehen hat. Blaues Meer ja, aber blaue Bäume - nein. So etwas gibt es doch nicht. Doch die blauen Bäume sind es nicht, die Solveig beunruhigen.

"Anselm", flüstert Solveig. Aber Anselm hört nicht mehr, er ist bereits eingeschlafen. Solveig schaltet das große Licht an. Jetzt im Hellen sieht sie nicht, was sie im Dunklen auf dem Bild entdeckt hat. Das macht ihr Angst. Sie wird das Licht einfach nicht wieder ausschalten. "Dann kann der Zwerg nicht wiederkommen", beschließt das Mädchen für sich.

Leider ist Oma anderer Ansicht. Wenn nachts alle schlafen, möchte sie nicht, daß im Haus irgendwo noch Licht brennt. "Man weiß ja nie, was das Licht anstellt, während wir schlafen", sagt Oma stets. Auch an diesem Abend schaut sie noch einmal bei den Kindern herein, bevor sie selbst zu Bett geht. "Was ist denn das für eine Festbeleuchtung hier", fragt sie und erhält zur Antwort, "ich mag nicht im Dunklen sein."

"Was ist denn so schlimm daran, wenn es dunkel im Zimmer ist?", fragt Oma. Solveig antwortet: "Dann blickt mich der Zwerg auf dem Bild an und läßt mich nicht aus den Augen." Oma versucht den Zwerg zu erfassen, aber für sie gibt es keinen Zwerg auf dem Bild. "Ich sehe ihn ja auch nur, wenn das Licht ausgeschaltet ist", erklärt Solveig.

Oma überlegt. Dann schlägt sie vor, das Licht ganz schnell auszuschalten und dann gemeinsam das Bild anzuschauen. Eigentlich wäre von dem Bild im Dunklen gar nichts zu erkennen, aber da die Straßenlaterne ins Zimmer leuchtet und direkt auf das Bild scheint, ist unten im Gebüsch ein kleiner Zwerg zu entdecken. "Man du hast dich aber gut versteckt!", frohlockt Oma, "seit Jahren hängst du da an der Wand und ich bin dir noch nie begegnet." - "Das solltest du ja auch nicht", hört Solveig jetzt eine andere Stimme. Die muß wohl dem Zwerg gehören. Oma fragt, warum der Zwerg denn nicht gesehen werden möchte. "Weil ich mich in dem Bild verstecke, was sonst." - "Wenn du dich wirklich versteckst, dann braucht Solveig ja keine Angst vor dir zu haben, du bist ja eigentlich gar nicht da." Diesmal antwortet der Zwerg nicht. Ein Zwerg, der nicht da ist, kann schließlich auch nicht antworten. "Siehst du, jetzt kannst du ins Bett und schlafen. Gleich geht sowieso auch die Straßenlaterne aus, da ist auch kein bißchen mehr von dem Zwerg zu sehen. Außerdem brauchst du vor Zwergen auch keine Angst zu haben. Die grummeln zwar ein bißchen, aber sonst tun sie dir nichts. Wenn du magst erzähle ich dir morgen mal eine richtige Zwergengeschichte."

Solveig ist einverstanden. Doch weglassen möchte sie Oma noch nicht. "Ich leg mich ein bißchen auf das Sofa und behalte den Zwerg im Auge, falls er doch noch einmal auftaucht." Solveig ist zufrieden. Jetzt fallen ihr auch die Augen zu.

17. Juli 2009

Gute Nacht