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GUTE-NACHT/2660: Abseits des Dorfes (SB)


Abseits des Dorfes

In einem kleinen Haus abseits des Dorfes, verborgen unter Bäumen, lebt ein kleines buckliges Männlein allein. Nicht ganz allein. Eine Katze, eine Ratte und einige Vögel wechseln sich ab, ihm Gesellschaft zu leisten. Des Tages ist das Männlein nie im nahen Ort zu sehen. Es geht zu dieser Stunde nicht dorthin. Nur des Nachts wagt sich der kleine Mann in die Straßen, wenn das Licht der Laternen bereits verloschen ist. Dann sucht er nach Brauchbarem. Für kalte Abende schaut er nach Hölzern zum Verbrennen, und für den Winter deckt er sich mit heruntergefallenem Obst ein, das außer ihm keiner zu beachten scheint. Er nimmt mit, was andere nicht haben wollen oder gar wegwerfen. So dann und wann findet er sogar etwas Besonderes.

Alle im Dorf wissen, daß er des Nachts durch die Straßen schleicht. Manche stellen ihm sogar etwas zu essen vor die Tür. Ihr schlechtes Gewissen plagt sie. Doch ein gutes Wort bringen sie nicht über die Lippen. Einmal, da fand der kleine bucklige Mann einen bunten Kuchen. Wie seltsam, hatte wirklich jemand an seinen Geburtstag gedacht? Der kleine Mann freute sich, doch zugleich war er auch traurig. Denn er würde so gerne mit den anderen im Dorf sprechen. Doch seitdem er gemerkt hat, daß sie ihn alle nur verspotten, hat er sich in das kleine Haus, in dem er bei seiner Mutter aufgewachsen war, völlig zurückgezogen.

Der kleine Mann ist heute kein Kind mehr und zählt auch schon jede Menge an Jahren. Darum ist es nicht verwunderlich, daß seine Mutter nicht mehr bei ihm ist. Sie fehlt ihm sehr, denn er hat viel Spaß mit ihr gehabt. Nun hat er nur noch die Tiere, die sich ab und an bei ihm blicken lassen.

Einmal waren Jungs aus dem Dorf gekommen. Zuerst nur einer. Er schien nett zu sein. So lud der kleine Mann ihn zu sich ein. Tage später war der Junge mit seinen Freunden gekommen. Die waren aber nicht sehr freundlich, sondern machten sich lustig über den kleinen Mann. Von da an zog er sich lieber in sein Haus zurück, wenn irgendjemand draußen herannahte.

An diesem Abend regnet es stark. Der kleine Mann schaut hinaus durch das Fenster und sieht den Mond scheinen. Es wäre eine gute Nacht, durch die Straßen zu ziehen. Aber bei diesem Regen, bleibt er lieber zuhause und schaut, daß er so viel Regenwasser einfängt, das er nur bekommen kann. Gegen Morgen dann zieht er sich die nassen Sachen aus, trocknet sich ab und kuschelt sich unter seine Decke. An der Wand hängt ein altes Foto, das an andere Zeiten erinnert. "Gute Nacht!" sagt der kleine Mann. Dann schläft er ein.

17. Juni 2008

Gute Nacht