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GUTE-NACHT/2748: Erstens, zweitens, drittens ... (SB)


Heute gibt es für den Zeichner nichts zu erledigen. Sämtliche Arbeiten sind abgegeben und er wartet auf neue Aufträge. Einen erhält er sogleich.

"Du zeichnest ja gar nicht", stellt das kleine Wesen fest. Es blickt aus dem Fenster seiner neuen Wohnung in den Wohnraum des Zeichners hinein. "Ich habe eine kreative Pause", stellt der Zeichner fest. Das kleine Wesen möchte wissen, was darunter zu verstehen ist. "Meine Arbeit ist beendet, jetzt kann ich darüber nachdenken, was ich als nächstes beginnen werde." - "Ist dir schon etwas eingefallen?", fragt das kleine Wesen sogleich. "Nein, ich lege erst einmal die Beine hoch und genieße den Augenblick", antwortet der Zeichner.

"Mir ist für dich etwas eingefallen", beginnt das kleine Wesen, "möchtest du es erfahren?" Der Zeichner sagt zunächst nichts. Er kann sich nicht vorstellen, daß so einem kleinen Knirps eine weitreichende Idee kommen kann, womit er dann sein Geld verdienen könnte. "Zeichner, warum sagtst du nichts!", forscht das kleine Wesen nach. "Erstens, nenn mich nicht dauernd Zeichner, denn ich habe einen Namen, und zweitens, meine Pause ist noch nicht vorbei." Das kleine Wesen entgegnet: "Zweitens, ich pause auch noch, und erstens, was hast du für einen Namen?"

Das Gespräch scheint den Zeichner zu belustigen und er erwidert: "Erstens kommt das Zweitens nach dem Erstens, zweitens kannst du mich Raimund nennen und drittens ist Pausen nicht dasselbe wie eine Pause einlegen." Nun kontert das kleine Wesen: "Drittens, woher soll ich wissen, daß Pausen nicht Pausen ist, und erstens können Eins, Zwei und Drei doch auch einmal verkehrt herum stehen, und zweitens möchte ich auch einen Namen. Kannst du mir einen zeichnen?" Der Zeichner gibt es auf, die Dinge, die er mitteilt zu staffeln, und er überlegt, daß es wirklich nicht verkehrt wäre, wenn das kleine Wesen, einen Namen bekäme. Deshalb antwortet er: "Einen Namen kann ich dir nicht zeichnen. Ich kann dir ein Schild zeichnen, auf das dein Name hinaufgeschrieben wird."

Nach kurzer Überlegung fragt der Zeichner: "Was hälst du von Risi Bisi oder von Vincent?" Das kleine Wesen ist so aufgeregt, daß es die Worte ganz verdreht: "Ich möchte einen Namen, den es für keinen noch nicht auf der Welt gibt!" - "Nun, das kann ich dir nicht versprechen, aber ich werde mich bemühen, dir einen zu suchen, aber jetzt mache ich es mir in meiner Pause noch ein bißchen gemütlich. Das solltest du auch. Denn einen Namen zu bekommen, ist ganz schön anstrengend, du wirst es erleben. Du hast ihn dir zu merken, du bringst ihn anderen bei, du schreibst ihn überall hinauf, was dir gehört." - "Das hört sich wirklich nach Arbeit an!", stellt das kleine Wesen fest und zieht sich in seine Wohnung zurück. Ob es jetzt erst einmal schläft?

29. September 2008

Gute Nacht