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GUTE-NACHT/2675: Zweimal Heimweh (SB)


Zweimal Heimweh

Die Eule und das Glühwürmchen begeben sich auf die Suche nach dem Bauernhof, auf dem sie vor einigen Tagen den Topf mit der leckeren Traumspeise entdeckt hatten.

"Wenn wir ihn finden, kannst du auch einen Bissen davon nehmen, dann können wir zusammen auf die Reise gehen", schlägt die Eule vor. Doch das Glühwürmchen ist unschlüssig. "Es ist wohl besser, wenn ich wieder auf dich aufpasse!", findet es.

Die Eule fliegt gemächlich über den Himmel, und das Glühwürmchen hält sich an ihren Federn fest. "Ob wir wohl bald da sind?", ruft das Glühwürmchen vom Rücken der Eule her so laut es kann." - "Du brauchst nicht so zu schreien. Ich habe ein sehr feines Gehör", mahnt die Eule. Noch einmal möchte das Glühwürmchen wissen, ob sie bald da sind. Im Fliegen ist es kein Neuling, aber so hoch in die Lüfte hinauf kommt es selten. Deshalb wird ihm wohl von hier oben auch schwindelig, wenn es in die Tiefe blickt. Also schaut es lieber in den Sternenhimmel hinauf. Wenn es die Sterne sieht, fühlt es sich immer ein bißchen heimisch. Auch wenn die Sterne nicht so grün leuchten wie die Glühwürmchen selber, erinnert das Funkeln der Sterne das kleine Insekt doch an sein Zuhause. Darum wird es jetzt schwermütig. Genau in diesem Moment setzt die Eule ohne Vorwarnung zum Sturzflug auf den Bauernhof an. Das Glühwürmchen kann sich gerade noch rechtzeitig an dem samtartigen Gefieder festhalten.

"Das hätte aber schiefgehen können!", schimpft das Glühwürmchen vor sich hin und wird gleich noch einmal durchgeschüttelt, als die Eule in geringer Höhe über dem Hof abbremst, um nun im leichten Flug über dem Hof zu kreisen und nach dem Topf mit der Traumspeise Auschau zu halten. "Kannst du nicht mithelfen beim Suchen?", fragt die Eule, "mit deinem Licht finden wir den Topf vielleicht auch wenn er in einem sehr dunklen Versteck steht. Bestimmt haben die Menschen geahnt, daß wir wiederkommen und haben den Topf fortgeschafft."

Die Eule sucht und sucht. Der Inhalt des Topfes muß ihr recht gut geschmeckt haben, denn sie kann nicht aufhören zu suchen, obwohl schon der Morgen graut. Das Glühwürmchen ist inzwischen von der Suche ganz müde geworden und hat sich in einem kleinen Baumloch im alten Apfelbaum versteckt. Als die Eule endlich die Suche aufgeben will, entdeckt sie, daß das Glühwürmchen verschwunden ist. "Ob das kleine Ding endlich die Gelegenheit genutzt hat, vor mir zu fliehen?", geht ihr durch den Kopf.

Langsam geht die Sonne auf und die Eule weiß, daß sie jetzt den Rückflug zu ihrer Baumhöhle nicht mehr antreten kann. So sucht sie sich in der Scheune oben im Dachfirst ein Versteck. Wohl ist der Eule nicht gerade dabei, denn sie ist noch nie über Tag in einem der Gebäude der Menschen gewesen. Deshalb wird sie auch keinen ruhigen Schlaf finden. Zum einen hat die Suche sie ganz schön hungrig gemacht und zum anderen, weiß sie nicht, welche Gefahren ihr hier bei den Menschen drohen. Deshalb heißt es, achtsam zu sein. "Vielleicht ist es ganz gut, daß das Glühwürmchen mich verlassen hat, so ist wenigstens mein kleiner, untreuer Freund in Sicherheit", will sich die Eule Glauben machen, auch wenn sie tief in ihrem Inneren Angst hat, dem Glühwürmchen könnte etwas Furchtbares geschehen sein. "Wie schön wäre es jetzt, gemütlich zu zweit zuhause in der Baumhöhle zu sein", stöhnt die Eule und läßt die Augenlider ein wenig tiefer sinken.

4. Juli 2008

Gute Nacht